Aufzug im neuen Reutiner Bahnhof ist schon kaputt
Wer mit schwerem Gepäck, Kinderwagen oder Rollstuhl ankommt, steht vor der Treppe
- Reisende mit schwerem Gepäck, Kinderwagen oder Rollstuhl kommen derzeit weder zum hinteren Bahnsteig des neuen Reutiner Bahnhofs noch davon weg. Grund dafür ist ein seit Längerem defekter Aufzug.
Ein häufiges Bild in den vergangenen Tagen: Züge kommen in Reutin an. Menschen mit Koffern, Fahrrädern, Rollstühlen oder Kinderwagen kommen auf den Bahnsteig. So auch Haval Al-Jaf, er reist mit einem Koffer. Er will mit dem Aufzug vom hinteren Bahnsteig des neuen Reutiner Bahnhofs nach oben fahren – doch das schlägt fehl. Ihm leuchtet nur ein kleines rotes „Zutritt-verboten“Schild entgegen. Sonst gibt es keine Schilder, die zeigen, dass der Aufzug defekt ist. Haval Al-Jaf trägt nun seinen Koffer über 42 Treppenstufen, sechs Meter nach oben. Angesprochen darauf, findet er es zwar für ihn persönlich „blöd“, sieht aber ein großes Problem, gerade für Familien mit Kindern oder Kinderwagen. Auch für körperlich eingeschränkte Personen, die etwa im Rollstuhl sitzen, stellt der defekte Aufzug ein unüberwindbares Hindernis dar. Sie können den Bahnsteig ohne Hilfe weder betreten noch verlassen und somit die Züge nicht uneingeschränkt nutzen.
Leute, die häufiger auf dem Bahnsteig sind, berichten, dass der Aufzug immer wieder für längere Zeit ausfalle. Auch Reparaturen würden höchstens kurzfristig helfen. Gabriele Schlott, Leiterin Kommunikation Bayern der Deutschen Bahn, hat auf Anfrage der LZ vor knapp einer Woche versprochen, dass der Aufzug am vergangenen Freitag repariert werden sollte. Am Montagmorgen ist dieser allerdings immer noch außer Betrieb.
Auf weitere Fragen der LZ gibt sie keine konkreten Antworten. Laut Schlott ist der Bahn bewusst, „dass jeder Aufzug, der nicht funktioniert, ein Ärgernis für unsere Reisenden ist“. Sie weist darauf hin, dass es sich um einen Ausnahmefall handle. Zudem versichert Schlott, dass die Bahn bereits Maßnahmen ergriffen habe, um solche Ausfälle schneller zu melden und zu beseitigen.
Schlott empfiehlt Reisenden, die auf den Aufzug angewiesen sind, sich im Vorhinein telefonisch unter 01806 / 51 25 12 zu informieren, ob die Aufzüge funktionieren. Da könnten Betroffene
auch eine Hilfestellung bestellen. Dies muss allerdings 24 Stunden vor Reiseantritt erfolgen.
Zudem weist Schlott auf eine Internetseite (www.bahnhof.de) der Bahn hin, auf der man den Bahnhof Reutin finden und sehen könne, welche Aufzüge defekt sind. Doch ein Blick auf die Seite zeigt, dass Vorsicht geboten ist: Die Bahn behauptet dort, dass nicht nur der Aufzug auf den hinteren Bahnsteig defekt ist, sondern auch der vordere. Dabei ist der Aufzug von Gleis 21 voll funktionstüchtig.
Überraschend kommt das Aufzug-Problem nicht. Kritiker haben bereits im Planfeststellungsverfahren des Bahnhofs vor drei Jahren darauf hingewiesen, dass Aufzüge sehr anfällig für Ausfälle sind. Auch Anton Ziegler, Behindertenbeauftragter des Landkreises Lindau, hat davor gewarnt. „Ich habe vehement eine Rampe gefordert“, sagt er jetzt im Gespräch mit der LZ. Über eine solche Rampe mit einer leichten Steigung über 120 Meter hätten Eltern mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer den Bahnsteig auch erreicht, wenn der Aufzug kaputt ist. Doch der Bahn war das zu teuer.
Ein Verantwortlicher der Bahn hatte damals die Anfälligkeit der Aufzüge eingestanden und im Falle eines Ausfalls schnelle Reparaturen zugesagt. Den Bau einer Rampe aber lehnte er ab. Die Forderung nach einer Rampe habe damals auch Unterstützung von der Regierung von Schwaben erhalten, erinnert sich Ziegler. Weitere Unterstützung blieb aus: „Leider ist mir da die Stadt Lindau nicht zur Seite gesprungen.“Ziegler stellt fest, dass man das Problem jetzt nicht mehr lösen kann, für eine Rampe ist es jetzt zu spät: „Das hätte man alles im Vorfeld tun müssen, aber das hat die Stadt versäumt.“
Fakt ist, dass die Bahn nach ihren eigenen Regeln einen Bahnhof auch dann als barrierefrei einstuft, wenn die Aufzüge über Wochen hinweg defekt sind. Somit sind für körperlich beeinträchtigte Menschen oder Personen mit Kinderwagen, Fahrrädern oder schwerem Gepäck derzeit die Bahnsteige an den Gleisen 22, 23 und 24 nur umständlich erreichbar. Sie müssten entweder vom Inselbahnhof starten, um zum hinteren Bahnsteig des Reutiner Bahnhofs zu gelangen, oder an ihre Reise noch eine Fahrt zum Inselbahnhof dranhängen, um vom Bahnsteig herunterzukommen. Denn der Inselbahnhof ist ebenerdig und somit barrierefrei. Fahrgäste sollten sich also vorher informieren, ob ihr Zug auf dem barrierefrei zu erreichenden Gleis 21 abfährt oder ob sie einen Umweg über die Insel planen müssen. Ziegler ist enttäuscht: „Es ist halt die Bahn!“