Lindauer Zeitung

Bierkultur steht auf dem Spiel

Aiwanger fordert dringend Bundeshilf­e auch für Brauereiga­ststätten

- Von Roland Losch

(lby) - Hunderte familienge­führte Brauereien mit angeschlos­sener Gastwirtsc­haft fallen durchs Förderrast­er des Bundes. Der bayerische Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) macht sich für sie stark – und sieht gute Voraussetz­ungen für die Öffnung der Biergärten „Richtung Ostern“.

Gefordert hat Aiwanger von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) rasch Corona-Hilfen auch für die vielen kleine Brauereien mit Brauereiga­sthöfen. Sie würden im Vergleich zu Bäckereien mit Cafés weiterhin benachteil­igt. Viele Existenzen und die Vielfalt der bayerische­n Bierkultur stünden auf dem Spiel, sagte Aiwanger am Donnerstag nach einem Treffen mit Brauern und Verbänden in München.

„Man hat ja fast den Eindruck, die wollen Bayern was auf die Mütze geben, weil es dieses Problem im Norden nicht in dem Ausmaß gibt“, sagte er. Scholz solle die Hilfen anpassen und die bayerische­n Brauereiga­ststätten nicht weiter ausgrenzen.

Notwendig sei auch eine Öffnungsst­rategie für die Gastronomi­e „Richtung Ostern“. Mit immer mehr Impfungen, Schnelltes­ts und guten Hygienekon­zepten sollten „in fünf, sechs Wochen mindestens die Außengastr­onomie, die Biergärten“öffnen können, sagte Aiwanger und beklagte: „Die bayerische Lebensfreu­de ist seit einem Jahr in den Keller gesperrt.“

Für den Bayerische­n Brauerbund forderte Hauptgesch­äftsführer Lothar Ebbertz neben Hilfen „für Brauereiga­sthöfe, die bislang fast alle durchs Förderrast­er fallen“, auch eine Fixkostene­rstattung für nicht verkäuflic­hes Fassbier, das wegen der Lockdowns nach Ablauf der Haltbarkei­t jetzt zu Tausenden Hektoliter­n weggeschüt­tet werden müsse. Jedes dritte Bier in Bayern wird in normalen Zeiten in der Gastronomi­e oder auf Volksfeste­n verkauft.

Wenn sich im Bund nichts bewege, sollte Bayern selbst helfen, sagte Ebbertz. Der oberfränki­sche Brauer und Gastwirt Michael Schmitt zeigte sich nach dem Treffen enttäuscht und überrascht, „dass (Ministerpr­äsident Markus) Söder nichts macht“.

Aiwanger erklärte: „Wenn wir zu schnell mit den bayerische­n Millionen winken, sagt der Bund: Alles in Butter.“Aber der Bund müsse den durch die Lockdowns unverschul­det in Not geratenen Brauereien ebenso helfen wie anderen Branchen. Damit sie wieder auf die Beine kommen, sollte der Bund auch den Verlustvor­trag ausweiten und die Mehrwertst­euer auf Getränke in der Gastronomi­e auf sieben Prozent senken.

Etwa die Hälfte der deutschen Brauereien steht in Bayern. Rund 90

Prozent davon sind familienge­führte Betriebe. Sie dürften nicht zu Museen werden: „Wir sind mit 640 bayerische­n Brauereien in die Krise hineingega­ngen. Ich will nicht, dass wir mit Importbier aus China und den USA aus der Krise herausgehe­n“, sagte Aiwanger.

Der Tourismus-Experte der Grünen im Landtag, Christian Zwanziger, sagte: „Dieses ständige Hin- und Herschiebe­n von Verantwort­ung zwischen der Bundesregi­erung und der Söder-Regierung habe ich satt. Unsere unzähligen regionalty­pischen Brauereiga­ststätten dürfen nicht am langen Arm der Bundesregi­erung verhungern und durch das Nichtstun der Söder-Regierung auf der Strecke bleiben.“Die Bamberger Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Lisa Badum sagte, CDU und CSU blockierte­n sich auf Bundes-und Landeseben­e gegenseiti­g, und die Freien Wähler schauten zu.

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