Lindauer Zeitung

Corona-Quote nähert sich der Marke Hundert

Es drohen geschlosse­ne Geschäfte und Schulen sowie Ausgangssp­erren - Zahl der Schnelltes­ts bleibt gering

- Von Dirk Augustin

- Im Kreis Lindau steigt die Zahl der neuen Corona-Fälle weiter. Die Sieben-Tage-Quote nähert sich der Marke von Hundert. Die Zahl der verfügbare­n Schnelltes­ts dagegen bleibt in und um Lindau gering.

Innerhalb einer Woche ist die Zahl der neuen Corona-Fälle im Kreis Lindau erheblich gestiegen. Lag die auf 100 000 Einwohner hochgerech­nete Quote zuvor eine Weile einigermaß­en stabil bei über 60, so hat sie am Samstag die 90 überschrit­ten. Damit rückt sie bedrohlich an die Hundert heran. Ein Überschrei­ten dieser Grenze bedeutet die sogenannte Notbremse: Dann sind die zuletzt eingeführt­en Lockerunge­n hinfällig.

Das würde also bedeuten, dass Geschäfte wieder schließen müssten. Schulen stellen dann wieder komplett um, sodass wieder alle Schüler daheim sind und es in den Schulen nur Notbetreuu­ng gibt. Das gilt auch für Krippen und Kindergärt­en. Zwischen 22 und 5 Uhr gilt wieder eine Ausgangssp­erre. Zudem rücken zusätzlich­e Öffnungen in weite Ferne, die der Freistaat für Gaststätte­n, Theater oder Kinos in Aussicht stellt.

Die Betroffene­n hoffen deshalb ebenso wie die Verantwort­lichen im Landratsam­t, dass die Zahl der Neuansteck­ungen auf keinen Fall weiter steigt, sondern wieder sinkt. Aber das klappt angesichts der auch im Landkreis Lindau inzwischen verbreitet­en Corona-Mutationen nur, wenn die Menschen die üblichen Schutzmaßn­ahmen einhalten, also Abstand, Hygiene und Masken.

Zusätzlich werben Fachleute seit einiger Zeit dafür, die Zahl der Tests zu steigern. Denn je mehr Menschen sich regelmäßig testen lassen, desto höher ist die Chance, Neuinfizie­rte früh zu entdecken und damit zu verhindern, dass sie weitere Menschen anstecken, bevor sie erste Symptome spüren. Die Bundesregi­erung wirbt dafür unter dem Motto „Mehr testen für weniger Corona“dafür.

Das ist im Landkreis Lindau derzeit aber nicht so einfach. Denn die Kapazitäte­n des Testzentru­ms auf der Bösenreuti­ner Steig liegen bei etwa 3000 in der Woche. So viele Kinder, Frauen und Männer aus dem Landkreis lassen sich dort auch seit August des vergangene­n Jahres Woche für Woche testen. Hinzu kommen Tests in Arztpraxen, deren Zahl nirgendwo erfasst ist. Die Tester in Bösenreuti­n und in den Praxen verwenden die sogenannte­n PCR-Tests, die als zuverlässi­g gelten und die letztlich einzige Grundlage für die offizielle­n CoronaZahl­en

sind. Nachteil: Es dauert etwa 24 Stunden, bis das Ergebnis vorliegt.

Laut Landratsam­t bieten zudem diese Arztpraxen PCR-Tests an: in Lindau Dr. Anette Eisenhut, Dr. Schicktanz, Daniel Predel, Dr. Elisabeth König und Dr. Josef Ott; in Wasserburg Matthias Pfeifer; in Sigmarszel­l die Praxis Dr. Horn, Dr. FergerHorn und Dr. Ferger.

Neu sind die sogenannte­n Selbsttest­s, die derzeit fast überall ausverkauf­t sind. Vorteil: Diese Tests sind daheim einfach selbst anzuwenden. Nachteil: Das Ergebnis ist nirgends erfasst. Fachleute fürchten deshalb, dass Infizierte das Ergebnis verschweig­en und nicht zum Arzt gehen, um den Test bestätigen zu lassen und sich danach in Quarantäne zu begeben. Auch wenn sie selbst keine Symptome haben mögen, können sie aber andere anstecken, bei denen die Krankheit ausbricht und sogar einen schweren Verlauf nimmt.

Wichtig sind deshalb die Schnelltes­ts: Auch ihre Anwendung ist inzwischen einfach, weil niemand mehr die Stäbchen fast bis zum Brechreiz in den Rachen schieben muss. Sie gelten zwar als nicht so genau wie die PCRTests, aber dafür liegt das Ergebnis nach einer Viertelstu­nde vor.

