Lindauer ärgert sich: Nachbar fällt Baum
Die Birke stand an der Grundstücksgrenze – Eines Morgens war sie einfach weg
- In Lindau ist der Streit zweier Nachbarn um einen Baum eskaliert. Statt sich mit der Gegenseite zu einigen, schuf einer der beiden Fakten. Er sägte die Birke, die an der Grundstücksgrenze stand, offenbar einfach um und behielt das Holz ein. Der Nachbar, auf dessen Grundstück der Baum wohl stand und der anonym bleiben möchte, ist aber auch wegen des Zeitpunkts wütend, zu dem der Baum gefällt wurde. Denn auch, wenn er von den Fällarbeiten nichts mitbekommen hat, ist er sich sicher, dass der Baum aus Gründen den Artenschutzes am 14. März nicht ohne weiteres hätte gefällt werden dürfen.
Er bemerkte wahrscheinlich erst am nächsten Morgen, dass die Birke fehlt. Als er aus dem Fenster geschaut habe, sei ihm die Lücke aufgefallen. „Es war eine schöne Birke“, sagt er. Sie sei 30 bis 40 Jahre alt und ungefähr 20 Meter hoch gewesen. Der Baum sei von selbst dort gewachsen, doch mit seinem Nachbarn habe er deswegen immer schon Krach gehabt. Deshalb vermute er, dass es nur der Nachbar gewesen sein könne, der die Birke gefällt habe.
„Sie stand an der Grenze, vermutlich auf meinem Grundstück“, berichtet er. Womöglich sei die Birke ein wenig auf die andere Seite hinübergewachsen. Doch selbst wenn der Baum genau auf der Grenze gestanden hat, der Nachbar hätte die Birke auf keinen Fall ohne seine Einverständnis fällen dürfen. „Und auch das Holz hätte er mit mir teilen müssen“, sagt er. „Aber stattdessen war der Baum auf einmal weg.“Grundsätzlich müssen Bäume zwei Meter von der Grundstücksgrenze entfernt gepflanzt werden. Wenn der Abstand nicht eingehalten wird, muss derjenige, dem der Baum zu nah ist, seinen Nachbarn bitten, den Baum entsprechend zu versetzen. Dazu hat der Nachbar aber nur fünf Jahre Zeit, danach hat der Baum Bestandsschutz.
Der Lindauer sieht die Aktion aber nicht nur wegen der fehlenden Absprache und dem gestohlenen Holz kritisch, sondern auch wegen des Zeitpunkts der Fällarbeiten. Denn er ist sich sicher, dass der Baum am 14. März umgesägt wurde. Denn zwischen dem 1. März und den 30. September ist es laut Bundesnaturschutzgesetz verboten, Bäume, die außerhalb gärtnerisch genutzter Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche oder andere Gehölze abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu fällen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Bäume, die innerhalb gärtnerisch genutzter Grundflächen stehen, gefällt werden dürfen.
Der Stichtag am 1. März sei durchaus sinnvoll, denn dann beginne die Brutzeit für viele Vögel, sagt Ursula Sauter-Heiler von der Naturschutzbehörde im Landratsamt Lindau. Trotzdem handele es sich nicht um ein generelles Verbot. „Zum einen können wir den Zeitraum, in dem Fällarbeiten erlaubt sind, verlängern“, sagt sie. Aufgrund des Wetters habe das Landratsamt dieses Frühjahr den Stichtag um eine Woche auf den 7. März verschoben. Ein Grund dafür ist, dass bei Schnee viele Arbeiten, wie eben das Fällen von Bäumen oder Hecken, überhaupt nicht erledigt werden können. Doch selbst nach einer Verlängerung der Frist seien Fällarbeiten unter bestimmten Voraussetzungen noch erlaubt.
Ein weiterer Knackpunkt sei auch die Formulierung ,gärtnerisch genutzte
Der Nachbar, auf dessen Grundstück
der Baum wohl stand. Grundflächen’ im Gesetzestext. „Das bayerische Umweltministerium interpretiert den Begriff so, dass private Hausgärten auch zu den ,gärtnerisch genutzten Grundflächen’ zählen“, sagt Sauter-Heiler. Voraussetzung dafür sei, dass im Vorfeld der Artenschutz geprüft werde.
Derjenige, der einen Baum fällen will, müsse deshalb in Absprache mit der Umweltschutzbehörde einen Fachmann beauftragen, etwa einen Biologen oder einen Ornithologen, der den Baum untersucht. Dabei überprüft der Experte, ob der Baum zum Beispiel ein Lebensraum für Vögel ist. „Eine gute Zeit, um das sicher festzustellen, ist, wenn der Tag mit dem ersten Licht anbricht“, sagt sie.
Das Fällen der Birke bleibt wohl ohne Folgen, denn nachträglich konnte die Naturschutzbehörde kein Vergehen gegen den Artenschutz feststellen. „Der Baum war weg und schon zerlegt, deswegen konnten wir nicht mehr feststellen, ob dort zum Beisiel Vögel genistet hatten“, sagt Sauter-Heiler. Die Fällung der Birke sei allerdings nicht mit der Naturschutzbehörde des Landratsamts abgesprochen worden. Nun hätte der Besitzer des Baums noch die Möglichkeit, bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Doch das kommt für den Mann derzeit nicht infrage, da das nachbarschaftliche Verhältnis ohnehin schon stark belastet ist.
„Und auch das Holz hätte er mit mir teilen
müssen. Aber stattdessen war der Baum auf einmal weg.“