„Lieber kette ich mich ans Haus“
Gaby Feldschmied plant bei Röthenbach einen Gnadenhof für Tiere – Dem Gebäude droht jedoch der Abriss
- Truthahn Rudi spaziert langsam über das Gelände, im Schlepptau die weißgefiederte Cleopatra. Aus dem benachbarten Stall schaut das Schaf Kai-Uwe herüber. Drei Dutzend Tiere leben auf dem „Gnadenhof Bella“in der kleinen Ortschaft Brettweg (Gemeinde Röthenbach). Wie lange noch, ist unklar. Dem Haus droht der Abriss. Es geht um Baurecht und seine Besonderheiten im Außenbereich.
Das Anwesen liegt an der Verbindungsstraße zwischen Eglofstal und Steinegaden. Der Blick geht über Felder hinweg ins Grüne. In den 1960erJahren haben die Großeltern von Gaby Feldschmied hier ein Austragshaus errichtet. Das Untergeschoss ist in das Gelände gebaut, darüber ist das Erdgeschoss.
Menschen sind seit Langem aus dem Haus ausgezogen. Stattdessen nutzt Gaby Feldschmied das untere Stockwerk für ihre Tiere. In der früheren Ferienwohnung leben Puten, Hühner, Wachteln. Im Außenbereich gibt es einen Stall – mit Klimaanlage und Heizung. „Meinen Tieren muss es gut gehen“, sagt Feldschmied. Die 33-Jährige, die Lehramt studiert hat, ist auf dem Hof der Familie aufgewachsen und hat entsprechend viel Erfahrung im Umgang mit Tieren. Drei bis vier Stunden am Tag ist sie mit ihnen beschäftigt, füttert sie, reinigt die Unterkünfte.
„Bella“hat Feldschmied den Gnadenhof getauft – nach der ersten Pute, die sie vor vielen Jahren erhalten hat. Mittlerweile leben 36 Tiere auf dem Gnadenhof, überwiegend Geflügel. Die Zahl ist nach und nach gestiegen. Bekannte haben ihr Tiere gebracht, die Soko Tierschutz, Menschen, die nicht wissen, wohin mit einer Pute oder einer Gans. „Bei mir haben es Tiere gut, das wissen die Leute“, sagt Feldschmied.
Wie lange sie das Haus noch nutzen kann, ist ungewiss. Nach dem Willen der Behörden soll das Gebäude weg. Das Problem ist das zweite Austragshaus, das die Familie einen Steinwurf entfernt gebaut hat. Das Landratsamt hatte die Baugenehmigung im Jahr 2015 nur unter einer Auflage erteilt: Die Bauherren mussten sich verpflichten, das alte Austragshaus abzureißen. Mehrfach hat die Behörde deshalb laut Feldschmied mittlerweile nachgehakt. Eine Frist sei Ende Februar abgelaufen. Ein Abriss kommt für Gaby Feldschmied aber nicht in Frage. „Was soll ich mit den Tieren machen. Im Stall des Hofes darf ich sie nicht unterbringen“, sagt sie.
Gaby Feldschmied würde das Gebäude auch in Maßen umbauen, falls das eine Nutzung für landwirtschaftliche Zwecke ermöglichen würde. Beispielsweise würde sie den Bodenbelag aus Kunststoff durch Fliesen ersetzen oder die Fassade ändern, damit das Wohnhaus eher einem Stall ähnelt. Eine Auskunft, ob ihr das helfen würde, hat sie bisher nach eigenen Angaben von keiner Behörde erhalten.
Im Herbst 2018 hat das Landratsamt laut Feldschmied bereits eine Nutzungsänderung des Hauses für die Haltung von Geflügel abgelehnt. Die 33-Jährige hat sich damit nicht abgefunden. Aktuell läuft ein Antrag auf Nutzung als Gnadenhof. Mittlerweile hat sie einen Anwalt eingeschaltet. Er hat sich an das Amt für Landwirtschaft und Forsten gewandt. Das ist mit zuständig, wenn es um die Frage geht, wann ein Vorhaben privilegiert und damit im Außenbereich zulässig ist.
„Was entspricht denn landwirtschaftlicher Tierhaltung? Was müsste geändert werden, dass dies der Fall wäre?“, schreibt der Anwalt. Eine Antwort hat Gaby Feldschmied noch nicht bekommen. Sie kritisiert die unbewegliche Haltung der Behörden. Bei einem Ortstermin habe ein Vertreter des Landratsamtes ihr erklärt, ein Stall für den bestehenden Hof könne problemlos genehmigt werden, sagt die 33-Jährige. „Da redet jeder von Klimaschutz. Und dann soll ein bestehendes Gebäude weg, ein neues könnte aber entstehen. Das verstehe ich nicht.“
Mit dem Thema hat sich auch der Gemeinderat beschäftigt. Er hat Ende Januar einen Antrag auf Nutzungsänderung mit 9: 3 Stimmen abgelehnt. Entscheidend ist das allerdings nicht. Zuständig für Baugenehmigungen
und Nutzungsänderungen im Außenbereich ist das Landratsamt.
Zu dem Fall direkt will sich die Behörde aus Gründen des Datenschutzes nicht äußern. Sie nimmt aber allgemein Stellung. Eine Sprecherin verweist unter anderem auf eine gemeinsame Bekanntmachung von drei bayerischen Ministerien aus dem Jahr 2016, in der es um Bauen im Rahmen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe geht. Dort heißt es unter anderem: „Werden Austragshäuser oder Austragswohnungen von dem fortbestehenden landwirtschaftlichen Betrieb losgelöst (...), besteht kein Anspruch mehr auf eine neue (zweite) Austragswohneinheit.“
Das wiederum hat auch Auswirkungen auf eine Nutzungsänderung. Die ist zwar im Außenbereich grundsätzlich möglich, wenn das Gebäude einer privilegierten Nutzung dient. Allerdings nach Auffassung des Landratsamtes wohl nicht in diesem Fall. Den Schluss jedenfalls lässt die
Aussage der Behörde zu, die sie auf Nachfrage allgemein zu solchen Fällen trifft. „Wenn ein Gebäude nur genehmigt werden kann, wenn das alte Gebäude beseitigt wird, kommt von vorneherein eine nachträgliche Nutzungsänderung des alten Gebäudes nicht mehr in Betracht“, heißt es da.
Die Nutzung eines alten Austragshauses lässt das Landratsamt bisher nach eigenen Angaben nur zu, bis das neue fertiggestellt ist. Das solle eine „kostspielige Zwischenmiete und andere Beeinträchtigungen“vermeiden. Ob das Landratsamt letztlich einer Beseitigungsordnung mit Zwangsgeldandrohung erlässt, ist unklar. Das seien immer „Ermessensentscheidungen im Einzelfall“, teilt das Landratsamt mit. Dabei seien „alle speziellen Gesichtspunkte des konkreten Falles mit einzubeziehen“.
Gaby Feldschmied jedenfalls will bis zuletzt kämpfen und alle Möglichkeiten ausschöpfen. Ein Abriss kommt für sie nicht in Frage: „Lieber kette ich mich ans Haus.“