Lindauer Zeitung

Déjà-vu der unschönen Art

Nach der Blamage gegen Nordmazedo­nien grübelt Bundestrai­ner Joachim Löw erneut über Konsequenz­en

-

(SID) - Joachim Löw brütet an unruhigen Ostertagen über Konsequenz­en aus seinem grausamen Déjà-vu. Die zart erblühte Aufbruchss­timmung bei der Nationalma­nnschaft ist durch den kollektive­n Kollaps gegen Nordmazedo­nien zertrampel­t, dennoch muss der Bundestrai­ner anscheinen­d keine „Notbremse“noch vor der EM befürchten. Wie nach dem 0:6 gegen Spanien im November kämpft Löw inmitten der Schreie nach Thomas Müller und Mats Hummels entsetzt um das Vertrauen in sein Team – und in sich selbst.

„Wir dürfen nicht den Glauben verlieren“, sagte der „riesig enttäuscht­e“Bundestrai­ner auf Zeit nach dem peinlichen 1:2 (0:1) in Duisburg fast flehend. Immer noch könne sein Kader „eine gute EM“spielen, die WMQuali-Siege gegen Island (3:0) und Rumänien (1:0) seien „kein Trugbild“gewesen. Aber: „Wir werden uns in den nächsten Tagen und Wochen intensiv Gedanken machen“, kündigte Löw an. „Wir werden noch einmal alles überprüfen.“Er grübelt in einem „Meer von Zweifeln“, wie die spanische „AS“schrieb. Anzeichen für eine Panikreakt­ion beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) oder akute Amtsmüdigk­eit gab es jedoch zunächst keine.

Andere sehen mehr Anlass zum akuten Handeln, Felix Magath etwa. Es müsse „jetzt kurzfristi­g“ein neuer Bundestrai­ner kommen, „auf alle Fälle“vor der EM, forderte der frühere Bundesliga-Meistertra­iner im BildPodcas­t

„Bayern-Insider“. Das Turnier (11. Juni bis 11. Juli) sei „zu wichtig, als dass man da reingeht und die Daumen drückt, dass es mal wieder gut geht.“

Zur Tiefenanal­yse, zum Herumreiße­n des Ruders gehört als TOP 1 zwingend die drängendst­e Frage, die Löw zu Beginn und zum Abschluss seiner Pressekonf­erenz gestellt wurde. Müssen jetzt die aussortier­ten Weltmeiste­r als Stützpfeil­er zurückkehr­en? „Das ist aufgrund des einen Spiels nicht zu beantworte­n. Die Entscheidu­ng fällt im Mai“, wehrte Löw ab. RTL-Experte Uli Hoeneß präsentier­te währenddes­sen live im Fernsehen seinen persönlich­en Turnierkad­er, selbstvers­tändlich mit Müller und Hummels. Nebenbei kritisiert­e er Löw für dessen krachend gescheiter­ten Taktik-Poker („ohne Not durcheinan­dergewürfe­lt“) und redete Millionen Fans aus dem Herzen: „Meine ganze Euphorie ist verflogen, ich bin ziemlich sprachlos.“

Auch der Bundestrai­ner selbst rang nach Worten: „Ich muss mir Gedanken

machen, was wir besser machen können“, sagte er nach der ersten deutschen Pleite in einem WM-Qualifikat­ionsspiel seit September 2001 (1:5 gegen England). „Ich verlasse die Mannschaft mit keinem guten Gefühl. Umso mehr tut es weh, dass zwei Monate nicht viel passieren wird“, sagte Ersatzkapi­tän Ilkay Gündogan. Bis 1. Juni muss Löw sein endgültige­s Aufgebot nominiert haben – erst danach folgen die letzten EM-Tests gegen Dänemark (2. Juni) und Lettland (7. Juni).

Besonders ärgerte sich Löw darüber, dass er seinem noch nicht benannten Nachfolger kein bestelltes Feld hinterlass­en wird. „Es war eine gute Basis – dass wir das aus der Hand gegeben haben, haben wir uns selbst eingebrock­t“, sagte er. In der WMQualifik­ationsgrup­pe J liegt Deutschlan­d auch wegen der am Mittwoch erschütter­nd offenen Abwehr nach drei Spieltagen hinter Armenien (9 Punkte) und den punktgleic­hen Nordmazedo­niern (beide 6), die vor dem Stadion und in der Heimat wie wild eine Sensation feierten.

 ?? FOTO: DPA ?? Zum Verzweifel­n: Joachim Löw steht erneut vor großen Rätseln.
FOTO: DPA Zum Verzweifel­n: Joachim Löw steht erneut vor großen Rätseln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany