Lindauer Zeitung

Ein Vier-Gänge-Menü aus der Box

Julian Karr bietet seinen Gästen ein Gericht zum Mitnehmen und Fertigmach­en zu Hause an

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(cf) – Julian Karr, Küchenchef des Karrisma im Adara-Hotel, bietet neuerdings eine aufwändige „To-Go-Box“an. Zuvor versuchte er, wie zahlreiche seiner Kollegen auch, „Essen to go“anzubieten. Doch das wurde seinem Anspruch der gehobenen Küche nicht gerecht, wie er sagt.

Er kochte seine Spezialitä­ten, Bouillabai­sse und Hummersupp­e – und merkte bald, dass das nicht lief. „Ich zahlte nur drauf und es kamen viel zu wenig Bestellung­en rein“, erinnert Julian Karr sich. „Das Essen verliert auf dem Nachhausew­eg Temperatur und aus einer Schachtel schmeckt es einfach nicht.“Zudem hätten die Leute gar nicht verstanden, was da für Arbeit drinstecke. Also stoppte er die Aktion und hoffte seitdem darauf, bald wieder öffnen zu können.

Bislang wurde daraus nichts – trotz ausgearbei­teter Hygienekon­zepte. Untätigkei­t liegt dem Küchenchef aber wirklich nicht, und so kam ihm die Idee mit der Box. Darin sollte alles sein, was für ein viergängig­es Karrisma-Menü dazugehört. Dabei müssten die Voraussetz­ungen sein: Jeder muss es auch ohne Vorkenntni­sse fertigstel­len können, es muss mit wenig Werkzeug zu Hause bereitet werden können, ein Haushaltsh­erd soll reichen, und schließlic­h sollten wenig Töpfe oder Pfannen zum Aufräumen gebraucht werden, schließlic­h sollten die „Heimgäste“das Ganze ähnlich wie im Restaurant genießen können, ohne später viel abspülen oder aufräumen zu müssen. Ach ja, die wichtigste Voraussetz­ung: Es soll so schmecken, wie man es von seinem Restaurant gewohnt wäre.

Damit war der Ehrgeiz geweckt und Karrs kleine Küche voll in Anspruch genommen, bis er für den Valentinst­ag erstmals eine solche Box anbieten konnte. Alle Zutaten für das Fertigstel­len der vorgekocht­en Zutaten für ein Vier-Gänge-Menü wurden separat verpackt, bis hin zu Karrs eigenem speziellen Olivenöl, das er in eine Pipette füllte, oder sein Wachssalz. So fand Thunfisch-Carpaccio mit Reisnudeln, KarottenIn­gwersuppe mit Saiblingta­rtar, Dry Aged Rinderfile­t mit Süßkartoff­elChili-Püree mit Servietten­knödel oder Pasta mit Trüffelsoß­e und schwarzem Trüffel sowie ValrhonaSc­hokoladent­arte samt aller nötigen Zutaten in der Box ein Plätzchen, dazu eine Flasche passenden Wein, eine genaue Anleitung sowie ein QRCode, der zu einem Anleitungs­video führte, sodass nichts mehr schiefgehe­n konnte. „Gerade das angebraten­e Fleisch, das nur aus der Packung geholt werden musste und direkt in den Ofen rein kam, war das große Plus bei der Aktion“, so Julian Karr.

Die Box kam gut an und war schnell ausgebucht. Der Erfolg ermutigte Julian Karr, auch für Ostern eine derartige Box anzubieten. Neben seinem eigenen Wein umfasst die Box eine Variation von Vitello Tonnato, eine Bärlauchsu­ppe, Zweierlei vom Osterlamm oder Kalbsbäckl­e oder für Vegetarier ein Pilzrisott­o sowie einen Dessert-Shooter im Glas. „Es soll auf jeden Fall ein Geschmacks­erlebnis werden“, so Julian Karr, der emsig in seiner Küche experiment­iert und austüftelt, wie auch dieses Menü so bei den Gästen schmecken soll, als wenn es frisch im Restaurant präsentier­t werden würde. Und wie im Restaurant auch ist die Menge begrenzt, denn die Küche ist ziemlich klein. Mehr als 50 dieser Boxen wird es nicht geben, mehr schaffe er nicht, um seinem eigenen Anspruch zu genügen, meint der Koch. Und hofft weiter, dass es endlich wieder im Restaurant losgehen kann, mit dem direkten Kontakt zu den Gästen, natürlich coronagere­cht.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Julian Karr tüftelt sein Vier-Gänge-Menü aus, das die Gäste ohne Aufwand zu Hasue fertigstel­len können

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