„Schicksalsjahr“fürs Röthenbacher Freibad
Hinter der Zukunft des Bades stehen Fragezeichen – Um Fördermittel zu bekommen, müsste die Gemeinde einen Umbau binnen eines Jahres abschließen
- Es war eine frohe Kunde – am heutigen Mittwoch genau vor einem Jahr: Bürgermeister Stephan Höß konnte einen Förderbescheid in Höhe von 436 000 Euro für den Umbau des Freibades in ein Naturbad in Empfang nehmen. Zwar stand schon damals aufgrund der eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen ein Fragezeichen hinter dem Projekt. Doch ein Jahr später ist klar: 2021 wird zum „Schicksalsjahr“für das 1977/78 gebaute Freibad. Ob es überhaupt noch einmal öffnet, entscheidet der Gemeinderat am 2. März. Und gewährt die Regierung keine Fristverlängerung für die Verwendung der Fördergelder, ist das Umbau-Projekt „gestorben“.
Die Fördergelder aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds zur Förderung des Ländlichen Raumes (ELER) sind befristet. Bis zum Februar 2022 müsste der Umbau abgeschlossen und abgerechnet sein. „Das schaffen wir definitiv nicht“, sagt der Bürgermeister und verweist auf die aktuelle Haushaltssituation. Denn die Fördergelder allein reichen für den Umbau nicht. Mehrere hunderttausend Euro müsste die Gemeinde selbst aufbringen – und hat schon ohne dieses Projekt große Mühen, den Haushalt 2021 auszugleichen. Die einzige Chance aus Sicht von Höß: „Wenn die Frist für die Fertigstellung um zwei Jahre verlängert würde, dann könnte es vielleicht noch klappen.“Das entscheidet sich in den nächsten Monaten.
Ziel der Gemeinde ist der Umbau zum Naturbad. Ihn hat der Gemeinderat 2016 erstmals diskutiert. Denn: Das inzwischen 43 Jahre alte Freibad ist „schlecht beieinander“, wie es der Bürgermeister stets beschreibt. Daher soll das bestehende, 25 mal 18 Meter große Becken nach Norden hin geöffnet werden. Dort soll es einen Bereich zur natürlichen Filterung des Wassers geben. Damit käme künftig kein Chlor mehr zum Einsatz. „Das wünschen sich viele Badegäste“, weiß Höß. Auch den Kinderbereich würde die Kommune lieber heute als morgen neu gestalten. Er besteht bislang nur aus einer mit Wasser gefüllten Kuhle. In diesem Bereich sehen die bereits ausgearbeiteten Pläne speziell angelegte Wasserläufe und auch einen kleinen Sandstrand vor.
Der schlechte Zustand des Bades und die unsichere Corona-Situation haben schon im Frühjahr 2020 zur Diskussion im Gemeinderat geführt, ob die Kommune das Freibad überhaupt öffnen soll. Sie tat es – und fuhr damit wie in den Vorjahren ein Defizit von knapp 50 000 Euro ein. Ein ähnlich hoher Fehlbetrag droht auch 2021 – und das führt zur Frage, ob die Gemeinde sich das heuer leisten kann und will. Sehenden Auges ein Defizit einzufahren in einem Bereich, der nicht zu den Pflichtaufgaben der Gemeinde gehört, sei eigentlich nicht zu verantworten, sagt der Bürgermeister mit Blick auf die drohende Ablehnung des Haushaltes der Gemeinde durch das Landratsamt. Gleichwohl weiß auch Höß: „Viele Leute machen heuer wohl wieder zu Hause Urlaub. Da brauchen wir das Freibad.“
Deshalb hat er die beiden Nachbarkommunen Grünenbach und Gestratz angeschrieben und um finanzielle Unterstützung gebeten. Denn Höß weiß: „Mancher Besucher unseres Bades kommt von dort.“
Der Röthenbacher Gemeinderat tagt am 2. März. Mit Blick auf die anstehenden Vorbereitungsarbeiten im Bad drängt Höß auf eine Entscheidung an diesem Abend, zumindest in der Frage, ob das Bad heuer eröffnen soll. Ein Argument aus dem Vorjahr hat er dabei nicht vergessen: „Lassen wir es einmal zu, wird es wohl nie wieder aufmachen.“