80 Millionen von 2,43 Milliarden Euro für EnBW
(dpa/lsw) Die Bundesregierung hat sich nach jahrelangem Rechtsstreit mit den Energiekonzernen auf eine Entschädigungssumme für den beschleunigten Atomausstieg geeinigt. Der Karlsruher Energiekonzern EnBW soll rund 80 Millionen Euro bekommen.
Wie aus einer gemeinsamen Erklärung der Bundesministerien für Umwelt, Finanzen und Wirtschaft vom Freitag hervorgeht, sollen die Konzerne RWE, Vattenfall, Eon/ PreussenElektra und EnBW zusammen 2,43 Milliarden Euro Ausgleich für entgangene Gewinne und umsonst getätigte Investitionen erhalten. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“hatte am Donnerstagabend über die Einigung berichtet, die aber zunächst von offizieller Seite nicht bestätigt wurde.
Nach den nun offiziell verkündeten Zahlen soll Vattenfall mit 1,425 Milliarden Euro den größten Teil der Entschädigung erhalten. 880 Millionen Euro sind für RWE vorgesehen, 42,5 Millionen Euro gehen an Eon/ PreussenElektra. Wie der Chef der EnBW-Kraftwerksparte, Jörg Michels, sagte, müssten die Konzerngremien noch zustimmen. Zudem sei noch eine Gesetzesänderung nötig. Mit der nun getroffenen Vereinbarung geht ein zehn Jahre langer Rechtsstreit zu Ende. Der Anspruch auf Entschädigung war den Konzernen durch den überraschenden Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie im Jahr 2011 entstanden.
- Man könnte meinen, dass Markus und Kai Uwe Kapler hellsehen können. Als hätten sie geahnt, wie wichtig die Digitalisierung für den stationären Einzelhandel durch die Corona-Krise werden wird, haben die Brüder aus Weingarten im Landkreis Ravensburg vor sechs Jahren eine Vertriebsplattform für genau diese Zielgruppe eingerichtet. Sozusagen ein regionales Amazon, bei dem Spielwaren-, Modeoder Buchhändler von nebenan ihre Produkte online verkaufen können. Locamo heißt der OnlineMarktplatz, mit dem die Brüder 2015 an den Start gegangen sind. Rund 260 Ladenbesitzer aus ganz Deutschland sind heute bei Locamo gelistet.
„Vor Corona haben sich viele, vor allem kleinere, Händler gescheut, in das E-Commerce-Geschäft, also den Internethandel, einzusteigen“, sagt Markus Kapler, der bei Locamo für Vertrieb und Marketing zuständig ist. Viele haben gedacht, sie brauchen das Internet nicht oder waren unsicher, wie sie einen Onlinehandel technisch einrichten, worauf sie in puncto IT-Sicherheit und Datenschutz achten müssen. „Sich einen eigenen Onlineshop einzurichten, ist auch sehr teuer“, sagt Kai Uwe Kapler, der Finanzen und Personal verantwortet. All das habe viele Händler davon abgehalten, mit dem Online-Verkauf zu starten. Bis die Pandemie kam.
„Durch die Corona-Krise können sich die Händler dem Thema ECommerce nicht mehr verschließen“, sagt Markus Kapler. Jetzt gehe es „ums Überleben des Einzelhandels“. Da die Geschäfte im Lockdown geschlossen sind oder nur eingeschränkt Geschäfte machen können, sank der Umsatz der Einzelhändler im vergangenen Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um rund neun Prozent. Besonders hart traf es den Textilhandel, die Erlöse brachen um fast 77 Prozent gegenüber Januar 2020 ein, zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes.
Derweil stiegen die Kunden auf das Onlineshopping um. Der Onlineund Versandhandel machte im Januar 32 Prozent mehr Umsatz als ein Jahr zuvor. Experten gehen davon aus, dass die, die einmal online gekauft haben, auch wieder online kaufen werden. „Um sein Geschäft also fit für die Zukunft zu machen, muss sich jeder Händler mit der Digitalisierung auseinandersetzen“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stephan Tromp.
Und genau an dieser Stelle setzen die Weingartener Brüder an. „Wir sind im Handel groß geworden“, sagt der 50-jährige Markus Kapler. „Unser Großvater hatte einen Getränkefachmarkt in Weingarten, unsere Eltern haben später ein Weinfachgeschäft betrieben“. Die Brüder kennen die Herausforderungen des stationären Handels, sagen sie. Deswegen kehrten sie nach Karrieren als
Betriebswirt und Ingenieur im Jahr 2013 zurück zu ihren Wurzeln. „Wir wollen mit den Händlern die kleinen Schritte auf der großen Reise in die Online-Welt gehen“, sagt Kapler.
