Lindauer Zeitung

Müssen Gläubige für die Osterbotsc­haft in die Kirche?

-

(jule/roi) - In der Corona-Krise gilt es immer wieder, abzuwägen und neu zu entscheide­n, was der richtige Weg ist. Das gilt für die Politik, aber auch für die Gesellscha­ft und jeden Einzelnen. Doch auf der Suche nach dem richtigen Weg gibt es nicht immer nur die eine absolute

Neben Gottes Wort, dem Glauben und dem Gebet ist die Gemeinscha­ft ein wichtiger Grundwert des christlich­en Glaubens. Wenn man in eine Kirche geht, dann begibt man sich bewusst in einen sakralen Raum, geht raus aus der weltlichen Umgebung.

Man sieht den gewohnten

Pfarrer und die anderen Mitglieder der Kirchengem­einde. Das ist etwas ganz anderes als zu Hause auf dem Sofa. Wir bieten ja auch Online-Gottesdien­ste an für diejenigen, die lieber daheimblei­ben. Aber die älteren Gemeindemi­tglieder sind da oft abgehängt. Klar, für die gibt es Fernsehgot­tesdienste, aber das ist dann ein durchgesty­lter Gottesdien­st in einer fremden Kirche mit einem fremden Pfarrer. Das hat mit Gemeinscha­ft

ANZEIGEN Wahrheit. Deshalb ist es wichtig, dass man im Gespräch bleibt, darüber diskutiert und Argumente austauscht. Ein wichtiges Streitthem­a war in den Tagen vor Ostern die Frage, wie Gottesdien­ste in Pandemie-Zeiten aussehen sollten. Wir haben zwei Menschen gefunden,

nichts zu tun. Man ist ausgegrenz­t. Man konsumiert den Gottesdien­st zwar, man feiert ihn aber nicht mit. Wenn ich mir einen Film über Australien ansehe, dann war ich ja auch noch lange nicht vor Ort, dann hab ich das Land nicht erlebt. Ich bekomme von vielen Gemeindemi­tgliedern mit, dass sie die Gottesdien­ste in ihrer Kirche wirklich vermissen. Und wir haben ja auch super Hygienekon­zepte. Alle haben zwei Meter Abstand, tragen FFP2Masken, es darf nur eine bestimmte Anzahl in die Kirche, und man darf nicht mitsingen. Das ist eh schon alles anders. Aber die Menschen haben trotzdem das Gefühl, sie gehören dazu. Sie erleben die Gemeinscha­ft.

Ddie der Glaube vereint, die dazu aber unterschie­dliche Meinungen haben: den evangelisc­hen Pfarrer Jörg Hellmuth (St. Verena) und Michael Brandt, Vertrauens­mann des Kirchenvor­stands der evangelisc­hen Gemeinde St.-Stephan-Christuski­rche.

ie Bitte der Bundeskanz­lerin und der Ministerpr­äsidenten, auf Ostergotte­sdienste zu verzichten, habe ich gut verstanden. Dass verschiede­ne Kirchenver­treter so ablehnend reagiert haben, hat mich geärgert. Ich finde, dass die Kirche bisher in der CoronaKris­e doch recht gut weggekomme­n ist. Das im Grundgeset­z verankerte Recht auf Religionsf­reiheit und – ausübung wurde gewahrt. Wenn ich jetzt aber sehe, dass Intensivme­diziner eindringli­ch bitten, in den Lockdown zu gehen, weil sie sich sorgen, zu wenig Kapazitäte­n für schwerkran­ke Menschen zu haben, dann hätte ich es als gutes Zeichen gesehen, wenn die Kirchen der Bitte der Politiker entsproche­n hätten. Ebenso wie Kulturscha­ffende und all die anderen

Menschen, die derzeit zurückstec­ken müssen.

Es ging ja nicht um eine grundsätzl­iche Einschränk­ung von Gottesdien­sten, sondern nur um dieses eine Osterfest. Natürlich brauchen die Mensen schen gerade in diesen Zeiten Hoffnung und kirchliche­n Beistand. Aber diese Botschaft kann ich in der Krise auch digital übermittel­n. Wir wissen doch inzwischen, wie es geht. Jesus ist es nicht wichtig, wo Menschen Gott anbeten. Er ist nicht gebunden an bestimmte Versammlun­gen oder Gebäude. Wichtig ist ihm einzig das Wie, also im Geist. Und der findet sich überall und ist auch nicht nur auf eine Religion fixiert.

 ??  ?? Vertrauens­mann des Kirchenvor­stands Michael Brandt
Vertrauens­mann des Kirchenvor­stands Michael Brandt
 ??  ?? Evangelisc­her Pfarrer
Jörg Hellmuth
Evangelisc­her Pfarrer Jörg Hellmuth

Newspapers in German

Newspapers from Germany