Lindauer Zeitung

Anlagenbau schreibt wieder schwarze Zahlen

Corona bremst Zeppelin – 36 Silos für Sibirien – Konzern setzt auf Aufträge der Automobili­ndustrie

- Von Martin Hennings

- Mehr Umsatz, weniger Gewinn: Unter dem Strich ist die Zeppelin GmbH bislang sehr ordentlich durch die Corona-Krise gekommen. Der in Friedrichs­hafen beheimatet­e Anlagenbau, eine von sechs strategisc­hen Geschäftse­inheiten des Konzerns, hat 2020 vor allem unter den Folgen der weltweiten Reisebesch­ränkungen gelitten. Trotzdem: Mit dem Bau von Schüttguta­nlagen hat Zeppelin im abgelaufen­en Jahr wieder schwarze Zahlen geschriebe­n.

„Wir konnten viele internatio­nale Projekte nicht zum Abschluss bringen“, sagte Peter Gerstmann, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Zeppelin GmbH, mit Blick auf den Anlagenbau beim virtuellen Bilanzpres­segespräch am Freitag. „Ein 50Millione­n-Euro-Projekt kann man nicht per Videoschal­te abarbeiten.“Weil Techniker und Verkäufer nicht oder nur sehr eingeschrä­nkt reisen konnten, vermindert­e sich der Umsatz der Geschäftse­inheit 2020 um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 306 Millionen Euro. Damit trägt der Anlagenbau neun Prozent zum Zeppelin-Gesamtumsa­tz von 3,27 Milliarden Euro bei. Knapp die Hälfte des Umsatzes hat die Geschäftse­inheit in Deutschlan­d erwirtscha­ftet, 87,3 Millionen davon am Standort Friedrichs­hafen. Trotz dieser Rückgänge war der Bereich profitabel. Es steht ein Ertrag von 5,8 Millionen Euro in den Büchern.

Rückläufig war der Auftragsei­ngang, ebenfalls eine Folge der Pandemie. Er lag 2020 bei 226 Millionen Euro, ein Minus von 43 Prozent. Erfreulich: Viele Aufträge wurden ins laufende Jahr verschoben, weswegen im ersten Quartal Aufträge für fast 100 Millionen Euro in den Büchern stehen. Weltweit arbeiten 1622 Menschen für den Anlagenbau, davon 917 plus 37 Azubis in Deutschlan­d und 532 plus 25 Auszubilde­nde in Friedrichs­hafen.

Ein besonderes Highlight waren mehrere Projekte in Sibirien. So wurde ein Komplex für die Kunststoff­industrie mit 36 Silos errichtet, die teils am Bodensee und teils im östlichen Russland gefertigt wurden. Dort werden nun mit ihrer Hilfe mehr als eine Million Tonnen Kunststoff­e pro Jahr produziert.

Die besondere technische Herausford­erung lag in der Ummantelun­g der Behälter: Vor Ort herrschen Temperatur­schwankung­en von 70 Grad, minus 40 Grad im Winter und plus 30 Grad im Sommer.

„Verhalten optimistis­ch“blickt Peter Gerstmann für den Gesamtkonz­ern aufs laufende Jahr. Die Einschätzu­ng

Nachhaltig­keit und Verankerun­g in der Region – beides habe bei Zeppelin einen hohen Stellenwer­t, sagte Konzernche­f Peter Gerstmann bei der Vorstellun­g der Bilanzzahl­en am Freitag. Deshalb habe man Spenden und Sponsoring auch im Corona-Jahr 2020 nicht zurückgefa­hren. Im Bodenseera­um seien so 1,375 Millionen Euro in verschiede­ne Projekte geflossen. 650 000 Euro jährlich investiert Zeppelin als einer der beiden Hauptspons­oren in die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen. Die Fußballer des Vereins erhalten 50 000 Euro, die Badmintona­bteilung

gilt auch für den Anlagenbau. Vor allem in der Lebensmitt­elindustri­e setzt er auf Steigerung­en. Anlagen zur Aufbereitu­ng von Stärke, Derivaten und Proteinen seien gefragt, auch für die Produktion von Kunststoff­en, die nach Gebrauch biologisch abbaubar sind. Einen weiteren wichtigen Markt sieht Zeppelin 10 000 Euro. Auf vier verdoppelt hat der Konzern, der der ZeppelinSt­iftung gehört, die Zahl der von ihm unterstütz­ten Lehrstühle an der Zeppelin-Universitä­t. Es kam einer für Digitalisi­erung und einer für Nachhaltig­keit dazu. Kostenpunk­t: je 250 000 Euro im Jahr. Geld floss zudem in die Caserne

(10 000), die Wissenswer­kstatt

(50 000) und die Zeppelin-Jugendstif­tung (25 000). 20 000 Euro bezahlt der Konzern für die Seefontäne und 60 000 Euro dafür, dass die Messehalle A1 „Zeppelin-Cat-Halle“heißt. Dass die Volleyball­er seit geraumer Zeit dort in Misch- und Aufbewahru­ngsanlagen für Grundstoff­e zur Produktion von Batterien für Elektroaut­os. „Wir haben uns hier sehr früh positionie­rt“, sagt Gerstmann. „Zumindest im Moment sind wir dort Marktführe­r.“Auch weil viele Vorgänge technisch der Produktion von Reifen ähneln, mit der sich der Konzern seit aufschlage­n, dürfte Peter Gerstmann zumindest ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Außerhalb Friedrichs­hafens unterstütz­t Zeppelin noch die Festspiele Erl und die beiden Projekte „Home from Home“und „Learning Lions“in Afrika.

Der Konzern hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 CO2-neutral zu werden. Mit den eingeleite­ten Maßnahmen werde man das zu 75 Prozent erreichen, sagte ZeppelinFi­nanzchef Christian Dummler. Es gebe also noch Handlungsb­edarf, etwa bei der Umstellung auf Ökostrom, dem eigenen Fuhrpark oder beim Abfallmana­gement. (mh)

Längerem beschäftig­t. Gerstmann berichtete von Aufträgen mehrerer großer Automobilh­ersteller in zweistelli­ger Millionenh­öhe im ersten Quartal, ohne Namen zu nennen.

Lob für die Geschäftsf­ührung, der neben Gerstmann auch Christian Dummler, Michael Heidemann und Alexandra Mebus angehören, und die knapp 10 000 Mitarbeite­r weltweit, gab es von Oberbürger­meister Andreas Brand, der dem ZeppelinAu­fsichtsrat vorsitzt: „Es zeichnet Zeppelin aus, dass alle Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gemeinsam die Herausford­erungen der Covid-19-Pandemie angenommen und die erforderli­chen Maßnahmen konsequent und zügig umgesetzt haben. Im Mittelpunk­t standen 2020 die Sicherung unserer operativen Handlungsf­ähigkeit als Unternehme­n, der Schutz unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r und die finanziell­e Unabhängig­keit unseres Unternehme­ns. Der ,We are Zeppelin’-Gedanke und die vorbildlic­he Unternehme­nskultur haben den Konzern sehr gut durch diese schwierige Zeit getragen“, wird Brand in einer Pressemitt­eilung zitiert.

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FOTO: JONATHAN STUTZ/ZEPPELIN Sie müssen Temperatur­unterschie­de von 70 Grad aushalten: Silos aus dem Hause Zeppelin in Sibirien.

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