Dabei ist es den Brüdern nach eigenen Angaben aber vor allem um die positiven Effekte des Onlinegeschäfts für den stationären Handel gelegen. Beides müsse koexistieren und dürfe sich nicht ausschließen. Eine Online-Präsenz helfe auch dem kleinen Händler, zusätzliche Umsätze zu generieren und mit größerer Reichweite auf sich aufmerksam zu machen. Das stütze wiederum die Städte, die über die Einnahmen aus der Gewerbesteuer ihre öffentlichen Ausgaben bestreiten. „Wir wollen eine bunte Handelsvielfalt in den Innenstädten und nicht nur die großen Ketten“, sagt Kapler.
Die Händler bräuchten bloß einen Laptop, mit dem sie ihr LocamoProfil einrichten und die ensprechenden Produktdaten, die sie dann dort eintragen. Um rechtliche Fragen müssten sie sich keine Gedanken machen, versprechen die Unternehmer. Und auch die Kosten für einen eigenen Onlineshop sollen sich die Händler sparen, wenn sie mit Locamo kooperieren. Nicht nur Händler, sondern auch Handwerker und
Dienstleister können ihre Angebote auf dem Marktplatz einstellen. Die Kunden wiederum geben dann in der Suchleiste ihre Postleitzahl ein und finden Händler und Dienstleister in ihrer Nähe. Gibt es in nächster Nähe nicht das passende Angebot, zeigt Locamo den Kunden Produkte aus ganz Deutschland an. Für dieses Geschäftsmodell stehe der Name: Locamo leite sich ab aus „local und more“
– also „lokal und mehr“– wie Kai Uwe Kapler erklärt.
„In der Region einen Präsenzanbieter zu haben, finde ich gut“, sagt Michael Grossmann, Inhaber des Fachhandels Fritz Grossmann KG aus Friedrichshafen, der unter anderem Getränke, Grillbedarf und Deko über Locamo verkauft. Teilweise sei es sogar der Fall, dass Kunden über Locamo zu ihm in den Fachmarkt vor
Ort finden. Im Vergleich zu anderen Marktplätzen seien die Preise fair, findet Grossmann.
Um bei Locamo gelistet zu sein, müssen Händler 39 Euro monatlich zahlen. Bei Amazon beispielsweise zahlen sie zwar den gleichen Preis. Der eklatante Unterschied sei aber die Provision sagt Markus Kapler. Pro Verkauf über Locamo nehmen die Kapler-Brüder drei bis neun Prozent Provision ein. Bei Amazon reichen die Provisionen bis zu 15 Prozent. Geliefert werde genau so schnell wie bei Amazon. Den Vertrieb übernehmen die Einzelhändler in eigener Verantwortung.
Trotzdem ist es für Locamo schwer, auf dem hart umkämpften ECommerce-Markt zu bestehen. Die Konkurrenz ist einfach riesig. Amazon dominiert den deutschen Onlinehandel mit nach eigenen Angaben 44 Millionen regelmäßigen Kunden. Zalando macht in Deutschland, Österreich und der Schweiz drei Milliarden Euro Umsatz. Und dann sind da ja noch die vielen regionalen Plattformen, mit denen Locamo ebenfalls konkurriert, wie wochenmarkt24.de oder atalanda.com. Auch Fachhändler Grossmann aus Friedrichshafen sagt, dass Locamo nur „ein Standbein von vielen“bei ihm ist.
Die Zahl der Händler, die auf Locamo gelistet sind, ist mit 260 noch sehr gering. Dies hat zur Folge, dass man beispielsweise als Ravensburger einen Sonnenschirm nicht in nächster Nähe angeboten bekommt, sondern in Leverkusen. „Das ist in der Tat so, bis wir eben das flächendeckende Netzwerk haben“, sagt Kai Uwe Kapler. Vom ambitionierten Ziel, es bis 2025 auf 10 000 Händler zu bringen, sind die Brüder noch weit entfernt. Das geben sie auch zu. Man müsse jetzt schnell wachsen, aufholen. 2020 machte Locamo einen Plattformumsatz von etwa 1,2 Millionen Euro und verzeichnete laut den Gründern zwei Millionen Besucher. Doch Gewinne machen die Unternehmer bisher nicht. Dies peilen sie frühestens in drei Jahren an. Bisher haben die Brüder viel Geld in ihre Idee gesteckt: Eine siebenstellige Summe haben sie seit Start der Vertriebsplattform in Locamo investiert. Das Geld komme aus der Familie, sagt Kai Uwe Kapler.
„Bis sich das Vertrauen in Locamo aufbaut, dauert es einfach“, sagen die Brüder. Aber die Corona-Krise gebe Schwung. Onlinehandel sei nicht mehr wegzudenken. Und da die Menschen nicht nur mehr online kaufen, sondern der Trend auch zum regionalen Shopping geht, bauen die Gründer mit ihren 30 Mitarbeitern weitere, lokale Onlinemarktplätze auf. Der Welfenmarkt aus Weingarten und der Hafenmarkt aus Friedrichshafen existieren schon. Weitere Kooperationen haben die Brüder kürzlich mit den Städten Pfullendorf, Mengen und Herzogenaurach geschlossen. „Das ist wie eine Lawine, die ins Rollen kommt“, sagt Markus Kapler. Jetzt gehe es erst so richtig los.