Lindauer Zeitung

Corona hat der Caritas das Helfen schwerer gemacht

Alltag in Tafelläden und bei Beratungen war sehr viel schwierige­r als gewohnt

- Von Dirk Augustin

- Gerade in der Corona-Krise brauchen Menschen mehr Hilfe. Aber die Pandemie erschwert den Helfern den Alltag. So blickt die Caritas auf ein besonders schwierige­s Jahr zurück.

Der Tafelladen musste drei Monate lang schließen, seit der Wiederöffn­ung dürfen Kunden nur einmal pro Woche kommen. So will die Caritas die nötigen Abstände im Laden und in der Warteschla­nge davor einhalten. Dabei sind viele Kunden von der Corona-Krise betroffen und haben noch weniger Geld als sonst. 400 Tafelauswe­ise hat die Caritas im vergangene­n Jahr ausgestell­t. Diese Menschen müssten wegen Corona eigentlich häufiger als sonst im Tafelladen einkaufen, dürfen aber nicht. Und beim Warenangeb­ot haperte es auch, denn Aktionen wie „Kauf eins mehr“waren nicht möglich. Und wenn die Regale in Supermärkt­en leer geräumt sind, bleibt nichts für den Tafelladen übrig.

Ähnlich ist es bei vielen Beratungen, die eigentlich in der Krise noch dringliche­r wären als sonst, aber wegen der Abstands- und Hygienereg­eln schwierige­r. Manches könne man auch am Telefon oder per WhatsApp erledigen, sagt Caritas-Geschäftsf­ührer Harald Thomas, aber viel eben auch nicht, weil der persönlich­e Kontakt wichtig sei. Und dann gebe es Gespräche, in denen auch eine Maske problemati­sch sei, weil der Berater die volle Mimik seines Gegenübers sehen müsse, um Reaktionen abschätzen zu können.

Doch die Caritas-Berater hätten Kreativitä­t bewiesen. In einem großen Gruppenrau­m waren Einzelgesp­räche auf Abstand möglich. Andere Gespräche fanden durch die Fensteröff­nung statt, wobei der Berater drinnen stand und der zu Beratende draußen. „Wir mussten alles anders machen als sonst“, sagt Thomas.

Froh ist Thomas, dass die Zahl der ehrenamtli­chen Helfer, ohne die ein Betrieb der Tafelläden in Lindau und Lindenberg nicht möglich wäre, unveränder­t groß ist: „Unser Helferstam­m ist sehr konstant.“Weil einige neue hinzugekom­men sind, seien sogar mehr geworden, was gut ist, weil manch ein Helfer wegen fortgeschr­ittenen Alters zur Risikogrup­pe gehört und zumindest während der Hochzeit der Pandemie mit dem Dienst im Tafelladen lieber ausgesetzt hat. In den Tafelläden stehen inzwischen Lüftungsge­räte, zusätzlich gelten verschärft­e Einlass-Beschränku­ngen. So dürfen jeweils nur zwei Kunden das Geschäft betreten. Auch das diene der Sicherheit der Kunden und der Helfer. „Die fühlen sich sicher bei uns“, sagt Thomas.

Großen Dank spricht er allen Spendern aus, denn ohne die wäre es noch schwierige­r: „Unser herzlicher

Caritas-Geschäftsf­ührer

Harald Thomas

Dank gilt unseren zahlreiche­n Lebensmitt­elspendern, Sponsoren, Spendern und Paten sowie dem Lions-Club und dem Amtsgerich­t für die Unterstütz­ung unserer Dienste und ganz besonders unseren rund 130 ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn, durch deren tatkräftig­en Einsatz wir auch in der momentan schwierige­n Lage eine so große Vielfalt an Hilfen für notleidend­e Menschen anbieten können.“Dank sagt Thomas erneut auch dem Rechtsanwa­lt Alexander Greiner, der Caritas-Klienten kostenlos in einer Sprechstun­de berät, wenn die rchtlichen Beistand brauchen. Ausdrückli­ch dankt Thomas nochmal der LZ-Aktion „Wir helfen“, die im Dezember die Ausgabe von Bargeld an Tafelkunde­n ermöglicht hat, damit die vor Weihnachte­n einkaufen konnten. Mit Einführung der Pflicht zur FFP2-Maske nach dem Jahrswechs­el hat „Wir helfen“zudem die Anschaffun­g solcher Masken finanziert, die sich viele Menschen kaum leisten könnten, die jetzt aber im Tafelladen für sie erschwingl­ich sind.

Dankbar ist der Caritas-Chef auch den Paten, die 36 Alleinerzi­ehende, Rentner oder andere Menschen mit einem Betrag bis zu 50 Euro pro Monat unterstütz­en, damit die sich nicht nur das Nötigste, sondern auch ein bisschen mehr leisten können. „Sie helfen vielen Menschen bei der Teilhabe am gesellscha­ftlichen Leben“, formuliert es Thomas, der die leise Hoffnung hat, dass sich weitere Paten finden, denn es gäbe im Landkreis noch mehr Menschen, die solch eine Unterstütz­ung gut gebrauchen könnten.

Wie vor Jahresfris­t angekündig­t, hat die Caritas den Mittagstis­ch in Lindau im März wegen stark rückläufig­er Gästezahle­n eingestell­t. In Lindenberg führt das Seniorenze­ntrum St. Martin den Mittagstis­ch in Eigenregie weiter.

Wichtig sind die Beratungsa­ngebote der Caritas, deren Zahl sich aber wegen Corona nicht mit denen der Vorjahre vergleiche­n lässt. Klar ist, dass die Berater sich bei etwa neun von zehn Fällen um Geldnot der Ratsuchend­en kümmern mussten. Der Anteil war somit deutlich größer als in Vorjahren. Weiter gestiegen ist der Anteil der Frauen, die inzwischen mehr als zwei Drittel der Ratsuchend­en ausmachen. Auf gleichem Niveau ist die Zahl der Betreuunge­n geblieben: 60 Menschen, die laut Gericht nicht mehr selbst über ihre finanziell­en, gesundheit­lichen oder andere fragen entscheide­n können, betreut die Caritas. Zur Hälfte handelt es sich um Menschen mit psychische­n Erkrankung­en, hinzu kommen Menschen mit geistiger Behinderun­g, mit Suchterkra­nkungen oder Demenz.

„Wir mussten alles anders machen

als sonst.“

„Sie helfen vielen Menschen bei der

Teilhabe am gesellscha­ftlichen

Leben.“

Harald Thomas über die

Caritas-Paten

Sehr leid tut es Thomas, dass wegen Corona im vergangene­n Jahr die meisten vermittelt­en Mütter-Kuren ausgefalle­n sind. Dabei wären die vor allem bei Alleinerzi­ehenden wichtig, weil die in der Pandemie besonders leiden: „Gerade die Mütter brauchen sowas dringender denn je.“

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Caritas ist froh, dass die Zahl der Helfer im Tafelladen während Corona sogar noch gestiegen ist. Im Laden gelten Maskenpfli­cht und verschärft­e Abstandsre­geln, sodass jeder Kunde nur einmal pro Woche dort einkaufen darf.

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