Grenzenlose Liebe
Ein deutsch-österreichisches Paar berichtet von seinen Erfahrungen während der Pandemie
- „Liebe kennt keine Grenzen“, schreibt eine „Vereinigung binationaler Paare“in einem offenen Brief an Medien und Politik. Sind beispielsweise eine Deutsche und ein Österreicher in einer Beziehung, bezeichnet man diese als binational. Vor der Pandemie waren Landesgrenzen innerhalb der EU praktisch bedeutungslos – das hat sich aber gravierend verändert.
„Während des ersten Lockdowns haben wir uns über vier Wochen gar nicht gesehen, jetzt ist es auch schon mehr als eine Woche“, sagt Anna Ebentheuer. Die 26-Jährige lebt in Reutte, ihr Freund in Füssen. Lediglich 15 Kilometer trennen das Paar – und eine Staatsgrenze. Die bisherigen eineinhalb Jahre ihrer Beziehung spielte die Grenze zwischen Bayern und Tirol keine Rolle, Anna Ebentheuer überquerte sie täglich auf dem Weg zur Arbeit nach Schwangau. Zu Beginn der Pandemie wurde die Grenze sogar einmal komplett geschlossen. Da Tirol als „Virusvarianten-Gebiet“gilt, ist das junge Paar jetzt erneut getrennt.
Der Freund von Anne Ebentheuer dürfte mit Anmeldung und negativem Testergebnis einreisen. Unter denselben Bedingungen kann er auch zurück nach Deutschland – dort müsste er jedoch für zehn Tage in Quarantäne. „Das ist für Berufstätige nicht machbar“, sagt Ebentheuer. Sie seien auf der Suche nach einer gemeinsamen Wohnung. Doch auch das sei coronabedingt nicht gerade leicht. Für etwas Austausch und Unterstützung habe sie sich auf Facebook einer Gruppe binationaler Paare angeschlossen. Die Gemeinschaft fordert in einem offenen Brief die Möglichkeit zur legalen Einreise bei Lebenspartnern – und zwar ohne Quarantäne. Gegen die Pflicht, sich zu registrieren und einen negativen Corona-Test vorzuweisen, haben die
Paare keine Einwände. Einer, für den Vorschriften beim Grenzübertritt inzwischen ganz alltäglich sind, ist Bernd Florian. Der 49-jährige Lindenberger ist seit knapp drei Jahren mit einer Vorarlbergerin liiert. Dieses österreichische Bundesland gilt – anders als Tirol – lediglich als Risikogebiet, weshalb der Besuch von Lebenspartnern erlaubt ist. Jedoch nicht ohne Regeln: Bevor Bernd Florian die 73 Kilometer zu seiner Partnerin fährt, muss er sich testen lassen und an der Grenze eine Anmeldebescheinigung zeigen. Das nehme er jedoch gerne auf sich, sagt Florian.
Mit Schrecken erinnert er sich an die Grenzschließung im März vergangenen Jahres. „Davor ist meine Freundin fluchtartig heimgefahren“, sagt der Lindenberger. Dann habe sich das Paar fast zwei Monate gar nicht gesehen. „Das Schlimmste war, dass ich meinen Geburtstag am 1. April nicht mit ihr feiern konnte“, sagt Florian. Sie hätten damals ein virtuelles Kaffee-Kränzchen veranstaltet. „Ich wünsche mir, dass binationale Paare in der Einreise-Quarantäne-Verordnung mehr berücksichtigt werden“, sagt Florian.
Damit spricht er Anna Ebentheuer aus der Seele. Die häufigen Änderungen verkomplizieren die gemeinsame Zeit noch weiter. Schon hierzulande ändern sich Corona-Maßnahmen häufig – binationale Paare müssen jedoch die Regeln von zwei Ländern kennen und beachten. „Man weiß manchmal gar nicht, was gerade überhaupt erlaubt ist“, sagt die 26-Jährige.
In ihrem offenen Brief schreiben die Betroffenen: „Wir wollen die Zeit mit unseren Partnern verbringen und keine fetten Partys feiern.“Genau das sind auch Bernd Florians Wünsche für seinen 50. Geburtstag: „Ich hoffe, dass ich den Tag dieses Jahr mit meiner Partnerin verbringen kann.“