Corona-Quote nähert sich der Marke Hundert
Es drohen geschlossene Geschäfte und Schulen sowie Ausgangssperren - Zahl der Schnelltests bleibt gering
- Im Kreis Lindau steigt die Zahl der neuen Corona-Fälle weiter. Die Sieben-Tage-Quote nähert sich der Marke von Hundert. Die Zahl der verfügbaren Schnelltests dagegen bleibt in und um Lindau gering.
Innerhalb einer Woche ist die Zahl der neuen Corona-Fälle im Kreis Lindau erheblich gestiegen. Lag die auf 100 000 Einwohner hochgerechnete Quote zuvor eine Weile einigermaßen stabil bei über 60, so hat sie am Samstag die 90 überschritten. Damit rückt sie bedrohlich an die Hundert heran. Ein Überschreiten dieser Grenze bedeutet die sogenannte Notbremse: Dann sind die zuletzt eingeführten Lockerungen hinfällig.
Das würde also bedeuten, dass Geschäfte wieder schließen müssten. Schulen stellen dann wieder komplett um, sodass wieder alle Schüler daheim sind und es in den Schulen nur Notbetreuung gibt. Das gilt auch für Krippen und Kindergärten. Zwischen 22 und 5 Uhr gilt wieder eine Ausgangssperre. Zudem rücken zusätzliche Öffnungen in weite Ferne, die der Freistaat für Gaststätten, Theater oder Kinos in Aussicht stellt.
Die Betroffenen hoffen deshalb ebenso wie die Verantwortlichen im Landratsamt, dass die Zahl der Neuansteckungen auf keinen Fall weiter steigt, sondern wieder sinkt. Aber das klappt angesichts der auch im Landkreis Lindau inzwischen verbreiteten Corona-Mutationen nur, wenn die Menschen die üblichen Schutzmaßnahmen einhalten, also Abstand, Hygiene und Masken.
Zusätzlich werben Fachleute seit einiger Zeit dafür, die Zahl der Tests zu steigern. Denn je mehr Menschen sich regelmäßig testen lassen, desto höher ist die Chance, Neuinfizierte früh zu entdecken und damit zu verhindern, dass sie weitere Menschen anstecken, bevor sie erste Symptome spüren. Die Bundesregierung wirbt dafür unter dem Motto „Mehr testen für weniger Corona“dafür.
Das ist im Landkreis Lindau derzeit aber nicht so einfach. Denn die Kapazitäten des Testzentrums auf der Bösenreutiner Steig liegen bei etwa 3000 in der Woche. So viele Kinder, Frauen und Männer aus dem Landkreis lassen sich dort auch seit August des vergangenen Jahres Woche für Woche testen. Hinzu kommen Tests in Arztpraxen, deren Zahl nirgendwo erfasst ist. Die Tester in Bösenreutin und in den Praxen verwenden die sogenannten PCR-Tests, die als zuverlässig gelten und die letztlich einzige Grundlage für die offiziellen CoronaZahlen
sind. Nachteil: Es dauert etwa 24 Stunden, bis das Ergebnis vorliegt.
Laut Landratsamt bieten zudem diese Arztpraxen PCR-Tests an: in Lindau Dr. Anette Eisenhut, Dr. Schicktanz, Daniel Predel, Dr. Elisabeth König und Dr. Josef Ott; in Wasserburg Matthias Pfeifer; in Sigmarszell die Praxis Dr. Horn, Dr. FergerHorn und Dr. Ferger.
Neu sind die sogenannten Selbsttests, die derzeit fast überall ausverkauft sind. Vorteil: Diese Tests sind daheim einfach selbst anzuwenden. Nachteil: Das Ergebnis ist nirgends erfasst. Fachleute fürchten deshalb, dass Infizierte das Ergebnis verschweigen und nicht zum Arzt gehen, um den Test bestätigen zu lassen und sich danach in Quarantäne zu begeben. Auch wenn sie selbst keine Symptome haben mögen, können sie aber andere anstecken, bei denen die Krankheit ausbricht und sogar einen schweren Verlauf nimmt.
Wichtig sind deshalb die Schnelltests: Auch ihre Anwendung ist inzwischen einfach, weil niemand mehr die Stäbchen fast bis zum Brechreiz in den Rachen schieben muss. Sie gelten zwar als nicht so genau wie die PCRTests, aber dafür liegt das Ergebnis nach einer Viertelstunde vor.
