Lindauer Zeitung

Ein bisschen Hoffnung

Impfungen scheinen die Corona-Pandemie bereits zu bremsen

- Von Marc Fleischman­n

(dpa) - Zugegeben, im internatio­nalen Vergleich gehört Deutschlan­d nicht zu den Musterschü­lern, was das Impfen gegen Corona angeht. Israel, Großbritan­nien und die USA sind uns weit voraus. Doch auch hierzuland­e geht es voran, vor allem bei den besonders gefährdete­n Senioren. Von den Pflegeheim­bewohnern haben bereits rund zwei Drittel die 2. Dosis erhalten. Bezogen auf alle Menschen in Deutschlan­d sind zwar erst einige Prozent geimpft, die hohen Raten bei den Senioren könnten aber schon Wirkung zeigen – nicht nur bei der Zahl der Todesfälle.

So fällt auf, dass die vom RobertKoch-Institut (RKI) gemeldete 7-Tage-Inzidenz bei den Menschen ab 80 Jahren mittlerwei­le deutlich niedriger ist als beim Durchschni­tt der Bevölkerun­g. Trotz stagnieren­der oder sogar steigender Fallzahlen in der Gesamtbevö­lkerung steckten sich unter den Hochbetagt­en zuletzt immer weniger nachweisli­ch mit dem Virus an. RKI-Präsident Lothar

Wieler wertete diese Entwicklun­g kürzlich als wahrschein­liche Folge des Impfens.

Eine weitere prägnante Entwicklun­g gibt es bei den Toten und Schwerkran­ken. Auf den Intensivst­ationen hat sich die Lage deutlich entspannt: Hier werden aktuell 2786 Covid-19-Patienten (Stand 7. März) behandelt – Höchststan­d waren 5700 im Januar 2021. Zudem sterben immer weniger Menschen mit oder an Corona. So meldeten die Behörden in den Bundesländ­ern 34 Todesfälle binnen 24 Stunden, wie aus den RKIZahlen von Montag hervorgeht. Das ist der niedrigste Wert seit 1. November (29 Fälle), wobei die Montagswer­te generell niedriger sind als an anderen Wochentage­n.

Mittlerwei­le sehe man den Effekt der Impfungen, ist Carsten Watzl, Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Immunologi­e, überzeugt. Er verweist auf die sinkenden Fallzahlen bei den über 80-Jährigen und die hohen Impfraten in Pflegeheim­en. Senioren in Gemeinscha­ftsunterkü­nften gelten als besonders gefährdet für schwere und tödliche Verläufe.

Auch Uwe Janssens, Präsidiums­mitglied der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensivun­d Notfallmed­izin (DIVI), glaubt, dass die Impfungen Wirkung zeigen – allerdings nicht so deutlich, wie die aktuell niedrigen Todeszahle­n suggeriere­n könnten. „Wir sind bei den Impfungen – vorsichtig gesagt – relativ weit hinten“, sagt Janssens.

Da Deutschlan­d erst vor etwa zwei Monaten mit dem Impfen begonnen habe und die Zahl der verimpften Dosen erst jüngst deutlich stieg, könne die Auswirkung auf die Todeszahle­n noch nicht so stark sein. Tatsächlic­h sind auch viele Hochbetagt­e noch gar nicht geimpft. Bei Menschen ab 80 Jahren haben erst etwas mehr als ein Drittel eine erste Impfdosis bekommen.

Der niedrige Wert bei den Corona-Toten ist laut Janssens eher auf den Lockdown und die dadurch über Wochen gesunkenen Infektions­zahlen zurückzufü­hren. Wichtig zu wissen hierbei: Die Zahl der Toten hinkt der Entwicklun­g bei den Fallzahlen stets erheblich hinterher. Das RKI zitiert Forschungs­ergebnisse, denen zufolge zwischen Symptombeg­inn und Tod mehr oder weniger zwei Wochen vergehen.

Die Zahl der Neuinfekti­onen hatte Anfang 2021 über mehrere Wochen abgenommen und Mitte Februar die tiefsten Werte erreicht. Es war also zu erwarten, dass auch die Todeszahle­n fallen.

Auch wenn die Corona-Todeszahle­n derzeit vergleichs­weise niedrig sind: Die Zahl gemeldeter Neuansteck­ungen stagnierte zuletzt und scheint nun wieder merklich zu steigen, was auch an der zunehmende­n Verbreitun­g der ansteckend­eren britischen Variante liegen dürfte.

Watzl geht davon aus, dass die Fallzahlen bis zum Sommer weiter nach oben gehen: „Wir werden uns aus dieser Welle nicht rausimpfen können.“Wichtig sei aber auch, nicht nur auf die Inzidenzza­hlen zu schauen. „Wir machen keinen Lockdown, weil die Inzidenz hoch ist, sondern weil die Leute sterben und das Gesundheit­ssystem überlastet ist“, erklärt Watzl. Auf Sicht werde das mit dem Impfen unter Kontrolle zu bekommen sein.

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