CSU will Politprofi als Nachfolgerin von Gerd Müller
Wahlkreis Oberallgäu-Lindau: Delegierte wählen mit knapper Mehrheit Mechthilde Wittmann zur Direktkandidatin
- Mechthilde Wittmann soll als Nachfolgerin von Gerd Müller in den Bundestag: Die CSU-Delegierten haben sie am Montagabend zur Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Oberallgäu nominiert, zu dem auch der Landkreis Lindau und die Stadt Kempten gehören.
Die 53-jährige ehemalige Landtagsabgeordnete aus München und Lebensgefährtin des Kempteners Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag, setzte sich im zweiten Wahlgang mit 53,5 Prozent der Stimmen gegen fünf weitere Bewerberinnen und Bewerber durch. Zuletzt unterlag ihr knapp der aus dem Westallgäu stammende David Fink.
Gerd Müller vertritt den Wahlkreis Oberallgäu seit
1994 in Berlin, seit 2013 ist er Bundesentwicklungsminister. Vor einigen Monaten hatte er angekündigt, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen und bei der Wahl im September nicht mehr zu kandidieren. Ihm nachfolgen wollten mehrere Bewerberinnen und Bewerber. Zum Schluss stellten sich den Delegierten noch sechs Interessierte zur Wahl.
Doch letztlich setzte sich die Favoritin durch. Auffällig: Längst nicht alle CSUler aus der Region stehen hinter der 53-jährigen Politprofi. Der Wahlausgang war knapper als erwartet. Überraschend viele Stimmen bekam der Westallgäuer David Fink.
Bislang galt es als sehr sicher: Der Direktkandidat der CSU erhält im Wahlkreis Oberallgäu-Lindau einen
Sitz im Bundestag. Ob sich diese Konstante fortsetzt, wird sich bei der Wahl im September zeigen. Insbesondere die Masken-Affäre drückt aufs Gemüt vieler Unionspolitiker vor Ort. Dabei schielen sie zugleich auf die Umfragewerte der Grünen. Seine Mitbewerberin habe bereits einmal ein Mandat gegen einen Grünen verloren, mahnte zum Beispiel Gerd Müllers Sohn Marius, einer der sechs Kandidaten, die sich den 160 Delegierten vorstellten. Ein Seitenhieb gegen Mechthilde Wittmann, die 2018 in München nach fünf Jahren als Landtagsabgeordnete abgewählt worden war.
Beide – Marius Müller und Mechthilde Wittmann – hatten im Vorfeld gleichermaßen Unterstützer wie Kritiker. Er, der 30-Jährige, politisch wenig Erfahrene, der seinen Vater beerben wollte. Sie, die Lebensgefährtin von Thomas Kreuzer mit Wurzeln in München. Beide Bewerbungen kamen nicht bei allen gut an. Will sich die CSU doch vom Vorwurf der „Vetterleswirtschaft“befreien, wie es immer wieder aus Parteikreisen zu hören ist.
Der Oberallgäuer Marius Müller verpasste schließlich die Stichwahl und landete im ersten Durchgang mit 32 Stimmen auf Platz drei – vor Veronika Schraut (Memmingen/18 Stimmen), Christian Schwarz (Haldenwang/13) und Eberhard Fetzer (Immenstadt/2). 56 Delegierte stimmten für Mechthilde Wittmann, die in leitender Funktion am Münchner Flughafen arbeitet, 39 für David Fink aus Weiler-Simmerberg.
Der Bankbetriebswirt, Vorsitzender des Fußballvereins FV Rot-Weiß Weiler sowie Marktgemeinderat warb für neuen Schwung und Politiker, „die die Sprache der Menschen verstehen“. In der Stichwahl gegen Wittmann erzielte der 30-Jährige mit 73 der 157 gültigen Stimmen (46,5 Prozent) mehr als einen Achtungserfolg.
Aus diesem lässt sich interpretieren: Der Landkreis Lindau tritt relativ geschlossen auf – 41 Delegierte kamen von dort, 26 aus Kempten und 96 aus dem Oberallgäu. Zudem: Ein nicht zu unterschätzender Teil der Partei fordert einen Generationenwechsel. Die Delegierten – darunter nur knapp ein Viertel Frauen – waren nach Angaben von Lucas Reisacher, Geschäftsführer des Bundeswahlkreises, im Schnitt übrigens knapp 46 Jahre alt. Die Mehrheit setzte am Ende aber auf die erfahrene Mechthilde Wittmann, die als gut vernetzt gilt.
Der Erfolg der CSU in der Region hängt nun auch von den Parteikollegen ab, die gegen sie stimmten.