„Hunde müssen sozialisiert werden“
Wegen Corona haben Hundeschulen geschlossen – Warum das für Mensch und Tier problematisch ist
- Noch nie wurden so viele Hunde vermittelt wie während Corona. „Welpen werden einem regelrecht aus den Händen gerissen“, erzählt Hundetrainerin Barbara Eglseder, die die Hundeschule „Hundling“in Weiler betreibt. Seit Monaten darf sie wegen Corona keinen Präsenzunterricht mehr geben. Das sei vor allem für Welpen problematisch. „Die Hunde werden nicht mehr sozialisiert“, sagt Eglseder. Und die verlorene Zeit lasse sich im Nachhinein nur schwer aufarbeiten.
„Insbesondere die ersten vier Monate sind für Welpen eine wichtige Phase“, sagt Eglseder. Die Erfahrungen und Begegnungen, die sie in dieser Zeit machen, prägen die Tiere ganz besonders. Eglseder erzählt von einem Paar, dass sich kurz vor Weihnachten einen Welpen angeschafft hat. „Sie haben mich kontaktiert, weil sie mit dem Hund überfordert waren.“Die Hundetrainerin versuchte, über tägliche Anrufe und Videochats zu helfen. „Es hat nicht funktioniert. Am Ende habe ich den Welpen genommen und ihm ein neues Zuhause gesucht.“
Es sei nur ein Beispiel, das exemplarisch für viele andere Hundebesitzer stehe. „Die Menschen schaffen sich einen Welpen an und merken dann: ,Hoppla. Es gibt Probleme’“, sagt die Hundeexpertin. Hilfe zu bekommen, ist jedoch momentan nicht einfach. Denn die Hundeschule lässt sich digital nur schwer umsetzen. Bereits nach dem ersten Lockdown im Sommer, als Eglseder für ein paar Wochen öffnen durfte, waren die Anfragen zahlreich. Eglseder versuchte aufzuarbeiten, was ging. Die Hundetrainerin trifft sich normalerweise mit ihren Kunden zuerst in Einzelstunden, um Mensch und Tier kennenzulernen. „Wenn die Basis da ist, treffen wir uns in der Gruppe.“
Das Zusammentreffen mit anderen Hunden und Menschen ist ein Aspekt, der den Welpen während des Lockdowns fehlt. „Es kann sein, dass drinnen alles super ist“, sagt Eglseder. Doch sobald die Tiere draußen auf ihre Umwelt und andere Hunde treffen, klappe es nicht, da die Welpen nicht sozialisiert wurden. „Wir ziehen eine Generation von asozialen Hunden heran“, sagt
Eglseder. Und das sei problematisch. Die Hundetrainerin ist trotz des Lockdowns mit ihren Kunden im ständigen Kontakt. Sie gibt regelmäßige Hausaufgaben auf. „Ich betreibe auch eine Hundepension. Da sehe ich die Tiere hin und wieder.“
Vergangenen Freitag demonstrierten etwa 70 Teilnehmer vor dem Landratsamt Oberallgäu in Sonthofen für die Öffnung der Hundeschulen. Wolfgang und Saskia Katharina Siebel, Hundeschultrainer im Allgäu, hatten die Kundgebung organisiert. „Keinesfalls möchten wir mit sogenannten Corona-Leugnern in einen Topf geworfen werden. Wir möchten darauf aufmerksam machen, wie wichtig die Erziehung von Hunden für ein friedliches Miteinander von Mensch und Tier ist“, sagt Wolfgang Siebel.
„Wir fordern eine verantwortbare Öffnung unserer Betriebe anstelle eines pauschalen Lockdowns nach dem Gießkannenprinzip“, sagt er. Hundetraining sei dabei auch nicht, wie oftmals angenommen, eine reine Beschäftigungsarbeit. Hunde müssten für ein sicheres Zusammenleben sozialisiert werden, um später keine Problemhunde zu werden.
Auch Eglseder betont, dass sie die Notwendigkeit der Corona-Maßnahmen sieht. „Jedoch sind wir für die Politik noch Exoten“, sagt sie. „Es geht nicht darum, mit den Hunden Spaß zu haben. Es geht darum, die Hunde sozialisieren zu dürfen“, appelliert Eglseder.