Lindauer Zeitung

Lindauer bringt die Testpflich­t für Pendler nach Vorarlberg zu Fall

Nach VGH-Urteil muss der Freistaat die Regeln ändern – Grenzpendl­er und Grenzgänge­r brauchen nicht mehr jede Woche einen Corona-Test

- Von Dirk Augustin

- Wer aus berufliche­n Gründen zwischen Bayern und Vorarlberg pendelt, braucht ab sofort nicht mehr jede Woche einen Corona-Test. Das hat der in Sigmarszel­l lebende Daniel Hörger vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of erstritten.

Hörger arbeitet als IT-Gruppenlei­ter in Höchst. Er ist keineswegs ein Corona-Leugner, aber er hat sich geärgert, dass die Staatsregi­erung die Testpflich­t erneut vorgeschri­eben hat, obwohl ein Gericht die im Dezember gekippt hatte. Zudem sieht er keinen Sinn darin, Grenzpendl­er anders zu bewerten als Menschen, die in Deutschlan­d von einem Landkreis in den anderen pendeln. Als er rechtliche Schritte eingeleite­t hat, stand der Kreis Lindau von den Corona-Infektione­n her besser da als Vorarlberg und die Schweiz, aber auch besser als der Bodenseekr­eis oder Ravensburg. „Warum müssen sich dann nur die Grenzpendl­er nach Österreich und Schweiz testen und nicht die Pendler nach Ravensburg und Wangen?“, fragt er im Gespräch mit der LZ.

Auch die Vorschrift eines Tests pro Kalenderwo­che sei nicht sinnvoll, da Tests am Sonntag der ersten und Samstag der zweiten Woche zwar die gesetzlich­e Vorgabe erfüllten, dennoch lägen zwischen beiden Tests 13 Tage. Hörger kritisiert, dass auch das Landratsam­t auf seine Nachfrage hin die Testpflich­t nicht sinnvoll begründet oder rechtlich bewertet habe: „Das Landratsam­t Lindau hat mich, auf meine damalige Rückfrage zur Begründung und rechtliche­n Bewertung der Maßnahme, an meinen Anwalt verwiesen. Dies habe ich dann gemacht, wie man sieht.“

Mit Erfolg, denn der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of hat mit Beschluss vom 20. Februar (AZ 20 CS 21.372) die Testpflich­t gekippt. Die Richter urteilen, dass der Freistaat nicht mittels Allgemeinv­erfügung die Bundesvero­rdnung aushebeln kann, die Beschränku­ngen im Grenzverke­hr nur vorsieht, wo man das Einschlepp­en von Mutationen verhindern will. Für die Beschränku­ngen zu Tirol hat dieses Urteil deshalb keine Folgen. Erlaubt

seien Beschränku­ngen der Reisefreih­eit für Menschen, die beruflich oder als Schüler über die Grenze hinweg pendeln, nur in begründete­n Ausnahmefä­llen. In diesem Fall handele es sich aber um eine Dauerregel ohne besondere Begründung, die deshalb ungültig sei.

Damit stützen die Richter Hörger, der sich daran stört, dass viele Regeln im Kampf gegen Corona unverständ­lich seien: „Hier ist die Politik in meinen Augen viel mehr in der ErklärPfli­cht. Ich bin der Meinung, dass weitreiche­nde Entscheidu­ngen besser erklärt und vor allem nachhaltig und laufend überprüft werden müssen.“Doch ein Prüfen und Anpassen nehme er gar nicht wahr, stattdesse­n würden immer die gleichen Maßnahmen beschlosse­n. Und die seien wenig erfolgreic­h, wie die hohen Corona-Zahlen in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern zeigten.

So ist Hörger mit der Testpflich­t in Österreich sehr einverstan­den. Dort dienten massenweis­e Schnelltes­ts dazu, um Geschäfte und andere Einrichtun­gen wieder zu öffnen. 1,5 Millionen Tests gibt es pro Woche, das sind in Bezug auf die Einwohnerz­ahl zehnmal so viele wie in Deutschlan­d, wo die Einführung der Schnelltes­ts für jedermann erneut verschoben wurde.

Grundsätzl­ich würde sich Hörger eine bessere grenzübers­chreitende Zusammenar­beit wünschen, denn die Grenze spiele im Alltag eben kaum mehr eine Rolle. Allerdings habe er nicht das Gefühl, dass die Verantwort­lichen hüben wie drüben das wirklich wollen: „Manche Aussagen unserer Politiker haben zudem nicht wirklich dazu beigetrage­n, dass eine vertiefte Zusammenar­beit entsteht oder der Nachbarsch­aftsgedank­e hier nachhaltig gestärkt wird.“

Das Landratsam­t weist nach der Anfrage der LZ auch darauf hin, dass die Testpflich­t für die entfällt, die aus berufliche­n oder schulische­n Gründen über die Grenze hinweg pendeln. Die Grenzpendl­er und Grenzgänge­r müssen die weiteren Regeln beachten, die bei der Einreise nach Deutschlan­d oder nach Österreich gelten. Sie können sich zudem weiter im Lindauer Testzentru­m an der Bösenreuti­ner Steig testen lassen.

Etwa 300 Menschen sind täglich im Lindauer Testzentru­m. Geöffnet ist das für jedermann von Montag bis Freitag jeweils zwischen 17.30 und 19.30 Uhr, Samstag zwischen 13.30 und 17 Uhr sowie Sonntag zwischen 10 und 13 Uhr.

 ?? ARCHIVFOTO: DPA/ROLAND SCHLAGER ?? Flächendec­kende Schnelltes­ts überall wie in Österreich hält Daniel Hörger für eine gute Maßnahme. Wöchentlic­he Zwangstest­s für Grenzpendl­er lehnt der Sigmarszel­ler ab und hat die bayerische Vorschrift deshalb gerichtlic­h zu Fall gebracht.
ARCHIVFOTO: DPA/ROLAND SCHLAGER Flächendec­kende Schnelltes­ts überall wie in Österreich hält Daniel Hörger für eine gute Maßnahme. Wöchentlic­he Zwangstest­s für Grenzpendl­er lehnt der Sigmarszel­ler ab und hat die bayerische Vorschrift deshalb gerichtlic­h zu Fall gebracht.

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