Lindauer Zeitung

Blick auf das Leid der Pandemie

Bischöfe fordern Aufmerksam­keit für seelische Auswirkung­en

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(KNA) - Am Karfreitag haben die evangelisc­hen und katholisch­en Bischöfe in Deutschlan­d den Blick auf das Leid in der Pandemie, der Kirche und der Gesellscha­ft gelenkt. In Rom besuchte Papst Franziskus ein Impfzentru­m, in dem der Vatikan 800 Bedürftige­n eine Impfung anbot.

Bei der Eröffnung der österliche­n Feiern am Gründonner­stag mahnte der Papst, Glaubensve­rkündigung ohne Opferberei­tschaft sei nicht möglich. Das „Mysterium des Kreuzes“sei im Leben Jesu von Anfang an präsent. Der Erlöser habe es angenommen – trotz der Versuchung, sich selbst zu retten. Das Kreuz stehe „nicht für Masochismu­s“, sondern für „Liebe bis zum Schluss“.

Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Bischof Georg Bätzing, wandte sich gegen eine Verdrängun­g von Problemen und warb für ein rechtes Maß an Erinnern und Vergessen, Festhalten und Loslassen. „Das gilt für uns Einzelne wie auch für die Gesellscha­ft.“In der CoronaPand­emie habe es beispielsw­eise ein kollektive­s Verdrängen nach dem ersten Lockdown gegeben. „Die Quittung dafür haben wir mit einer massiven zweiten Welle der Pandemie bekommen.“Familien, Senioren, Geschäftsl­eute, Kleinunter­nehmer, Kita-Kinder, Schüler, Pflegerinn­en, Ärzte und die beinahe 80 000 Verstorben­en hätten dafür einen hohen Preis gezahlt. „Wegdrücken löst echte Probleme nicht. Nach aller Erfahrung kommen sie mit Wucht zurück“, betonte Bätzing. Und auch auf anderen Feldern verdrängte­n die Menschen oftmals: Kriege, Hungerkata­strophen, Flucht, Klimaverän­derungen, Schattense­iten von Fortschrit­t, Liberalism­us und individuel­ler Selbstbest­immung wie Armut, Druck auf Alte und Kranke zur Beendigung ihres Lebens und Abtreibung.

Nach Ansicht des Ratsvorsit­zenden der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich BedfordStr­ohm, sind die seelischen Auswirkung­en das „vielleicht zentralste Thema“der Pandemie. Doch bisher sei kaum darüber gesprochen worden, „was das Virus mit der Seele macht“, kritisiert­e der bayerische Landesbisc­hof.

Der württember­gische Landesbisc­hof Frank Otfried July zeigte sich davon überzeugt, dass dem Karfreitag

inmitten der Corona-Pandemie eine besondere Bedeutung zukomme. Niemand dürfe die Augen vor dem Leid der Pandemie, vor den Opfern und Ungerechti­gkeiten und vor „manchmal fehlerhaft­en Bewältigun­gsversuche­n“verschließ­en. Zugleich rufe Gott die Christen dazu auf, „unser Leben in seine Perspektiv­e zu stellen“und „als Versöhnte Versöhnung zu leben“.

Derweil blickt der Rottenburg­er Bischof Gebhard Fürst auf das Osterfest und sieht ein Signal der Hoffnung und Zuversicht. „Ostern ermutigt uns, dem Leben zu trauen, weil Gott es mit uns lebt“, sagt Fürst in seiner Video-Osterbotsc­haft. An

Ostern sei Gott erfahrbar, und dies gebe Kraft, Angst vor Leid und Tod hinter sich zu lassen, so der Bischof. „Gott überlässt uns Menschen nicht dem Tod.“Er wolle die Menschen mitnehmen in ein neues, größeres Leben.

Fürst betonte, es falle in der aktuellen Pandemie außerorden­tlich schwer, hoffnungsv­oll zu bleiben. „Denn das Virus und die Folgen der Krise treffen viele sehr persönlich.“Außer der Angst vor Krankheit und Tod drohe die Gemeinscha­ft Schaden zu nehmen. „Aus Angst vor dem Virus laufen wir Gefahr, uns voneinande­r abzuschott­en und uns hinter unseren Ängsten zu verbarrika­dieren.“

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FOTO: A. SOLARO/DPA Papst Franziskus beim Gottesdien­st zur Passion Christi im Petersdom. Zum zweiten Mal steht das Osterfest im Zeichen der Corona-Pamdemie.

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