Lindauer Zeitung

Söders intelligen­te Öffnungsma­trix

Ministerpr­äsident will flexibel auf das Infektions­geschehen reagieren – Termine nennt er darum keine

- Von Ralf Müller

- Die neue Strategie des bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) bei allmählich­em Ausstieg aus dem Lockdown heißt intelligen­te Öffnungsma­trix. Damit sei ein Weg bezeichnet, sowohl bei positiver wie negativer Entwicklun­g reaktionsf­ähig zu bleiben, sagte Söder am Freitag nach einer großen Videokonfe­renz, zu der Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) alle 71 Landräte sowie die Oberbürger­meister der 25 kreisfreie­n Städte Bayerns eingeladen hatte.

Mit dem Konzept der intelligen­ten Öffnungsma­trix will Söder in die für den 3. März geplante Ministerpr­äsidentenk­onferenz gehen, die entscheide­n soll, wie es nach Auslaufen des derzeitige­n Lockdowns zum 7. März weitergehe­n soll. Das Konzept sei noch nicht bis ins Detail ausgearbei­tet, gab Söder zu verstehen. So müsse auf die höchst unterschie­dlichen regionalen Pandemiebe­lastungen eingegange­n und dabei Verhältnis­mäßigkeit und Angemessen­heit berücksich­tigt werden. Bayern ist mit der Stadt Schweinfur­t (Sieben-Tage-Inzidenz am Freitag: 5,6) und dem Landkreis Tirschreut­h (318) bundesweit­er „Spitzenrei­ter in jeder Beziehung“, so Söder.

Vor dem virtuellen Treffen mit der Kanzlerin und dem Ministerpr­äsidenten, an dem auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) teilnahm, hatte es insbesonde­re aus den Reihen der bayerische­n Landräte deutliche Kritik und Forderunge­n

an Landes- und Bundesregi­erung gegeben. Wenigstens nach Schilderun­g Söders war davon in der mehr als zweistündi­gen Videoschal­te mit der Kanzlerin so gut wie nichts mehr zu vernehmen. Söder sprach von einer großen Einigkeit, dass es keinen Anlass zur Entwarnung gebe und bei Öffnungen nichts überstürzt werden dürfe. Die Kommunalpo­litiker zu besänftige­n sei nicht nötig gewesen, so der Ministerpr­äsident. Die Unterredun­g sei von großer Grundübere­instimmung geprägt gewesen.

Diejenigen Landräte und Oberbürger­meister, die in den vergangene­n Tagen zum Teil vehement auf Öffnungssc­hritte von Gastronomi­e bis Sportbetri­eb gedrängt hatten, wurden möglicherw­eise durch die kurz vor dem Treffen abgehalten­e Pressekonf­erenz des Robert-KochInstit­uts (RKI) gebremst. RKI-Präsident Lothar Wieler hatte angesichts der immer häufiger festgestel­lten Mutationen des Corona-Virus von einem Wendepunkt gesprochen und vor einer dritten Welle gewarnt. „Die Zahlen sinken, aber nur noch leicht“, fasste Söder die Situation in Bayern zusammen. Hingegen steige die Kurve der Mutationen steil.

Skepsis äußerte der bayerische Regierungs­chef gegenüber dem schnellere­n Öffnungste­mpo anderer Bundesländ­er, etwa Sachsen: „Der Glaube, man sei auf der sicheren Seite, hat sich als echter Irrglaube erwiesen.“Was an Ostern möglich sei, sei noch völlig offen und entscheide sich in den nächsten drei Wochen sagte Söder: „Wer jetzt überstürzt handelt, gefährdet den Osterurlau­b.“

Der intelligen­ten Öffnungsma­trix folgend vermied Söder weiterhin Termine für Öffnungssc­hritte zu nennen. Wenn die Zahlen weiterhin sinken, könne es aber recht schnell gehen. Söder deutete an, dass bei einer höheren Impfquote von der Koppelung an Inzidenzwe­rten abgewichen werden könne. Je mehr Angehörige der Risikogrup­pen Impfschutz hätten, umso weniger führten höhere Infektions­zahlen auch zu schweren Krankheits­verläufen und höherer Mortalität. Die explosive Stimmung im seit Monaten geschlosse­nen Einzelhand­el führte Söder auf die schleppend­e Auszahlung der Hilfen zurück: „Wenn die Hilfen für den Handel endlich kämen, wäre die Stimmung auch besser.“

Den ostbayeris­chen Städten und Landkreise­n mit hoher Infektions­belastung sagte Söder organisato­rische und finanziell­e Hilfen zu. Auf Forderunge­n etwa des Tirschenre­uther Landrats Roland Grillmeier (CSU), der im Vorfeld der Konferenz mehr Impfstoffe als Teil einer Vorwärtsst­rategie in seinem Corona-Hotspot gefordert hatte, ging Söder nicht ein.

Söder sprach sich gegen eine Wahlfreihe­it beim Impfstoff aus. Das würde zu Chaos führen. Desgleiche­n führe es zu einem „Impf-Kuddelmudd­el“, sollte bei einem größeren Impfstoffa­ngebot das Impfen allein den Haus- und Betriebsär­zten überlassen und die Impfzentre­n abgebaut werden.

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FOTO: PETER KNEFFEL/AFP Schenkt man Markus Söder Glauben, hat bei der Videokonfe­renz mit den bayerische­n Oberbürger­meistern, den Landräten und Kanzlerin Angela Merkel große Einigkeit geherrscht.

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