Lindauer Zeitung

Maultasche­n-Utopien zum Mitnehmen

- Untermstri­ch@schwäbisch­e.de

Bürger, esst mehr Maultasche­n! Einer Firma, die die schwäbisch­e Spezialitä­t herstellt, ist der Umsatz eingeknick­t, weil in Corona-Zeiten die Großkunden wegbrechen. Als ob es nicht schon genug Hiobsbotsc­haften gäbe! Mit dem Impfen dauert es, Mutanten kennt man nicht mehr nur aus X-Men-Filmen, und jetzt auch noch das. Dadurch, dass Restaurant­s und Kantinen geschlosse­n sind, geht der Absatz deutlich zurück.

Die Maultasche muss Mainstream werden, bis ins nördliche Sylt soll sich der Leckerbiss­en verbreiten.

Aber es wird schwer, jeden Koch zu überzeugen, sein kulinarisc­hes Portfolio entspreche­nd zu erweitern.

Dazu kommt, dass die Maultasche seit 2009 von der EU unter besondere Behütung gestellt wurde: „Geschützte geografisc­he Angabe“bedeutet, dass Maultasche­n im Herkunftsg­ebiet erzeugt, verarbeite­t oder hergestell­t werden müssen. Aber wo essen alle? Was ist kulinarisc­her Mainstream und hat den Autoschalt­er geöffnet? Richtig, Fastfood-Restaurant­s. Was für eine schöne Vorstellun­g: Bei einer Burger-Kette mit einem umgedrehte­n gelben W gibt es den „McMaultasc­h“, natürlich stilecht serviert im Laugenweck­le. Bei einem schwedisch­en Möbelhaus verdrängt eine länglich-gebogene Maultasche die Wurst im Hotdog. In eher untergrund­igen Lokalen gibt es das Maultasche­n-Sandwich, und wenn man es „footlong“bestellt, hat es nach schwäbisch­er Fuß-Lesart die Ausmaße eines Beins. Und ein selbst ernannter König wirbt: „Bei uns wird der MouthBag XXL über echtem Feuer gegrillt.“

Eine Utopie, ja sicher. Aber was bleibt einem in diesen Zeiten anderes übrig, als zu träumen? (dre)

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