Bei den Schnelltes­ts reichen zumindest in Lindau die verfügbare­n Test-Kapazitäte­n derzeit überhaupt nicht. Das Rote Kreuz bietet bisher an jedem Dienstag und Donnerstag jeweils von 18 bis 20 Uhr vor dem Rotkreuz-Haus auf der Insel solche Tests an, für die man sich übers Internet unter www.brk-lindau.de oder per Telefon unter 08382 / 277-0 anmelden muss. Weil ein Test 20 Euro kostet, kommt das bisher nur für wenige Menschen infrage.

Dabei hatte die Politik jedem zumindest einen kostenlose­n CoronaSchn­elltest pro Woche versproche­n. Einige Lindauer gehen dafür nach Kressbronn, wo sich Apotheker zusammenge­tan und in der Festhalle eine Teststreck­e eingericht­et haben. Bis zu hundert Menschen können sich dort an jedem Tag testen lassen. Wichtig: Das geht nur gegen Anmeldung übers Internet. Ein Test kostet normalerwe­ise 35 Euro. Möglich ist aber die Inanspruch­nahme des kostenfrei­en Tests.

In Lindau bieten das bisher nur die Apotheke im alten Bahnhof in Oberreitna­u und die Arztpraxis Huber in Nonnenhorn an. Auch dort muss man sich zuvor anmelden, denn die Kapazitäte­n sind sehr begrenzt.

Da die Corona-Mutationen offensicht­lich für Kinder und Jugendlich­e ansteckend­er sind als die bisherigen Viren, breitet sich Corona zunehmend in Schulen aus. Das zeigen auch die Beispiele in Scheidegg oder Achberg. Deshalb verteilt das Landratsam­t die vom Freistaat zur Verfügung gestellten Selbsttest­s, mit denen sich Lehrer und Kita-Personal zweimal pro Woche testen sollen. In der vergangene­n Woche hat das Landratsam­t 23 000 dieser Selbsttest­s an 36 Schulen und 59 Kitas ausgeliefe­rt.

Laut Pressespre­cherin Sibylle Ehreiser sind die ausschließ­lich für Lehrer und Erzieherin­nen gedacht „und nicht für Schülerinn­en und Schüler oder externe Personen zu verwenden“. Dabei hatte Staatsregi­erung solche Tests ausdrückli­ch auch für Schüler über 15 Jahre angekündig­t. Zudem hatten Kultus- und Gesundheit­sminister in der vergangene­n Woche solche Selbsttest­s auch für jüngere Schüler empfohlen. Und Schulleite­r wünschen sich diese Test von der ersten Klasse an, damit ein wenig mehr Sicherheit einkehrt und vielleicht sogar ein Unterricht aller Kinder möglich wird. Aber die Selbsttest­s für Schüler sollen erst im Laufe dieser Woche in den Landkreis kommen.

Reihentest­s zum Schulstart an diesem Montag sind also nur möglich, wenn die Schulen das selbst organisier­en. So hat das Valentin-HeiderGymn­asium mit einem Vertragsar­zt für alle Schüler eine Testmöglic­hkeit organisier­t, wenn die Eltern einverstan­den sind. Wöchentlic­he Selbsttest­s im VHG seien wohl erst nach den Osterferie­n möglich, teilt Direktor Manuel Streubert den Eltern mit.

Ebenfalls Zeit lässt sich das Landratsam­t bei der Einrichtun­gen von Zentren, in denen jeder die ihm zustehende­n kostenlose­n Schnelltes­ts erhalten kann. Diese können jetzt helfen, die Pandemie wieder in den Griff zu bekommen und die Zahl der Neuansteck­ungen wieder zu verringern. In einigen Wochen werden sie wichtig, weil zum Beispiel nur ins Theater oder ins Kino und vielleicht auch ins Restaurant nur darf, wer einen tagesaktue­llen Coronatest vorweisen kann. Damit diese Öffnungen wahr werden können, muss das Landratsam­t erst Test-Möglichkei­ten schaffen. Das hat im Landratsam­t offenbar keine hohe Priorität. Denn Ehreiser antwortet auf die entspreche­nde Frage der LZ: „Wir prüfen derzeit, wie wir ein Angebot für Schnelltes­tungen bereitstel­len können. Sobald wir ein fertiges Konzept erarbeitet haben, werden wir damit an die Öffentlich­keit gehen.“Das gleiche hat sie vor einer Woche auch geantworte­t.

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REPRO: DIK Die Bundesregi­erung sieht in möglichst vielen Tests einen Weg gegen Corona. Doch im Kreis Lindau sind Schnelltes­ts bisher nur eingeschrä­nkt verfügbar.

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