Das Fiasko abwenden
VfB Friedrichshafen könnte historisches Play-off-Aus ereilen – Großer Druck vor Heimspiel gegen Bühl
- Im deutschen Volleyball ist der VfB Friedrichshafen seit jeher eine Topadresse. 13 Meisterschaften, 16 Pokalsiege und gar einen Champions-LeagueTriumph hat der Club zu verzeichnen. Wenn das Wort Titel fällt, dann kommt schnell auch Friedrichshafen ins Spiel. Der große Name alleine bringt aber keinen Erfolg – aktuell stecken die Häfler in Schwierigkeiten. Nach der 2:3-Niederlage am Mittwoch bei den Volleyball Bisons Bühl droht ihnen ein historisch schwaches Abschneiden. Denn noch nie ist eine Mannschaft des VfB im Viertelfinale der Play-offs gescheitert. Genau das könnte sich am Samstag ändern. Friedrichshafen muss das Heimspiel gegen Bühl (18 Uhr, live bei sporttotal.tv) gewinnen, sonst ist das Viertelfinalaus perfekt. Im Falle eines VfB-Sieges kommt es – erneut in der Friedrichshafener Zeppelin Cat Halle A1 – am Sonntag um 19.30 Uhr zum Entscheidungsspiel zwischen den beiden Teams.
Der Druck liegt ganz klar aufseiten der Häfler. Aufgrund der Geschichte und der absolvierten Runde sind sie der Favorit. Sie reisten mit 18 Siegen in Serie und als Erster der Normalrunde zum ersten Play-offViertelfinale am Mittwoch, das Umfeld erwartete deshalb logischerweise einen erfolgreichen Auftritt. Nach der Pleite sowie der laut VfB-Geschäftsführer Thilo Späth-Westerholt „erschreckenden Leistung“in Bühl bekam die Mannschaft die Unzufriedenheit auch entsprechend zu spüren. „Bei einem Club wie unserem führt jede Niederlage zu Alarm und zur Frage, wie das passieren konnte“, sagt Dejan Vincic, Kapitän der Häfler Mannschaft. „Die Situation ist schwierig, wir straucheln seit der Corona-Pause und sind nicht auf unserem besten Level. Es ist uns noch nicht gelungen, dort zu starten, wo wir aufgehört haben“, so Vincic. Der vor der Saison vom polnischen Club Czarni Radom gekommene Zuspieler will Verantwortung übernehmen und zum Halbfinaleinzug in den Play-offs beitragen. „Wir sind wütend, und das ist gut. Und wir haben genug Erfahrung, um Momente wie diese erfolgreich zu lösen“, sagt der 34-Jährige. An der Routine darf es auch definitiv nicht scheitern. Vor allem mit Vincic, Mittelblocker Marcus Böhme (35 Jahre), Nicolas Maréchal (34), Libero Markus Steuerwald (32) und Martti Juhkami (32) besitzt der VfB einige Spieler mit einer sehr langen wie auch beachtlichen Karriere. Ein Grund, weshalb er trotz der unangenehmen Voraussetzungen eine große Zuversicht ausstrahlt. Ein weiterer ist der Glaube an die eigenen Fähigkeiten. „Wir sind überzeugt, dass wir besser als Bühl sind. Das wollen wir am Wochenende auf dem Feld zeigen“, sagt Vincic, der den Gegner aber auch lobt: „Bühl ist ein gut organisiertes Team, das wirklich stark verteidigt.“
Das ist der Respekt, den die Bisons sich am Mittwoch erarbeitet haben. Noch gefährlicher macht sie nun, dass sie dieses Erfolgserlebnis eingefahren haben. „Selbstverständlich sind sie jetzt euphorisch und haben viel Selbstbewusstsein“, weiß VfB-Trainer Michael Warm. „Wir müssen sie bremsen und ihnen das im Spiel nehmen.“Dabei nimmt Warm jeden Einzelnen in die Pflicht – bis auf Ben-Simon Bonin, der verletzt fehlen wird. „Die Mannschaftsleistung muss gut genug sein, das ist wichtig“, so Warm. Er fordert mehr Konzentration ein, es sollen im Moment keine Gedanken an die erfolgreiche Normalrunde verschwendet werden. „Die Vergangenheit nützt uns nichts“, betont er. Die Hoffnungen liegen aber auch auf dem 21-jährigen Linus Weber. Auch seinetwegen, im Schnitt macht er fünf Punkte pro Satz, zählt der VfB zu den stärksten Angriffsmannschaften in der Bundesliga. Der von den Powervolleys Milano ausgeliehene Diagonalspieler erwischte in Bühl aber einen schwachen Tag, was mitunter ein Faktor für die Pleite war. Seine wuchtigen Angriffsschläge sind nun gefragter denn je. Friedrichshafen will das Fiasko abwenden. Nach dem Halbfinalaus im DVV-Pokal und dem unglücklichen Ausscheiden in der Champions-League-Gruppenphase müsste nach einem Aus im Play-offViertelfinale von einer insgesamt verkorksten Saison gesprochen werden, die nicht den Ansprüchen des Clubs entspricht. Der ohnehin schon kaum vorhandene Spielraum für Fehler in den Play-offs ist nach Mittwoch nun noch ein Stück kleiner geworden. Vincic verspricht im Namen der Mannschaft: „Wir werden alles tun, was in unseren Händen liegt, um Bühl zu besiegen.“
Unterstützung gibt es von den eigenen Fans. Zwar muss das Heimspiel am Samstag als Geisterspiel ausgetragen werden. Aber über die große LED-Wand will sich der VfB mittels einer Videokonferenz die Zuschauer in die Halle holen. Wer mit dabei sein will, muss nur eine E-Mail mit dem Betreff „Mission Halbfinale“an info@vfb-volleyball.de schicken und bekommt dann den Link für Samstag zugeschickt. Späth-Westerholt: „Wir wissen, dass die Spieler das wahrnehmen werden und dass uns das noch ein bisschen mehr Schwung geben wird.“Etwas, das sie für die schwere Aufgabe definitiv gebrauchen können.