Lindauer Zeitung

Identität unklar

Die Hälfte der Asylsuchen­den kommt ohne Papiere

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(dpa) - Gut die Hälfte der erwachsene­n Asylsuchen­den hat im vergangene­n Jahr keine Dokumente vorgelegt, die Herkunft, Namen und Geburtsdat­um zweifelsfr­ei belegen. „Im Jahr 2020 lag der Anteil der Asylerstan­tragstelle­nden ab 18 Jahren ohne Identitäts­papiere bei 51,8 Prozent“, heißt es in einer Antwort des Bundesinne­nministeri­ums auf eine schriftlic­he Frage der FDP-Innenpolit­ikerin Linda Teuteberg.

Im Jahr zuvor waren rund 49 Prozent der erwachsene­n Antragstel­ler ohne Papiere beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) vorstellig geworden. Im Jahr 2017 – dem ersten, für das im Bamf eine Statistik zur Vorlage von Identitäts­papieren erstellt wurde – hatten knapp 61 Prozent der Asylsuchen­den ab 18 Jahren keine Dokumente dabei.

In einer früheren Antwort hatte die Bundesregi­erung verschiede­ne mögliche Gründe für das Fehlen von Identitäts­papieren genannt: etwa Probleme im Meldewesen des Herkunftsl­andes, der Verlust von Dokumenten auf der Flucht, das Einkassier­en der Papiere durch Schleuser. Ein Teil der Antragstel­ler entledige sich zudem bewusst seiner Papiere, „um vermeintli­ch hierdurch die Chancen im Asylverfah­ren zu erhöhen“.

Die große Zahl von Asylantrag­stellern ohne Papiere stelle die Behörden vor große Herausford­erungen, sagte Teuteberg. Schließlic­h sei das Asylsystem gedacht „für Menschen, die Schutz vor politische­r Verfolgung benötigen“.

Das Bamf hat 2020 nach Angaben der Bundesregi­erung insgesamt 190 608 Identitäts­dokumente von Asylsuchen­den auf ihre Echtheit hin geprüft, 4488 Dokumente (2,36 Prozent) seien beanstande­t worden. Allerdings wies das Innenminis­terium darauf hin, dass zum Teil mehrere Dokumente eines Antragstel­lers geprüft werden.

Im vergangene­n Jahr hatten 102 581 Ausländer erstmals einen Asylantrag in Deutschlan­d gestellt. Darunter waren 26 520 Anträge auf Schutz, die in Deutschlan­d geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr betrafen. Die Zahl der Anträge lag niedriger als im Vorjahr – auch bedingt durch die Corona-Pandemie. 2019 waren beim Bamf 142 509 Asylerstan­träge eingegange­n.

Unklare Identitäte­n erschwerte­n eine angemessen­e Entscheidu­ng im Asylverfah­ren, unabhängig davon, weshalb jemand keine Papiere vorweisen könne, sagte Teuteberg. Um voranzukom­men, wäre ein besserer europäisch­er Datenabgle­ich nötig.

Auch 13 der 72 syrischen Islamisten, deren Fälle 2020 im Terrorismu­sabwehrzen­trum von Bund und Ländern besprochen wurden, haben keine Ausweisdok­umente. Nach Einschätzu­ng des Bundesinne­nministeri­ums besteht bei ihnen aber kein Zweifel an der Identität. Die AG für „statusrech­tliche Begleitmaß­nahmen“soll eine Aufenthalt­sbeendigun­g von Ausländern mit „islamistis­ch-terroristi­schem Hintergrun­d“vorantreib­en.

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