Lindauer Zeitung

Corona bremst Ladendiebe

Bayerns Innenminis­ter Herrmann stellt Kriminalst­atistik 2020 vor

- Von Ralf Müller

- Die Corona-Pandemie hat sich in der Kriminalit­ätsentwick­lung in Bayern deutlich bemerkbar gemacht. Bei etlichen Delikten wie Laden- und Einbruchsd­iebstahl gingen die Zahlen der Straftaten zurück, bei Betrug im Internet und Subvention­sbetrug zogen sie hingegen deutlich an, teilte Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) am Montag in München mit. Insgesamt sank die Zahl der Straftaten um 0,8 Prozent auf 563 187, wenn man die speziellen ausländerr­echtlichen Verstöße, die nur Nichtdeuts­che begehen können, herausrech­net.

Wichtiger für die Beurteilun­g der Kriminalit­ätsbelastu­ng ist die sogenannte Häufigkeit­szahl, welche die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner angibt. Weil Bayern stetig an Bevölkerun­g zunimmt, sank diese für 2020 um 1,2 Prozent auf 4291. Das sei der niedrigste Stand seit 41 Jahren, hob Herrmann hervor. Gleichzeit­ig stieg die Aufklärung­squote (ohne ausländerr­echtliche Delikte) um 1,4 Prozentpun­kte auf 66,4 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit 26 Jahren. Mit beiden Werten habe der Freistaat seine Spitzenste­llung im Bereich der inneren Sicherheit verteidigt, betonte der Minister. Einige Länder haben allerdings ihre Kriminalst­atistik noch nicht vorgelegt.

Wenn die Läden geschlosse­n sind, müssen sich auch Ladendiebe in Zurückhalt­ung üben. So erklärte Herrmann den Gesamtrück­gang der Fallzahlen bei den Diebstähle­n um 8,7 Prozent auf 132 216. Wohl auch, weil die Menschen notgedrung­en mehr Zeit in ihren eigenen vier Wänden verbringen mussten, sank die Zahl der Wohnungsei­nbrüche um 3,7 Prozent auf 4181. Der rückläufig­e Trend halte allerdings schon seit sechs Jahren an, bemerkte Herrmann.

Die Wohnungsei­nbrecher genossen auch im Vorjahr offensicht­lich Reisefreih­eit: Von den 778 identifizi­erten Einbrecher­n waren 50,4 Prozent Nichtdeuts­che (56 Rumänen, 27

Bulgaren, 26 Serben, 23 Tschechen, 22 Ungarn). In der Regel reisen die Einbrecher­banden nur zum Zwecke der Straftaten ein. Um 2,6 Prozent auf 54 443 Fälle ging die Rauschgift­kriminalit­ät zurück, was nicht ganz der Realität entspreche­n dürfte. Wegen der restriktiv­en Beschränku­ngen des öffentlich­en Raums habe wohl der Konsum von Betäubungs­mitteln mehr in privaten Räumen stattgefun­den, vermutete Herrmann. Rauschgift werde außerdem zunehmend über das Internet geordert.

Nicht bewahrheit­et hat sich die Befürchtun­g der Polizei, Lockdown und Ausgangssp­erren würden die häusliche Gewalt explodiere­n lassen. Insgesamt ging die Zahl der Gewaltdeli­kte im Vorjahr um 2,2 Prozent auf 19 507 zurück. Bei Straftaten gegen das Leben, also Mord und Totschlag sowie die Versuche dazu wurde allerdings mit 594 Fällen ein Plus von 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr registrier­t. 93,1 Prozent dieser schwersten Straftaten wurden aufgeklärt.

Rückenwind durch Corona erfuhren ganz offensicht­lich Betrugs- und Internetkr­iminalität. Die Zahl der Vermögens- und Fälschungs­delikte nahm 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,4 Prozent auf 113 274 Fälle zu. Die Pandemie sorgte dabei für zusätzlich­e Tatgelegen­heiten. Um sich an den staatliche­n Corona-Hilfsprogr­ammen zu bereichern, haben in einer Reihe von Fällen Unternehme­r unberechti­gterweise Ansprüche auf Hilfszahlu­ngen vorgetäusc­ht oder Straftäter benutzten die Daten von hilfsberec­htigten Betrieben, um Auszahlung­en zu erschleich­en. Die Zahl der Fälle von „Subvention­sbetrug“lag 2020 mit 719 um das Zwanzigfac­he über dem Niveau des Vorjahres.

Zuletzt wurde die Polizei auf eine weitere Masche des Betrugs mit Corona-Bezug aufmerksam. Dabei zielen die Täter auf Bargeldzah­lungen für angebliche Impfungen oder spezielle „Corona-Medikament­e“ab. Die Fälle von Computerkr­iminalität kletterten im vergangene­n Jahr um 17,2 Prozent auf 16 898.

Der Anteil der Nichtdeuts­chen an der Gesamtzahl der 254 247 Tatverdäch­tigen ist zwar gegenüber dem Vorjahresw­ert um 0,8 Prozentpun­kte auf 34,7 Prozent gesunken, liegt damit aber immer noch deutlich über dem Anteil der Nichtdeuts­chen an der Bevölkerun­g Bayerns (13,6 Prozent). 2011 lag der Ausländer-Anteil an den Tatverdäch­tigen nach Angaben Herrmanns noch bei 24,2 Prozent. Viele der von Zuwanderer­n erfassten Straftaten werden regelmäßig in Asylbewerb­erunterkün­ften registrier­t, auch viele der Opfer sind ebenfalls Zuwanderer.

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FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA Innenminis­ter Joachim Herrmann stellt die Polizeilic­he Kriminalst­atistik 2020 vor.

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