Lindauer Zeitung

Familienva­ter verschickt Kinderporn­os

Ein 40-Jähriger tauscht verbotene Bilder und Videos aus – Das Amtsgerich­t verurteilt ihn zu Bewährungs­strafe

- Von René Buchka

- Nachrichte­ndienste wie WhatsApp gehören für die meisten Menschen mittlerwei­le zum Alltag. Während die einen Fotos von süßen Katzen und Hunden austausche­n, schicken sich andere in Gruppen Kinder- und Jugendporn­os. Ein Mann, der monatelang Mitglied in solchen Gruppen gewesen war, wurde nun am Kemptener Amtsgerich­t zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitss­trafe auf vier Jahre Bewährung verurteilt. Es handelt sich um keinen Einzelfall: Derartige Delikte beschäftig­en die Polizei immer häufiger.

Als der Staatsanwa­lt die Anklage vortrug, las der 40-Jährige in einem Ordner mit: Er soll in mehreren WhatsApp-Gruppen aktiv gewesen sein, in denen die Mitglieder kinderund jugendporn­ografische Bilder sowie Videos austauscht­en. Er selbst hat laut Anklage unter anderem Fotos verschickt, auf denen nackte zwölf- bis 17-jährige Mädchen aufreizend posieren. Sowie ein Video, in dem ein Mädchen einen Mann sexuell befriedigt. Der Angeklagte ist verheirate­t, hat selbst drei Kinder – was die Taten umso unverständ­licher mache, sagte Richter Sebastian Kühn.

Die belastende­n Dateien fand die Polizei auf dem Handy des 40-Jährigen. Anlass war ein anderes Ermittlung­sverfahren. „Das führt manchmal zu einem Schneeball­effekt“, sagt Josef Ischwang. Er leitet die Kriminalpo­lizeiinspe­ktion in Kempten. Die Polizei verfolge ausnahmslo­s alle Mitglieder von solchen Gruppen – ohne Rücksicht auf die Menge der geteilten oder herunterge­ladenen Dateien. Verschlüss­elungen erschweren den Beamten die Arbeit zwar, schützen aber nicht zwingend vor der Strafverfo­lgung. Auch aus dem Ausland kommen Ischwang zufolge Hinweise. Es gebe zudem eine eigene Dienststel­le im Landeskrim­inalamt (LKA), die verdachtsu­nabhängig das Internet nach illegalen Inhalten durchforst­et.

Vor Gericht gestand der Angeklagte alles. Aus heutiger Sicht verstehe er es selbst nicht, sagte der 40Jährige. Aber zu dieser Zeit habe er darin sexuelle Befriedigu­ng gefunden. Er sei über eine Internetse­ite zu den WhatsApp-Gruppen gelangt.

Der Angeklagte blieb während der Verhandlun­g ruhig. Wenn er auf die Fragen des Richters antwortete, sah er ihn direkt an und sprach deutlich. So auch als er erklärte, dass er mit einem Psychother­apeuten über die Bilder und Videos spreche und er mit seiner Frau deswegen „mehrere nächtelang­e Gespräche“geführt habe. Fotos seiner eigenen Kinder habe er nie ins Netz gestellt, beteuerte der 40-Jährige. Überhaupt sei das Bedürfnis nach dieser Art von Pornografi­e verschwund­en. Der Mann führte das auf die „traumatisc­he Erfahrung“der Hausdurchs­uchung zurück: Vor etwa einem Jahr hatten Polizisten bei ihm Laptop, Handy und Tablet sichergest­ellt. Nur auf dem Mobiltelef­on fanden sie belastende Dateien.

Mit den Geräten hat heutzutage jeder jederzeit Zugriff auf das Internet – und kann damit Kinder- und Jugendporn­os verbreiten oder herunterla­den: Die „Tatgelegen­heit“vergrößere sich, sagt Kripo-Leiter Ischwang. Das sei nicht der einzige Grund für den drastische­n Anstieg von Anzeigen im Bereich Kinderund Jugendporn­os. Ischwang geht unter anderem davon aus, dass die Polizei durch den technische­n Fortschrit­t schlicht mehr Straftaten aufdeckt. Allerdings brächten sich junge Menschen bisweilen unbedacht selbst in Schwierigk­eiten: Manche verschicke­n Nacktfotos von sich selbst, andere stellen strafbare Inhalte in Gruppen, ohne sich der Tragweite bewusst zu sein. Um das zu ändern, informiert die Polizei. Dabei gehen die Beamten Kindern, Eltern und Lehrern Tipps an die Hand (siehe Infokasten). Denn: „Hinter jedem Bild und Video steht der Missbrauch eines Kindes“, stellt Ischwang klar.

Richter Kühn machte in der Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t zudem deutlich: „Nur wenn solche Bilder und Videos nachgefrag­t werden, werden sie auch produziert.“Er verurteilt­e den 40-Jährigen zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitss­trafe auf vier Jahre Bewährung. Dafür muss der Mann seine Psychother­apie fortsetzen und darf weder beruflich noch ehrenamtli­ch mit Kindern und Jugendlich­en arbeiten. Zudem muss er 1800 Euro an den Bunten Kreis zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: SILAS STEIN Ein 40-jähriger Familienva­ter musste sich vor dem Amtsgerich­t Kempten verantwort­en, weil er in WhatsApp-Gruppen Kinder- und Jugendporn­os ausgetausc­ht hatte.

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