Opfer Pistole in den Mund gesteckt
Eifersüchtiger Ehemann misshandelt und demütigt Arbeitskollegen seiner Frau
- Das kommt auch nicht alle Tage vor: Ein Angeklagter muss sich im Gerichtssaal die Straftaten, die ihm zur Last gelegt werden, noch einmal anschauen – denn er hatte sie detailliert mit dem Handy gefilmt. Auf den Videos ist zu sehen, wie er einen Mann mit dem Fuß ins Gesicht tritt, ihn nötigt, Kokain zu schnupfen, ihm eine geladene Pistole in den Mund steckt, ihn mit dem Tode bedroht, ihn auf dem Boden kriechen und bellen lässt wie einen Hund und ihn zwingt, Katzenfutter zu essen. Aufgrund der erdrückenden Beweislast gibt der 39-jährige Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts Kempten die Taten zu und entschuldigt sich auch beim Opfer.
Die Grausamkeiten waren im September 2020 in Füssen passiert. Der aus Bosnien stammende 39-jährige Familienvater hegte den Verdacht, seine Frau habe ein Verhältnis mit einem ihrer Arbeitskollegen, einem 26-jährigen Ostallgäuer. Als die Frau mit ihren drei Kindern über Nacht bei ihren Eltern ist, sieht der Eifersüchtige, dass sie ihr Handy vergessen hat. Er benutzt es, um dem 26Jährigen per Chat vorzuspielen, er sei seine Frau und lade ihn nach Hause ein. Sie sei einsam und ihr Mann nach Tirol gefahren...
Tatsächlich begibt sich der 26Jährige nach anfänglichem Zögern, weil es schon 23 Uhr ist, zu der Wohnung. Dort erwartet ihn aber nicht die Kollegin, sondern deren Ehemann
– mit einer Pistole in der Hand, die er vor den Augen des Gastes durchlädt. Obwohl das Opfer versichert, er habe kein Verhältnis mit der Frau und habe nur auf ein Bier vorbeischauen wollen, nötigt ihn der Bosnier, sich auf die Couch zu setzen. In den folgenden eineinhalb Stunden kommt es dann zu den Schlägen und Demütigungen, die in den Videoaufnahmen zu sehen sind. Das Opfer verspürt angesichts der geladenen Pistole Todesangst und lässt alles über sich ergehen.
Mehrmals an diesem Abend konsumiert der Bosnier laut Aussage des 26-Jährigen Kokain und zwingt auch ihn einmal dazu. Am Ende kommen noch zwei Freunde des Ehemannes. Denen zeigt er, dass er jetzt einen Haushund habe. Dann lässt er das Opfer ziehen, das tags darauf seinen Peiniger anzeigt. Es kommt zur Festnahme des Bosniers, der seither in Untersuchungshaft sitzt. Die Polizei beschlagnahmt die Waffe und das Handy der Frau.
Staatsanwalt Sebastian Murer listet auf, wie die Handlungen des Angeklagten juristisch zu werten sind: Freiheitsberaubung, Nötigung, gefährliche Körperverletzung, unerlaubte Überlassung von Betäubungsmitteln und unerlaubter Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe. Vorsitzender Richter Christian Roch ergänzt, es sei noch zu prüfen, ob das zwanghafte Eindringen der Waffe in den Mund und die Aufforderung, an der Pistole Oralverkehr zu simulieren, den Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllt. Der Prozess wird fortgesetzt.