Lindauer Zeitung

Gesund wegen Corona-Regeln

Verkauf von Erkältungs­mitteln bricht ein – Steigender Verbrauch von Vitamintab­letten

- Von Alexander Sturm und Wolf von Dewitz

(dpa) - Weil die Menschen in Corona-Zeiten auf Abstand gehen und sich dadurch weniger erkälten, ist der Verkauf von rezeptfrei­en Arzneimitt­eln in Deutschlan­d deutlich abgesackt. Bayer-Chef Werner Baumann nennt bei Erkältungs­präparaten ein Marktminus von über 20 Prozent im vergangene­n Jahr – diese Entwicklun­g betreffe auch seine Firma. Procter & Gamble, Stada und Sanofi vermeldete­n ebenfalls Einbußen, ohne das mit Zahlen zu konkretisi­eren. Die Unternehme­n sind bekannt für Mittel wie etwa „Wick“, „Grippostad“, „Mucosolvan“und „Alka-Seltzer Plus“.

Die gesunkene Nachfrage bekamen auch die Apotheken in Deutschlan­d zu spüren. Die Apothekerv­ereinigung ABDA teilte mit, dass bei Erkältungs-, Durchfall- und Läusemitte­ln in den ersten drei Quartalen 2020 der Absatz rezeptfrei­er Medikament­e deutlich gefallen sei. Dabei bezog sich die Vereinigun­g auf Daten des Marktforsc­hers Insight Health.

Den Daten zufolge wurden bei Durchfallm­itteln in den ersten neun Monaten der Vorjahre etwa 15 Millionen Packungen nachgefrag­t – 2020 waren es dagegen nur knapp zwölf Millionen, also ein Fünftel weniger. Auch bei Erkältungs­mitteln gab es Rückgänge: Fragten Apothekenk­unden normalerwe­ise knapp 150 Millionen Arzneimitt­el in den ersten drei Quartalen nach, waren es 2020 noch knapp 130 Millionen. Bei Läusemitte­ln habe sich zudem der Absatz von etwa zwei Millionen auf 1,2 Millionen Medikament­e fast halbiert. In den Zahlen sind das Apothekeng­eschäft vor Ort und der Versandhan­del inbegriffe­n.

„Die Einhaltung der Abstandsun­d Hygienereg­eln in der CoronaPand­emie sorgte vermutlich für den Rückgang der Ansteckung­en im Bereich von Durchfalle­rkrankunge­n und Erkältunge­n“, erklärte die ABDA. Zudem könne wegen der AHARegeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmas­ke) ein Rückgang der Übertragun­g von Parasiten wie Läusen angenommen werden.

Die Pandemie mit Lockdowns und Kontaktbes­chränkunge­n habe für ein Auf und Ab der Nachfrage in den Apotheken gesorgt. Zwar seien Desinfekti­onsmittel stark gefragt gewesen. „Sie waren aber kein großer Umsatztrei­ber für Apotheken“, sagte ein ABDA-Sprecher. Der Ansturm auf medizinisc­he Masken spiegle sich noch nicht in den Zahlen für 2020 wieder. Komplette Umsatzzahl­en der Apotheken für das vergangene Jahr lagen noch nicht vor.

Die Apotheken in Deutschlan­d hatten 2019 einen Umsatz von mehr als 54 Milliarden Euro erzielt, den Großteil mit verschreib­ungspflich­tigen Arzneien. Die Zahl der Apotheken hierzuland­e sinkt seit Jahren deutlich. Zum Jahresende 2020 lag sie bei 18 753.

Die Corona-Einschränk­ungen hatten für die Arzneihers­teller wirtschaft­lich gesehen allerdings nicht nur negative, sondern auch positive Folgen. Denn die Nachfrage nach Nahrungser­gänzungsmi­tteln stieg – etwa nach Vitamintab­letten zur Stärkung der Abwehrkräf­te. Dieses Geschäft habe von der Corona-Situation „sehr profitiert“, sagt Bayer-Chef Baumann. Procter & Gamble sieht ebenfalls ein zunehmende­s Interesse an Nahrungser­gänzungsmi­tteln. „Wir haben einen deutlichen Trend zur aktiven Gesundheit­svorsorge beobachtet“, teilt die Firma mit. „Viele Menschen sind sich bewusst geworden, welchen Einfluss sie selbst auf ihre eigene Gesundheit haben können.“

 ?? FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA ?? Die Erkältungs- und Grippewell­e lässt den Absatz an rezeptfrei­en Mitteln alljährlic­h auf das Doppelte steigen. Nur nicht während der Corona-Pandemie.
FOTO: MAURIZIO GAMBARINI/DPA Die Erkältungs- und Grippewell­e lässt den Absatz an rezeptfrei­en Mitteln alljährlic­h auf das Doppelte steigen. Nur nicht während der Corona-Pandemie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany