„Politisches Versagen auf ganzer Linie“
Mehrmals verschoben Lift-Betreiber den Saisonstart wegen Corona, nun ist komplett Schluss
- Es waren schlechte Nachrichten für alle Wintersportler: Ende vergangener Woche haben die großen Skigebiete im Allgäu eine Saison offiziell beendet, die wegen der Corona-Krise noch gar nicht begonnen hatte (wir berichteten kurz). Liftbetreiber üben jetzt massive Kritik an der Pandemie-Politik.
Zum Beispiel Thomas Fischer, Betreiber der Skilifte in Balderschwang: Jetzt Personal zu bezahlen, nur um möglicherweise an Ostern einige Tage zu öffnen, sei nicht gewinnbringend, sagt er. Fischer wartet nach eigenen Angaben noch immer auf die Auszahlung der staatlichen Corona-Hilfen: „Politisch ist das ein Versagen auf ganzer Linie.“Fischer sagt, er sei nicht nur enttäuscht, mittlerweile herrschten Frustration und Unverständnis: „Wir haben alles gemacht, was von uns verlangt wurde. Hygienekonzepte und so weiter, solche Auflagen sind für uns mit Kosten verbunden, aber Einnahmen haben wir keine.“
Ähnlich beschreibt Rupert Schön, Betreiber der Eschacher Liftbetriebe in Buchenberg, die Lage: „Wenn wir zu Ostern öffnen, geht es nur noch um den Spaß.“Schwarze Zahlen zu schreiben, sei nicht mehr möglich. „Wir wurden immer wieder nur vertröstet“, sagt er. Falls es für bayerische Liftbetreiber doch noch ein Ende des Lockdowns gebe und die Schneelage passe, würde Schön zwar öffnen. Dies ändere aber nichts an der finanziellen Lage.
In der Hoffnung auf eine Skisaison hatten Schön und seine Frau immer wieder ihr Hygienekonzept angepasst. Auch die Pisten haben sie beschneit, um für einen Start bereit zu sein. Am Ende habe alles nichts gebracht, sagt Schön. „Hätten wir gewusst, dass wir in dieser Saison nie öffnen dürfen, hätten wir uns viel erspart.“ Um laufende Kosten zu decken, habe seine Frau sogar eine Wohnung der Familie verkaufen müssen. Seit 60 Jahren betreibt die Familie den Lift, „aber so etwas haben wir noch nie erlebt“. Schön fühlt sich von der Politik allein gelassen:
„Warum fahren Lifte in Österreich oder im Sauerland in Hessen, aber bei uns in Bayern, wo so viele Menschen vom Tourismus leben, geht es nicht?“, fragt er. „Wir haben uns lange für eine Skisaison für uns und unsere Gäste eingesetzt. Unser Hygiene-Konzept
hatten wir um wichtige Faktoren erweitert. Beispielsweise hätten sogenannte Ranger dafür Sorge getragen, dass die Abstände eingehalten werden und der Mund-NasenSchutz getragen wird“, sagt Henrik Volpert, Vorstand bei den OberstdorfKleinwalsertal-Bergbahnen.
Entspannter ist die Lage mittlerweile am Skilift in Ronsberg. Betreiber Werner Bürgel stand in dieser Saison schon kurz vor dem Aus, doch dann kam die Rettung aus der Bevölkerung der Ostallgäuer Gemeinde: Die Spenden seien ein großer Ansporn gewesen weiterzumachen, vor allem aber retteten sie den Lift in die nächste Saison. „Das hat uns gezeigt, wie viele Menschen doch an unserem kleinen Skilift hängen“, sagt Bürgel. „Auch unsere Einnahmen sind in dieser Saison komplett ausgefallen, der Unterschied ist aber: Wir müssen davon nicht leben, sondern betreiben den Lift als Hobby.“
Trotz der Corona-Regeln waren Skigebiete in diesem Winter gut besucht. Skitouren- und Schneeschuhgeher kamen in Scharen. „Oft waren Hunderte Menschen da, alles lief unkontrolliert ab. Hätten wir mit Hygienekonzept öffnen können, wäre das nicht nur finanziell gut gewesen, sondern auch für die Gesundheit der Menschen“, sagt Bürgel. Dem stimmt Schön zu. Auch jetzt liegt wieder Schnee, das ziehe die Menschen an. Eine Öffnung im Sommer bringe seinem Betrieb nichts.
Anders sieht es da in Nesselwang oder Bolsterlang aus. Hier fahren die Bergbahnen auch im Sommer. Ralf Speck von der Alpspitzbahn in Nesselwang hofft auf eine Öffnung für den Sommerbetrieb ab Ostern. Auch die Hörnerbahn in Bolsterlang soll wieder fahren, sobald es möglich ist. „Entweder mit Skibetrieb, falls genug Schnee liegt, oder für Fußgänger“, sagt Geschäftsführer Wilfried Tüchler.