Bei den Schnelltests reichen zumindest in Lindau die verfügbaren Test-Kapazitäten derzeit überhaupt nicht. Das Rote Kreuz bietet bisher an jedem Dienstag und Donnerstag jeweils von 18 bis 20 Uhr vor dem Rotkreuz-Haus auf der Insel solche Tests an, für die man sich übers Internet unter www.brk-lindau.de oder per Telefon unter 08382 / 277-0 anmelden muss. Weil ein Test 20 Euro kostet, kommt das bisher nur für wenige Menschen infrage.
Dabei hatte die Politik jedem zumindest einen kostenlosen CoronaSchnelltest pro Woche versprochen. Einige Lindauer gehen dafür nach Kressbronn, wo sich Apotheker zusammengetan und in der Festhalle eine Teststrecke eingerichtet haben. Bis zu hundert Menschen können sich dort an jedem Tag testen lassen. Wichtig: Das geht nur gegen Anmeldung übers Internet. Ein Test kostet normalerweise 35 Euro. Möglich ist aber die Inanspruchnahme des kostenfreien Tests.
In Lindau bieten das bisher nur die Apotheke im alten Bahnhof in Oberreitnau und die Arztpraxis Huber in Nonnenhorn an. Auch dort muss man sich zuvor anmelden, denn die Kapazitäten sind sehr begrenzt.
Da die Corona-Mutationen offensichtlich für Kinder und Jugendliche ansteckender sind als die bisherigen Viren, breitet sich Corona zunehmend in Schulen aus. Das zeigen auch die Beispiele in Scheidegg oder Achberg. Deshalb verteilt das Landratsamt die vom Freistaat zur Verfügung gestellten Selbsttests, mit denen sich Lehrer und Kita-Personal zweimal pro Woche testen sollen. In der vergangenen Woche hat das Landratsamt 23 000 dieser Selbsttests an 36 Schulen und 59 Kitas ausgeliefert.
Laut Pressesprecherin Sibylle Ehreiser sind die ausschließlich für Lehrer und Erzieherinnen gedacht „und nicht für Schülerinnen und Schüler oder externe Personen zu verwenden“. Dabei hatte Staatsregierung solche Tests ausdrücklich auch für Schüler über 15 Jahre angekündigt. Zudem hatten Kultus- und Gesundheitsminister in der vergangenen Woche solche Selbsttests auch für jüngere Schüler empfohlen. Und Schulleiter wünschen sich diese Test von der ersten Klasse an, damit ein wenig mehr Sicherheit einkehrt und vielleicht sogar ein Unterricht aller Kinder möglich wird. Aber die Selbsttests für Schüler sollen erst im Laufe dieser Woche in den Landkreis kommen.
Reihentests zum Schulstart an diesem Montag sind also nur möglich, wenn die Schulen das selbst organisieren. So hat das Valentin-HeiderGymnasium mit einem Vertragsarzt für alle Schüler eine Testmöglichkeit organisiert, wenn die Eltern einverstanden sind. Wöchentliche Selbsttests im VHG seien wohl erst nach den Osterferien möglich, teilt Direktor Manuel Streubert den Eltern mit.
Ebenfalls Zeit lässt sich das Landratsamt bei der Einrichtungen von Zentren, in denen jeder die ihm zustehenden kostenlosen Schnelltests erhalten kann. Diese können jetzt helfen, die Pandemie wieder in den Griff zu bekommen und die Zahl der Neuansteckungen wieder zu verringern. In einigen Wochen werden sie wichtig, weil zum Beispiel nur ins Theater oder ins Kino und vielleicht auch ins Restaurant nur darf, wer einen tagesaktuellen Coronatest vorweisen kann. Damit diese Öffnungen wahr werden können, muss das Landratsamt erst Test-Möglichkeiten schaffen. Das hat im Landratsamt offenbar keine hohe Priorität. Denn Ehreiser antwortet auf die entsprechende Frage der LZ: „Wir prüfen derzeit, wie wir ein Angebot für Schnelltestungen bereitstellen können. Sobald wir ein fertiges Konzept erarbeitet haben, werden wir damit an die Öffentlichkeit gehen.“Das gleiche hat sie vor einer Woche auch geantwortet.