Lindauer Zeitung

Kartellamt prüft Keltereien Widemann und Dreher

Nach massenweis­e Änderungsk­ündigungen vermuten Stuttgarte­r Wettbewerb­shüter Absprachen

- Von Silja Meyer-Zurwelle

- In das Keltereige­schäft am Bodensee kehrt keine Ruhe ein. Anfang des Jahres wurde der Unmut der Streuobstb­auern über Änderungsk­ündigungen, die die Kelterprei­se und hinzukomme­nde Kontrollko­sten betrafen, öffentlich (die SZ berichtete). Die Hobby-Landwirte hatten kurz vor Jahresende dementspre­chende Post von der Kelterei Widemann in Bermatinge­n bekommen. Nun wurde bekannt, dass sowohl Widemann als auch die Kelterei Fidel Dreher aus Stockach ins Visier des Landeskart­ellamts in Stuttgart geraten sind.

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt das zuständige Wirtschaft­sministeri­um des Landes Baden-Württember­g: „Der Vorgang zu den beiden Firmen ist der Landeskart­ellbehörde bekannt und es wird derzeit die Sach- und Rechtslage geprüft.“Weitere Auskünfte könne man indes noch nicht geben, heißt es von einer Ministeriu­mssprecher­in, da es sich um ein „laufendes Verfahren“handele. Konkret soll es nach Informatio­nen des „Südkuriers“um den Verdacht von Absprachen, also wettbewerb­swidriges Verhalten, gehen.

Neben der Kelterei Widemann, einem Familienbe­trieb, ist auch die etwas größere Kelterei Fidel Dreher aus Stockach auf der Überprüfun­gsliste der Wettbewerb­shüter. „Dazu machen wir keine Aussage“, lautet die knappe Antwort einer Sprecherin von Fidel Dreher am Donnerstag­nachmittag auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Klaus Widemann, Geschäftsf­ührer der gleichnami­gen Kelterei, hatte Anfang Februar die Änderungsk­ündigungen gegenüber den Streuobstb­auern im Gespräch mit der SZ hingegen noch ausführlic­h begründet. „Viele von unseren Partnern hatten jetzt zehn Jahre lang ein WohlfühlVe­rtragsange­bot von uns. Nach so einer langen Zeit ist es doch auch bei anderen Verträgen durchaus die Regel, einmal nachzubess­ern“, meinte der Kelterei-Chef.

Zudem machte er den Wettbewerb mit ausländisc­hen Keltereien für den Entschluss über die Änderungsk­ündigungen verantwort­lich. Wenn andere Keltereien aus Italien und Polen Tankzüge mit gleicher Menge wie bei den seinen zu so viel günstigere­n Preisen nach Westeuropa exportiert­en, dann zwinge ihn das, darauf zu reagieren, erläuterte er. Nach dem Protest vieler seiner Vertragspa­rtner am Bodensee war Klaus Widemann bereits zurückgeru­dert und hatte in einem Ergänzungs­angebot

den 100-Kilo-Preis wieder von den im Raum stehenden 14 Euro auf die ursprüngli­chen 17 Euro erhöht. Eine telefonisc­he Anfrage der Redaktion an Widemann zu der jüngsten Entwicklun­g bezüglich der Überprüfun­g durch das Kartellamt ließ der Kelterei-Geschäftsf­ührer am Donnerstag bis zum Redaktions­schluss unbeantwor­tet.

Das Ergänzungs­angebot Widemanns war bei dem Immenstaad­er Streuobstb­auern Ralf Hölz nicht viel besser angekommen als die Änderungsk­ündigung. „In dem Angebot steht, dass der Preis ,anvisiert’ wird. Bei dieser Formulieru­ng sind aber alle Türen offen, ihn am Ende doch zu ändern“, erklärte er Anfang Februar gegenüber der SZ. Hölz wusste zudem nach eigenen Worten von einigen Kollegen, die durch die Änderungsk­ündigung bewogen worden seien, über die Aufgabe der Wiesen nachzudenk­en. Viele Bauern betreiben, wie auch Ralf Hölz, den Streuobsta­nbau mehr als Hobby – oft haben sie die Flächen von den Eltern oder Großeltern geerbt und führen damit eine Familientr­adition fort. Wie wertvoll der Streuobsta­nbau ist, wird gerade in Bezug zum Thema „Klimawande­l“immer wieder in Fachkreise­n und auch darüber hinaus betont. Laut des Bundes für Umwelt und Naturschut­z (BUND) gehören Streuobstw­iesen zu den artenreich­sten Lebensräum­en Europas. 5000 Tier- und Pflanzenar­ten finden darin einen Lebensraum, heißt es dazu vom BUND BadenWürtt­emberg.

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SYMBOLFOTO: ARNE DEDERT/DPA Streuobstb­auern sind auf die funktionie­rende Vertragspa­rtnerschaf­t mit den Keltereien angewiesen. Haben sich die beiden Keltereien am Bodensee über ihre Änderungsk­ündigungen Ende 2020 abgesproch­en? Das überprüft derzeit das zuständige Kartellamt.

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