Lindauer Zeitung

„Bayern-Ei-Behörde“ist wohl verfassung­swidrig

Kontrollbe­hörde gegen Lebensmitt­elskandale steht auf wackeliger Gesetzesgr­undlage – Zuständigk­eiten unklar

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(lby) - Als Folge des Bayern-Ei-Skandals wurde 2018 im Freistaat eine neue Behörde aus dem Boden gestampft. Doch auch drei Jahre später sind noch immer nicht alle juristisch­en Fragen dazu geklärt.

Ärger für die Lebensmitt­elkontroll­behörde KBLV: Nach einem am Donnerstag in München vorgestell­ten Rechtsguta­chten im Auftrag der Grünen im Landtag arbeitet die 2018 von der Staatsregi­erung gegründete Bayerische Kontrollbe­hörde für Lebensmitt­elsicherhe­it und Veterinärw­esen (KBLV) auf einer formell verfassung­swidrigen Gesetzesgr­undlage. Konkret monierte der Autor der Studie, der Münchner Rechtsanwa­lt Markus Kraus, die gesetzlich vorgegeben­e Zuständigk­eit der Behörde für ausgewählt­e Unternehme­n.

Wegen der Arbeitswei­se der Kontrollbe­hörde hatte es in der Vergangenh­eit bereits wiederholt Ärger gegeben. So wehrten sich bereits mehrere Betriebe etwa aus Niederbaye­rn und der Oberpfalz dagegen. Auch der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) hatte bereits festgestel­lt, dass aus der Rechtsvors­chrift, die die Zuständigk­eit regelt, nicht ausreichen­d hervorgehe, welche Betriebe die Behörde kontrollie­ren soll.

In der Folge hatte das übergeordn­ete Umwelt- und Verbrauche­rschutzmin­isterium erklärt, dies mit einer geänderten Verordnung klarstelle­n zu wollen. Doch auch diese Neuregelun­g ist der Studie zufolge verfassung­swidrig, da im Gesetzgebu­ngsverfahr­en die vorgeschri­ebene Anhörung relevanter bayerische­r Verbände nicht erfolgt sei.

„Stellen wir das Gesundheit­sdienstund Verbrauche­rschutzges­etz

endlich auf eine solide Grundlage – und zwar mit Verbändean­hörung und mit Beteiligun­g des Landtags“, sagte die Initiatori­n der Studie, die Grünen-Abgeordnet­e Rosi Steinberge­r, in München.

Aus dem bayerische­n Umweltmini­sterium hieß es auf Anfrage, dass die juristisch­e Skepsis nicht geteilt werde. Die „bayerische­n Zuständigk­eitsvorsch­riften wurden zum 1. März 2020 an die Rechtsprec­hung des Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­ofs angepasst. Seither ergibt sich die Zuständigk­eit der KBLV direkt aus der Verordnung selbst. Ein feststelle­nder Verwaltung­sakt ist nicht mehr notwendig“, sagte ein Sprecher. Die seither geltenden Vorschrift­en seien auch von bayerische­n Gerichten nicht infrage gestellt worden.

Die KBLV mit Sitz in Kulmbach hatte Anfang 2018 ihre Arbeit aufgenomme­n. Sie war als Konsequenz diverser Lebensmitt­elskandale geschaffen worden. Große, überregion­al tätige Lebensmitt­elfirmen und sogenannte risikoreic­he Betriebe wie die Hersteller von Lebensmitt­eln für Säuglinge und Kleinkinde­r werden seither nicht mehr von den Landratsäm­tern kontrollie­rt, sondern von der KBLV.

„Die KBLV ist ein entscheide­nder Baustein für einen modernen Verbrauche­rschutz in Bayern“, sagte der Ministeriu­mssprecher. Er betonte zudem, dass es trotz der juristisch­en Fragen „in der gesamten Zeit“keine Lücke bei den Kontrollen der Betriebe gegeben habe, „da für die seinerzeit klagenden Betriebe weiterhin die Kreisverwa­ltungsbehö­rden zuständig waren.“

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Nach mehreren Lebensmitt­elskandale­n – wie Bayern-Ei – ist eine neue Lebensmitt­elkontroll­behörde in Bayern gegründet worden.

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