„Das wäre ein Schlag ins Gesicht“
Spitalhof Kempten: Der landwirtschaftlichen Lehr- und Versuchsanstalt drohen die Kurse und die Forschung wegzubrechen
- Verliert der Spitalhof in Kempten seine Melkerschule und seine Grünlandforschung? Damit wäre die „Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung und Grünlandwirtschaft“, wie das Anwesen im Osten der Stadt offiziell heißt, nur noch ein ganz gewöhnlicher Bauernhof. Die Gefahr des Wegbrechens der Ausbildung des bäuerlichen Nachwuchses
Der Spitalhof in Kempten ist seit 1918 Ausbildungsstätte für die Milchviehhaltung im Allgäu . Seit 1997 wird der landwirtschaftliche Betrieb des Milchwirtschaftlichen Vereins Bayern (Kempten) für die überbetriebliche Aus- und Fortbildung im Rahmen einer Kooperation genutzt. Die regionalen Gegebenheiten des Allgäus bestimmen die Futtererzeugung für die Milchviehhaltung und fließen in
und der Versuche für Futter und Düngung besteht. Denn die Verhandlungen über einen neuen Vertrag zwischen dem Besitzer des Spitalhofes, dem Milchwirtschaftlichen Verein Bayern, und dem Betreiber der Einrichtung, den Bayerischen Staatsgütern, scheinen völlig festgefahren zu sein.
Wie immer bei Vertragsverhandlungen, dreht sich vieles ums Geld. Um wie viel, sagt keine der beteiligten Seiten. Aber über eine Laufzeit
Ausbildung und Forschung ein. Im Stall des Spitalhofes stehen derzeit 108 Stück Vieh. Das Angebot von etwa 40 Lehrgängen pro Jahr umfasst unter anderem Grund- und Schwerpunkt-Seminare für die Grünlandwirtschaft, Tierhaltungskurse für Alppersonal und Seiteneinsteiger und Melkkurse für Hauswirtschafterinnen. Pro Jahr besuchen etwa 800 Lehrgangsteilnehmer die Kurse am Spitalhof. von zehn Jahren müssten es mehrere Millionen Euro sein. Außerdem bestehen unterschiedliche Auffassungen über die Zukunft des Spitalhofes. Der Milchwirtschaftliche Verein möchte einen neuen Stall für die derzeit 108 Stück Vieh bauen, sagt Geschäftsführer Clemens Rück. Und auch Fragen des ökologischen Wirtschaftens und der Heumilchproduktion sollen mehr in den Blickpunkt der Forschung geraten. Dagegen wollen die Bayerischen Staatsgüter, die dem Landwirtschaftministerium unterstellt sind, Kosten sparen und „die Rinderhaltung an unseren Standorten verdichten“, sagt Dr. Hermann Lindermayer, Leiter der Staatsgüter.
Ähnlich fällt die Stellungnahme aus, die unsere Redaktion auf Anfrage vom Landwirtschaftministerium erhalten hat. Dessen stellvertretender Sprecher Martin Hecht schreibt: „Leider stellen wir fest, dass die Belegungszahlen für die überbetriebliche Ausbildung in den letzten Jahren stagnierend bis rückläufig sind. Dies hatte auch der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Prüfbericht zur Aus- und Fortbildung bereits angemerkt. Für die überbetriebliche Ausbildung (Melk- und Tierhaltungskurse) stehen in Bayern neben dem Spitalhof vier weitere Einrichtungen zur Auswahl. Damit können alle Anforderungen an die Ausbildung erfüllt werden.“
Die Zeit drängt. Denn der alte Vertrag aus dem Jahr 2010 ist Ende 2020 ausgelaufen. Weil seit über zwei Jahren keine Einigung für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit zustande kommt, wurde der alte Vertrag zwar um ein paar Monate verlängert. Diese Frist läuft aber Ende März ab.
„Wenn der Spitalhof die Melkerschule und die Grünlandforschung verliert, wäre das eine Katastrophe, ein Schlag ins Gesicht – nicht nur für die Bauern in der Region, sondern auch für den Milchstandort Allgäu“, sagt Dr. Leopold Herz, selbst Landwirt in Wertach (Oberallgäu) und Abgeordneter der Freien Wähler im Bayerischen Landtag. Dort ist er Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses. Kann er in dieser Funktion nicht Einfluss nehmen auf die Vertragsverhandlungen? „Ich habe in dieser Sache eine schriftliche Anfrage gestellt ans Landwirtschaftsministerium, aber noch keine Antwort erhalten“, kritisiert Herz indirekt Ministerin Michaela Kaniber (CSU). Auch Alfred Enderle, Präsident des Schwäbischen Bauernverbandes und wie Herz Landwirt in Wertach, hat wegen des Spitalhofes schon vor Monaten ans Ministerium geschrieben. Bisher ebenfalls ohne Resonanz. „In der Melkerschule werden nicht nur die jungen Bauern ausgebildet, sondern auch die Seiteneinsteiger. Das ist für uns ganz wichtig, weil immer mehr Vollerwerbsbetriebe aufgeben“, erläutert Enderle. Außerdem laufen im Spitalhof regelmäßig Alpwirtschaftskurse, die gerade für das Allgäu wichtig sind. Deshalb ist für Enderle „der Spitalhof ohne die Tierhaltungsschule undenkbar“.
Thomas Kreuzer aus Kempten, CSU-Fraktionsvorsitzender im Landtag, hat schon mehrere Gespräche mit beiden Seiten geführt. Er gibt sich optimistisch: „Ich erwarte kein Scheitern der Vertragsverhandlungen.“