Gerüstet für Gartenschau und Obstbau der Zukunft
In Schlachters entstehen Schulungsgebäude und Schaugärten – Forscher beobachten 400 alte Kernobstbäume
- Pläne, die ehemalige Obstbauschule in Schlachters fit für die Zukunft zu machen, hat der Landkreis Lindau schon länger. Als beschlossen wurde, dass die heutige Versuchsanstalt für Obstbau sich als Satellitenstandort an der Lindauer Gartenschau beteiligt, ist klar: Den angedachten Neubau kann der Kreis angesichts vieler anderer Aufgaben so schnell nicht stemmen. Doch mittlerweile steht das neue Schulungsgebäude, Parkplätze sind angelegt, der Ort der geplanten Schaugärten ist klar: Der Förderverein der Obstbauschule hat die Realisierung der Pläne übernommen. Wenn die Gartenschau im Mai eröffnet wird, soll die Baustelle Vergangenheit sein.
An diesem Vormittag strahlt der Sigmarszeller Bürgermeister Jörg Agthe mit der Sonne um die Wette: „Ohne Uli Pfanner hätte das so schnell nicht geklappt“, ist er überzeugt. Pfanner ist nicht nur Kreisrat und Scheidegger Bürgermeister. Der gelernte Gärtnermeister ist auch Vorsitzender des 2008 gegründeten Fördervereins. Es ist unüberhörbar: Die Zukunft der ehemaligen Obstbauschule liegt ihm sehr am Herzen.
Regelmäßig schaut Pfanner auf der Baustelle nach dem Rechten. Wobei er anmerkt, dass dort alles gut koordiniert sei – vom Finanzchef des Fördervereins, Walter Matzner: „Der kümmert sich ehrenamtlich um die Bauleitung.“Im Neubau gleich hinter dem neuen Besucherparkplatz mit 20 Autound zwei Busstellplätzen sind die Handwerker mit Hochdruck an der Arbeit. Doch es riecht dort nicht nach Baustelle – sondern nach Wald. Pfanner grinst: „Alles Weißtanne“, sagt er stolz. Und fügt an: „Der GartenschauPavillon des Landkreises in Lindau ist aus Fichte.“Wohingegen die Schindeln, die in Bälde die Außenseite des Obergeschosses verkleiden werden, ebenfalls aus Weißtanne seien.
In Pfanners Augen wichtig: Das neue Schulungsgebäude der Versuchsanstalt für Obstbau soll regional verwurzelt sein. Vom Material her, aber auch von heimischen Betrieben gebaut. Was Agthe beim Rundgang durch den Neubau fasziniert: „Hier hat es keine Probleme gegeben, die Aufträge in kürzester Zeit zu vergeben.“Des Rätsels Lösung: Der Förderverein hat schon früh, bereits nach dem Okay der Sigmarszeller Räte zur Bauvoranfrage, die ersten Handwerker und Firmen angefragt und informiert. „Wir werden bauen“, ist Pfanners klare Aussage gewesen.
Natürlich sei später alles ordnungsgemäß durch das Architekturbüro ausgeschrieben worden. „Aber der Zimmerer hat so beispielsweise schon früh gewusst, wie viel Weißtanne er fürs Gebäude besorgen muss“, schildert Pfanner. Das alles wirkt sich auf die Bauzeit aus. Nach dem Startschuss auf Kreisebene im Juli kommt im September die Baugenehmigung vom Landratsamt: Da der Neubau im Außenbereich steht, musste der Förderverein als Bauherr erst einmal nachweisen, dass sein Projekt privilegiert ist, also landwirtschaftlichen Zwecken dient – das ist nach Pfanners Worten gegeben, weil die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf dort wissenschaftlich forscht.
Im Oktober wird die Baugrube ausgehoben. Während dort das in den Hang gesetzte Untergeschoss entsteht, werden die Holzbauwände extern vormontiert. Im Februar richten die Zimmerer diese in kurzer Zeit auf dem Untergeschoss auf. Der hohe lichte Schulungsraum ist doppelt so groß wie der alte Lehrsaal der ehemaligen Obstbauschule. Im Winterhalbjahr sollen dort künftig pro Woche zwei bis drei Weiterbildungen und Veranstaltungen angeboten werden. Daneben gibt es eine Küche, ein Lager unterm Dach und weitere Raumreserven im Untergeschoss. „Das Haus soll auch ein Beispiel sein“, betont Pfanner.
Der Neubau soll aber auch die Forschungsarbeit der Hochschule in Schlachters erleichtern. Denn wer Weiterbildungen in puncto Obstbau absolviert, müsse künftig nicht mehr den alten Gebäudekomplex durchqueren, sich vor rangierenden Maschinen oder Spritzversuchen der Wissenschaftler in Acht nehmen. Und wer Informationsveranstaltungen wie demnächst während der Gartenschau besucht, kann nach Pfanners Worten entspannt über einen barrierefreien Weg zum Beispiel zum Sortenerhaltungsgarten spazieren.
Diese Fläche genießt ohnehin Pfanners besondere Aufmerksamkeit: „Hier wachsen jede Menge alte Kernobstschätze aus ganz Schwaben“, schwärmt er. 250 alte Apfel- und 150 alte Birnsorten sind dort kultiviert worden, werden nun von den Wissenschaftlern beobachtet. Für den Laien stehen die rund 2000 jungen Bäume eng an eng. Pfanner klärt auf: „Sie wollen ja davon Reiser schneiden, um neue Bäume zu ziehen und so die alten Sorten wieder verstärkt in die Gärten und die Landschaft zu bringen.“Da reiche der Platz schon aus. Erste Verhandlungen mit Baumschulen der Region, in denen in vier bis fünf Jahren der „Nachwuchs“der alten Sorten zu haben sein wird, laufen nach Pfanners Worten bereits.
Der Gärtnermeister stoppt an einem der Jungbäume: „Das ist eine alte Westallgäuer Birne“, erzählt er. Die habe das raue Klima im östlichen Kreisgebiet durchaus gut vertragen. Und sei dann als gedörrte Frucht zuckersüß gewesen: „Die hat man früher nicht pur gegessen – damit wurden dann gebacken, weil die Leute ja damals kaum Zucker hatten.“
Pfanner ist stolz, dass mit dem Kernobsterhaltungsgarten in Schlachters eine Art „lebendiges Museum“entstanden ist. Und dass der Neubau in die Endphase geht: Bis Ende April/Anfang Mai soll er fertiggestellt sein. Dann will der Förderverein nicht nur das Biotop am unteren Rand des Hangs wiederherstellen, vielmehr sollen zwischen Schulungsgebäude und Parkplatz auch drei bis vier Schaugärten für die Lindauer Gartenschau entstehen. Etwa in Form eines alten Bauerngartens.
Das alles zusammen macht für den Gärtnermeister und Kommunalpolitiker deutlich: Die alte Obstbauschule in Schlachters ist dann gerüstet für die Zukunft, ob Gartenschau oder künftiger Obstbau.
Ulrich Pfanner, Vorsitzender des Fördervereins der Obstbauschule
in Schlachters
„Hier wachsen jede
Menge alte Kernobstschätze aus
ganz Schwaben.“