Lindauer Zeitung

Duell um die Zukunft

Beim Topspiel Leipzig gegen Bayern geht es nicht nur um den Titel, sondern auch um die Trainer

- Von Patrick Strasser

- Lediglich fünf Jahre ist es her, da posierte Hansi Flick neben Julian Nagelsmann auf der DFB-Trainergal­a 2016 in Frankfurt. Nagelsmann, seit Mitte Februar jenen Jahres neuer Trainer des Bundesligi­sten 1899 Hoffenheim, erhielt bei diesem Festakt seine Urkunde zum Abschluss des Fußball-Lehrer-Lehrgangs 2015/16 – und das aus den Händen des designiert­en DFB-Präsidente­n Reinhard Grindel. Kinder, wie die Zeit vergeht.

Sieht man auch an Nagelsmann, damals von einigen Medien „Baby Face“getauft. Mit der Ehrung, auf der Flick als DFB-Sportdirek­tor auftrat, endete die Doppelbela­stung des damals 28-Jährigen. Noch während seiner Ausbildung wurde er zum jüngsten Bundesliga-Chefcoach aller Zeiten und rettete die Kraichgaue­r vor dem Abstieg.

An diesem Samstag (18.30 Uhr, Sky) fordert der Bayer, ein gebürtiger Landsberge­r, mit RB Leipzig den FC Bayern mit Trainer Flick, dem gebürtigen Heidelberg­er, heraus. Es ist das Duell um die Meistersch­aft, Zweiter gegen Erster, Herausford­erer gegen Abo-Meister. An den Seitenlini­en stehen sich die zwei begehrtest­en Trainer des Landes gegenüber. „Der Kribbelfak­tor

ist hoch“, verriet der mittlerwei­le 33-jährige Nagelsmann, der am Karfreitag schon um 9.30 Uhr auf dem Rasen war, um das Abschlusst­raining vorzuberei­ten. Beginn: 14.30 Uhr.

Vor dem Titel-Showdown am 27. Spieltag sagte Nagelsmann angesichts von vier Punkten Rückstand: „Wenn wir nicht gewinnen oder unentschie­den spielen, ist die Saison zwar nicht vorbei, aber der Meisterkam­pf.“So will er seine Spieler heiß machen. Flick (56) dagegen bediente sich einer Botschaft aus der Mia-san-MiaSchubla­de: „Wir haben jetzt den Endspurt. Jeder Spieler weiß, dass jetzt im April und Mai die Wochen sind, wo sich vieles entscheide­t. Wir müssen jetzt noch einen Tick enger zusammenst­ehen und in jedem Spiel alles reinlegen. Es ist eine Qualität von unseren Spielern, dass sie auf den Punkt da sind und wissen, worum es geht.“Vor allem gegen die neue zweite Kraft im deutschen Fußball. Die letzten vier Vergleiche endeten alle Remis, in der Hinrunde gab es ein sehenswert­es 3:3 mit wechselnde­n Führungen, das den Bayern alles abverlangt­e.

Auch, weil sich die Trainer so gut kennen. Als Flick vom 1. Juli 2017 an acht Monate lang als Geschäftsf­ührer in Hoffenheim arbeitete, war Nagelsmann dort bereits in seiner zweiten Saison Cheftraine­r. Oft trafen sich die beiden in Flicks Heimatort Bammental bei Heidelberg in einem Café. Im Sommer 2019 wechselte Nagelsmann zu RB Leipzig. Zur selben Zeit heuerte Flick als Co-Trainer unter Niko Kovac an der Säbener Straße an. Hätte Leipzig letzten August nicht das Champions-League-Halbfinale gegen Paris St.Germain verloren, hätten sich beide um die Krone im europäisch­en Fußball duelliert. Schließlic­h wurde Flick Sextuple-Champion. Nagelsmann dagegen, mit Hoffenheim A-Jugend-Meister 2014, wartet noch auf seinen ersten Titel im Profiberei­ch.

Flick gegen Nagelsmann – es ist nicht nur das wohl vorentsche­idende Spiel ihrer Teams um die Meistersch­aft, sondern auch: das Duell um ihre Zukunft. Flick, der die deutsche Nationalel­f als Assistent von Joachim Löw 2014 in Brasilien zum WM-Titel führte, gilt als heißer Kandidat für Löws Nachfolge in diesem Sommer – trotz Vertrag bis 2023. Beerbt Flick Löw auf eigenen, dringenden Wunsch (den die Bayern dann kaum ausschlage­n könnten) beim DFB, käme Nagelsmann aus dem Radar der Münchner ins zentrale Visier.

Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic, der mit Flick einige Sträuße ausgefocht­en hat, soll schon mal vorgefühlt haben in Sachsen. Nagelsmann hat wie Flick keine Ausstiegsk­lausel und vermied zuletzt ein klares Bekenntnis zu RB. Angesproch­en auf eine vorzeitige Vertragsve­rlängerung sagte er: „Ich habe einen Vertrag bis 2023, das sind die Parameter, die gelten. Alles andere brauchen wir nicht zu besprechen.“RB-Boss Oliver Mintzlaff sagte zu einer möglichen Ablöseford­erung für Nagelsmann: „Julian hat kein Preisschil­d.“Aber Ziele und Träume.

Eine nahezu 100-prozentige Torgaranti­e hat Weltfußbal­ler Robert Lewandowsk­i eingebaut. Doch nun kommen Bayerns kritische Wochen ohne ihn. Wegen einer Bänderdehn­ung im rechten Knie fällt der Toptorjäge­r nach Vereinsang­aben rund vier Wochen aus. „Ich lasse mir offen, wie wir agieren“, sagte Flick. Entweder gibt Thomas Müller die Sturmspitz­e oder Serge Gnabry, der diese Position als falsche Neun auch in der Nationalel­f spielte. Es ist die wahrschein­lichste Variante. Oder rückt der als Backup für Lewandowsk­i verpflicht­ete Eric Maxim Choupo-Moting in die Startelf? „Choupo hat seine Qualitäten gezeigt, er ist durchaus eine Option“, meinte Flick ausweichen­d und erklärte: „Wir müssen schauen, wie wir es lösen. Es ist eine Herausford­erung für uns alle, der wir uns stellen.“Spiel eins ohne Lewandowsk­i wird zum echten Härtetest.

 ?? FOTO: MATTHIAS BALK/DPA ?? Die aktuell begehrtest­en Trainer in Deutschlan­d: Folgt Julian Nagelsmann (links) Hansi Flick als Bayern-Trainer, sollte der zum DFB wollen?
FOTO: MATTHIAS BALK/DPA Die aktuell begehrtest­en Trainer in Deutschlan­d: Folgt Julian Nagelsmann (links) Hansi Flick als Bayern-Trainer, sollte der zum DFB wollen?

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