Tunnelbrand: Üben für den Notfall
Rauchentwicklung am gefährlichsten – Freigabe neuer Tunnel Waggershausen Ende August geplant
- Flammen züngeln an einer Autoattrappe empor. Es wird immer wärmer. Langsam steigt weißer Rauch auf. Lichter springen an und gleichzeitig warnt eine Durchsage alle Menschen im neuen Tunnel Waggershausen, dass Lebensgefahr besteht. An acht verschiedenen Stellen wurde am Donnerstag die Brandmeldeanlage im Tunnel Waggershausen mit simulierten Bränden überprüft. Der Tunnel ist Teil des noch nicht eröffneten Teilstücks der B 31-neu. Die Anlage muss schnell und reibungslos funktionieren, um den Tunnel wie bisher geplant Ende August freigeben zu können.
„Achtung, hier spricht die Leitzentrale. Verlassen Sie sofort den Tunnel. Es besteht Lebensgefahr“, schallt eine automatische Ansage erst auf Deutsch, dann auf Englisch und Französisch durch den Tunnel. Sie springt 30 Sekunden nach den ersten Flammen an der Autoattrappe an.
Gleichzeitig erhellen sich alle Lichter im Tunnel Waggershausen: Die Deckenbeleuchtung, die Notausgangschilder und auch die Lichter am Fahrbahnrand sind auf 100 Prozent hochgefahren. Die Menschen, die bei einem echten Unfall aus ihren Fahrzeugen steigen, sollen den Weg zum nächsten Notausgang so schnell wie möglich finden. Drei Rettungswege führen in die andere Röhre, in der der Gegenverkehr fließen soll.
Auch hier regelt die Brandmeldeanlage den weiteren Ablauf. Die Ampeln an der Tunnelzufahrt springen auf Rot. Auf der Fahrbahn des Unfalls schließt sich eine Schranke. Auf der Gegenfahrbahn soll der Verkehr aus dem Tunnel geleitet werden. Neue Fahrzeuge dürfen nicht einfahren. Auch der Riedleparktunnel wird in Fahrtrichtung des Unfalls gesperrt.
Aus den Fahrzeugen aussteigen und sofort einen Ausgang suchen, sei im Ernstfall das Allerwichtigste, erklärt Christian Sellheim von der zuständigen Planungs- und Baufirma Deges: „Bei einem Brand im Tunnel ist der Rauch am gefährlichsten“, sagt Sellheim und ergänzt: „Nicht die Flammen selbst.“Auch beim Brandversuch wird die Sicht schnell schlechter.
Die schlechte Sicht sei bei einem richtigen Fahrzeugbrand noch viel extremer, erklärt Sellheim: „Bei der Übung verwenden wir ungefährlichen weißen Rauch. Bei einem echten Brand wäre der Rauch dagegen schwarz. Da schwindet die Sicht schnell.“Es sei darum wichtig, sofort das Auto zu verlassen, alle Gegenstände
zurückzulassen und den Wegweisern zum Ausgang zu folgen. Sellheim erklärt, man solle das Auto nicht abschließen, damit die Feuerwehr es im Ernstfall aus dem Weg räumen könne. Außerdem solle man auf keinen Fall im Auto warten, auch wenn die Rettungsdienste nach wenigen Minuten eintreffen.
Bei der Übung wabert der weiße Rauch inzwischen in Richtung Decke. Bei diesem simulierten Brandfall sei das genau so gewünscht, erklärt Sellheim. Damit überprüfe man, dass alle Schutzfunktionen in verschiedenen Szenarien funktionieren: ob bei einem Brand im fließenden Verkehr oder im Stau, jeweils in beiden Fahrtrichtungen.
In diesem Fall wird ein Stau simuliert. Damit könne der Rauch nicht mit den an der Tunneldecke installierten, riesigen Ventilatoren in eine Richtung weggeblasen werden. Denn dort stünden im Ernstfall noch Menschen. Der Rauch solle sich an der Decke sammeln und den Blick im unteren Tunnelbereich auf die Rettungswege freigeben. Sobald die Feuerwehr eintreffe, könne diese entscheiden, wann und in welche Richtung der Rauch weggeblasen werden soll.
Christian Sellheim von der Planungs- und Baufirma Deges
Die Brandmeldeanlage alarmiert automatisch die Feuerwehr. Und wer einen Brand an seinem Fahrzeug bemerkt, kann zusätzlich die im Tunnel installierten Brandmelder aktivieren. Gilt es ein Feuer im Tunnel zu löschen, ist dies Aufgabe der örtlichen Feuerwehr, erklärt Deges-Projektleiter Andreas Irngartinger. Alarmierung und Anfahrt werden im Sommer noch einmal separat geprobt. Denn der Tunnel soll dann Ende August für den Verkehr freigegeben werden.
Bis dahin seien noch einige Arbeiten zu tun, die von außen nicht unbedingt sichtbar seien, wie eben diese Brandmeldeübungen, erklärt Projektleiter Irngartinger. Auch im Betriebsgebäude neben dem Tunnel werde noch gearbeitet. Die Leitung zur zentralen Leitstelle in Stuttgart muss künftig rund um die Uhr stehen. Sollten die Mitarbeitenden dort auf der Videoüberwachung Personen sehen, die ihr Fahrzeug nicht verlassen, beispielsweise, können sie neben der automatischen Warndurchsage noch gezielte Durchsagen machen. Auch die Straßenmeisterei habe darauf im Ernstfall Zugriff.
Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem Tunnel wirklich etwas Schlimmes passiere, sei aber deutschlandweit extrem gering, sagt Sellheim: „Ich habe ein gutes Gefühl mit dem Tunnel Waggershausen. Die Brandmeldeanlage hat wie gewünscht funktioniert.“
„Bei einem echten Brand wäre der Rauch schwarz. Da schwindet
die Sicht schnell.“