Von Palmeseln, Störchen und Oarscheim
Wie Ostern in Bayern gefeiert wird – Die traditionellen Bräuche sind vielfältig
(lby) - Der Glaube an den Osterhasen ist in Deutschland seit 1682 belegt. Auch beim Bundespatentamt in München ist der eierlegende Hase kein Unbekannter. 1894 wurde unter der Nummer 78 395 ein Spielzeug zum Patent angemeldet – „in der Form eines eierlegenden Hahnes oder eines sonstigen Thieres, welches, wie z.B. der Osterhase, im Volksmunde durch geheimnisvolles Eierlegen bekannt geworden ist“. Das Osterfest in Bayern ist mehr als nur die Geschichte rund um die Auferstehung Jesu. Über die Jahrhunderte haben sich viele Bräuche und Rituale erhalten.
Palmboschen:
Im Allgäu findet ein wichtiger Osterbrauch schon zu Anfang der Karwoche statt. So sind zum gestrigen Palmsonntag vielerorts sogenannte Palmboschen gebunden worden – in ovaler oder runder Form. Da im Allgäu keine Palmen oder Oliven wachsen, behilft man sich mit anderen immergrünen Zweigen. Palmboschen, andernorts Palmbuschen genannt, enthalten in der Regel sieben Pflanzen: Buchs, Thuja, Tanne, Fichte, Weidenkätzchen, Eibe und Wacholder. „Wenn sie geweiht sind, bindet man sie im Vorgarten an den Zaun“, sagt die Heimatpflegerin des Landkreises Unterallgäu, Monika Zeller. Die geweihten Palmboschen sollen das eigene Zuhause vor Gefahr schützen.
Palmesel:
Bei der Prozession an Palmsonntagen darf er nicht fehlen. Häufig wird ein hölzerner Esel auf einem Rädergestell von Ministranten mitgezogen, wenn Corona das nicht verhindert. Der Brauch erinnert an den Einzug Jesu auf einem Esel in Jerusalem. Echte Esel liefen teils in früheren Zeiten mit, wurden vielerorts aber wegen ihrer störrischen Natur durch Holzesel ersetzt. Teils wurde der Brauch auch von Kirchenoberen untersagt, da sie darin zu viel Spektakel sahen. Mancherorts wird in der Familie auch der als „Palmesel“verspottet, der am Palmsonntag als letzter aus dem Bett kriecht.
Storch statt Hase:
Auch wenn Kinder wissen, dass Hasen keine Eier legen, sind es dennoch vielerorts die wuscheligen Tiere, die an Ostern die Nester mit bunten Eiern und allerlei Gebäck füllen. Nicht so in einigen Dörfern am Fuße der Rhön in Bayern und Thüringen: Dort bringt seit Jahrhunderten der Storch die Eier – natürlich nicht seine eigenen, sondern die der Hühner. Etwa in Ostheim (Landkreis Rhön-Grabfeld) suchen Kinder das vom Storch gefüllte Osternest in Gärten und Scheunen. Und das nicht erst am Ostersonntag, sondern bereits am Gründonnerstag. „In der Regel um Ostern sind die Störche früher aus Afrika zurückgekommen“, begründet der Heimatpfleger des Landeskreises RhönGrabfeld, Reinhold Albert, die vor allem in evangelischen Ortschaften verbreitete Tradition.
Ostergelächter:
Fasten ist vorbei – es darf gelacht werden. Vor allem im Spätmittelalter versuchte der Pfarrer in seiner Predigt, die Gemeinde mit einer Geschichte zum Lachen zu bringen. Das Osterlachen (lat. risus paschalis) ist kein offizielles Element des katholischen Gottesdienstes. Auch heute gibt es aber einige Gemeinden in Bayern, in denen die Geistlichen dieses Brauchtum pflegen.
Eierschieben:
Beim Oarscheim, auf hochdeutsch: Eierschieben, geht es für die Ostereier auf die schiefe Bahn. Sie kullern über eine Schräge – die Stiele von zwei parallel verlaufenden Rechen oder eine abschüssige Wiese – und werden dabei als eine Art Boccia-Kugeln eingesetzt. Auf jedes Ei, das in der Wiese liegt, wird ein Geldstück gelegt. Wessen Ei die Münze von einem anderen Ei schubst, der darf das Geld behalten.
Gewonnen hat, wer die meisten Münzen hat.
Kräutelsuppe:
In traditionsbewussten katholischen Familien wird am Gründonnerstag die grüne Kräutelsuppe – oder Kräutlsuppe – gegessen. Nach altem Rezept kommen neben Kartoffeln oder anderem Gemüse etwa Kerbel, Bärlauch, Brunnenkresse und Schnittlauch, aber auch Sauerampfer, Schafgarbe und sogar Gänseblümchen in den Kochtopf.
Karfreitagsprozession:
Jährlich strömen am Karfreitag etwa 10 000 Menschen ins unterfränkische Lohr am Main, um die beeindruckende Karfreitagsprozession zu sehen. Die Darstellung geht vom letzten Abendmahl bis zum toten Christus im Grab. Dazu werden normalerweise 13 lebensgroße Holzfiguren schweigend durch die Gassen der historischen Innenstadt getragen. Etwa 600 Menschen wirken jährlich bei dem Umzug mit, vor allem Handwerker, Vertreter des Stadtrats sowie Kleriker und Ministranten. Am Ende der Prozession wird traditionell auf dem Kirchplatz gebetet. In diesem Jahr soll es dort eine Andacht geben – die Prozession fällt coronabedingt aus. Der 1658 erstmals urkundlich erwähnte Umzug gilt als der älteste im deutschsprachigen Raum. Auch anderswo gibt es normalerweise Karfreitagsprozessionen, etwa im oberfränkischen Neunkirchen am Brand oder in Bamberg.