Weniger Gäste – die bleiben aber länger
Aufgrund der Corona-Pandemie sinkt die Zahl an Besuchern in Kempten erheblich – Doch es gibt auch Überraschungen – und einen neuen Trend
- Auf den ersten Blick überrascht die Kemptener Tourismus-Bilanz für das Jahr 2020 nicht: Aufgrund der Corona-Pandemie kamen deutlich weniger Übernachtungsgäste als in den Vorjahren in die Stadt. Allerdings: Diese blieben im Schnitt länger. Darüber hinaus scheint sich ein neuer Trend abzuzeichnen.
Die jetzt von Kempten Tourismus veröffentlichten Zahlen stützen sich auf Angaben des Bayerischen Landesamts für Statistik. Etwa 48 Prozent weniger Ankünfte und 36 Prozent weniger Übernachtungen verzeichneten gewerbliche Betriebe ab zehn Betten demnach im vergangenen Jahr. Der Großteil der Gäste kam aus Deutschland. Dass auch die Zahl der Stadtführungen eingebrochen ist sei insbesondere mit dem Verbot von Busreisen zu begründen.
Im Sommer allerdings profitierten die Übernachtungsbetriebe laut Kempten Tourismus vom großen Interesse an der „Urlaubsregion Allgäu“. Im August und September stieg die Anzahl der Übernachtungen im Vergleich zu den Vorjahresmonaten sogar. Außerdem blieben die Besucher länger: 2019 verweilten sie im Schnitt 1,73 Tage, 2020 2,14 Tage – der Höchstwert lag im April bei 4,34 Tagen.
Das habe Auswirkungen, sagt Tourismus-Chefin Stefanie Schmitt. In Kempten übernachteten in der Regel bislang vor allem Geschäftsreisende, nun nehme die Zahl an Freizeit-Touristen zu.
Die Gastbetriebe berichteten laut Schmitt von einer größeren Nachfrage an Touren-Tipps. Wo gibt es rund um Kempten attraktive Radwege? Welche Wanderwege bieten eine schöne Aussicht? „Die Hotels waren mit ganz neuen Fragen konfrontiert.“Hier habe Kempten Tourismus unterstützt, Touren-Vorschläge geliefert und weitere Informationen gestellt. „Einige Hotels haben sich bereits auf die neue Zielgruppe umgestellt“, sagt Schmitt. Sie kauften beispielsweise E-Bikes und E-Roller.
Wird diese Entwicklung auch nach der Corona-Pandemie zu beobachten sein? „Das ist schwer vorherzusehen“, antwortet die TourismusChefin. Man könne aber davon ausgehen, dass sich der „GeschäftsreiseTourismus“ändern werde.
Die Unternehmen hätten sich umgestellt, das Homeoffice habe sich etabliert – genauso wie digitale Angebote. „Es kann schon gut sein, dass das eine langfristige Entwicklung ist“, mutmaßt Schmitt und verweist auf ein strategisches Ziel für den Tourismus in der Stadt: Kempten als Ausgangspunkt fürs Allgäu.
Während andernorts Einheimische über den Ansturm von Gästen klagen, ist der „Overtourism“in Kempten Schmitts Ansicht nach kein Thema. Sie verweist auf die zahlreichen Anlaufstellen in der Stadt, außerdem unterliege Kempten nicht so sehr der Saisonalität wie andere Regionen im Allgäu.
Die Allgäu GmbH arbeite allerdings gerade am Thema Besucherlenkung. Da könne man die Stadt mit ihrem Alternativprogramm zum Wandern bestimmt gut einbeziehen. Die Hotels in Kempten seien bislang „mit einem blauen Auge“durch die Pandemie gekommen, so Schmitts Eindruck. Im Großteil der Häuser ging der Betrieb trotz Lockdown weiter – eben weil weiterhin Geschäftsreisende in der Stadt übernachten. So mussten die Betriebe nicht komplett runtergefahren werden und die Mitarbeiter konnten weiterarbeiten. „Für Kultur, Gastronomie und Einzelhandel ist die Situation deutlich schwieriger.“
Für die Zeit nach dem Lockdown erwarten die Touristiker wieder viele Gäste. Die Hygiene-Konzepte stehen, betont Sarah Rothmund von Kempten Tourismus. Und zwar in sämtlichen Branchen.