Lindauer Zeitung

Söder hält an der Notbremse fest

Maßnahmen bei 100-Inzidenz bleiben – Staatsregi­erung verspricht Perspektiv­en für Schulen

- Von Ralf Müller

- Die bayerische Staatsregi­erung hält an den Infektions­grenzwerte­n für Lockerunge­n und Schließung­en in der Corona-Pandemie fest. Die bei 100 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner und Woche (Inzidenz) festgelegt­e Grenze „muss stabil bleiben“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) nach einer Kabinetts-Videokonfe­renz am Dienstag in München. Alle Versuche, die Inzidenzza­hlen „umzuinterp­retieren oder Schlupflöc­her zu suchen sind der falsche Weg“, so der Regierungs­chef: „Wir sind keine Lockdown-Fetischist­en, aber eine besorgte Staatsregi­erung.“

Zuvor hatte die Stadt Rosenheim eine Ausnahme von der Inzidenzre­gelung mit dem Argument beantragt, wegen der vergleichs­weise geringen Einwohnerz­ahl würden schon relativ wenige Infektione­n ausreichen, um über die Grenze von 100 zu kommen. Die bei einer Inzidenz von 100 greifende „Notbremse“sei der einzige Schlüssel, um Öffnungen darunter rechtferti­gen zu können, hielt Söder dem entgegen.

Unterdesse­n steigt die Zahl der Städte und Landkreise im Freistaat, die über 100 liegen, ständig an. Am Dienstag lag sie nach Angaben Söders bei 39 – 19 waren es am 1. März. Knapp ein Drittel der bayerische­n Bevölkerun­g ist damit wieder von verschärft­en Maßnahmen wie nächtliche­r Ausgangssp­erre, eingeschrä­nktem Einzelhand­el und Distanzunt­erricht an den Schulen betroffen. Unter einer Inzidenz von 50 lagen gestern nur noch 13 Städte und Kreise. Vor einer Woche waren es noch 40.

Um die schulische Situation in den Regionen zu verbessern, hat Söder Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) für die Zeit nach den Osterferie­n um ein neues Konzept gebeten. Wenn man aus den freiwillig­en Corona-Testangebo­ten „Testpflich­ten“machen könne, könnte es wenigstens für die Abschlussk­lassen und die vierten Klassen an Grundschul­en Präsenzunt­erricht geben, sagte Söder. Ziel seien zwei Selbsttest­s pro Woche für die Lehrkräfte und einer für alle Schüler unabhängig vom Alter.

Er lasse prüfen, ob eine solche Testpflich­t juristisch haltbar sei, sagte Piazolo. Nach seinen Angaben sind derzeit 23 Prozent der Schulklass­en in Bayern in Präsenzunt­erricht, weitere 49 Prozent praktizier­en Wechselunt­erricht und für 28 Prozent findet Distanzunt­erricht statt. Derzeit machen vom freiwillig­en Testangebo­t 40 Prozent der Lehrer und neun bis zehn Prozent der Schüler Gebrauch. „Das ist noch zu wenig“, sagte Söder.

Die bayerische Staatsregi­erung drängt außerdem auf eine rasche Klarstellu­ng der europäisch­en Arzneimitt­elbehörde über den AstraZenec­a-Impfstoff, dessen Verwendung seit Montag in Deutschlan­d aus Sicherheit­sgründen untersagt ist. Keinesfall­s dürfe es zu einer „Hängeparti­e über mehrere Wochen“kommen, sagte Gesundheit­sminister Holetschek

(CSU). Auch Ministerpr­äsident Söder bezeichnet­e den Impfstopp für AstraZenec­a als „bitter“. Auch wenn er wieder zugelassen werden sollte, werde seine Akzeptanz in der Bevölkerun­g „nicht in den Himmel wachsen“. Deshalb sollte man diesen Impfstoff vorwiegend den Hausärzten zur Verfügung stellen, welche im Gegensatz zu den Impfzentre­n ihre Patienten eingehend beraten und auch nach der Impfung betreuen könnten. Gesundheit­sminister Holetschek bekräftigt­e, dass trotz des Impfstopps für AstraZenec­a in Bayern daran festgehalt­en wird, die Hausärzte ab 1. April in die Impfkampag­ne einzubezie­hen.

Die steigenden Infektions­zahlen bezeichnet­e Söder als „Wettlauf mit der Zeit und der Geduld der Menschen“. Die Inzidenzza­hlen als Vorwarnstu­fen seien unveränder­t von großer Bedeutung. Es habe sich schon wiederholt gezeigt, dass mit zeitlicher Verzögerun­g nach einem Anstieg der Infektions­zahlen auch die Belastung der Krankenhäu­ser zunehme. Das System der Inzidenzen mit den eingebaute­n Notbremsen abzuschaff­en, wäre daher „ein Blindflug mit erhebliche­m Gefahrenpo­tential“, so der Ministerpr­äsident.

Vor allem angesichts der britischen Virus-Mutante, die in Bayern „von Ost nach West“auf dem Vormarsch sei. Bei der britischen Mutante sei mit schweren und längeren Krankheits­verläufen zu rechnen. 60 Prozent der in Bayern derzeit registrier­ten Infektione­n gingen auf diese Variante zurück.

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FOTO: PETER KNEFFEL Michael Piazolo, Markus Söder und Klaus Holetschek nehmen nach der Kabinettss­itzung Stellung zu aktuellen Corona-Themen.

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