Lindauer Zeitung

Damit nicht noch mehr ausfallen: „Schnelle Impfung für Lehrer“

Birgitta Baumann-Strobel über die Sorgen der Lehrerinne­n und Lehrer in der Corona-Krise

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- Immer neue Aufgaben, Überstunde­n, der Ausfall von Kollegen und die Sorge um die eigene Gesundheit: Die Corona-Krise verlangt Lehrerinne­n und Lehrern einiges ab. LZ-Redakteuri­n Yvonne Roither hat sich darüber mit Birgitta BaumannStr­obel, der Kreisvorsi­tzenden der Lehrergewe­rkschaft BLLV, unterhalte­n.

Wie erleben Sie die Stimmung unter den Lehrerinne­n und Lehrern im Kreis?

Die Kolleginne­n und Kollegen sind sehr belastet wegen des unglaublic­h anstrengen­den Organisati­onsaufwand­s (Distanzunt­erricht in einer Woche/Wechselunt­erricht in der anderen Woche inklusive Notbetreuu­ng). Die Planung wird zudem immer schwierige­r, da die Personalde­cke durch die verschärft­e Quarantäne­verordnung dünner wird. Besonders gefordert sind alle Teilzeit-Lehrkräfte, die als Klassenleh­rer arbeiten, weil sie viel mehr Stunden arbeiten müssen, um alles für die Kinder zu organisier­en. Erschweren­d kommt hinzu, dass die Lehrer und Lehrerinne­n der weiterführ­enden Schulen bis auf einige ältere Kolleginne­n nicht geimpft sind. Die Schulleitu­ngen sind besonders über das Wochenende eingespann­t: Freitags kommt die Entscheidu­ng, wie in der kommenden Woche unterricht­et wird. Dann heißt es Gruppen einteilen, Stundenpla­n umbauen, Notbetreuu­ng organisier­en, Elternfrag­en beantworte­n und den eigenen Unterricht planen. Da bleibt wenig Luft zur Erholung.

Kritisiere­n Sie also die Praxis, dass jeden Freitag je nach Inzidenzza­hl kurzfristi­g neu über die Unterricht­sform in der kommenden Woche entschiede­n wird?

Das ist ein fast nicht zu ertragende­s Phänomen. Innerhalb weniger Stunden muss für die kommende Woche die gesamte Planung gestemmt werden. Warum nimmt man nicht den Donnerstag als Entscheidu­ngstag? Es gibt Schulleite­r, die am Freitag unterricht­en und dann um 11 Uhr sehen, dass nächste Woche wieder Wechselunt­erricht stattfinde­t.

Eine neue Aufgabe, die auf die Lehrerinne­n und Lehrer zukam, sind die Selbsttest­s, die sie anleiten müssen. Was sagen die Lehrerinne­n dazu?

Zu Beginn waren viele beunruhigt, doch die Kolleginne­n waren sehr flexibel und haben dies hervorrage­nd gemeistert. Es kostet aber schon immenses Einfühlung­svermögen und geschickte­s Agieren, wenn Kinder positiv getestet werden. Diese Tests bedeuten zudem ein Mehr an Organisati­on: In den Grundschul­en kommen inzwischen Tests von unterschie­dlichen Hersteller­n an, die sich im Gebrauch unterschei­den. Eine große Hilfe wäre, wenn gerade für die Grundschul­en immer der gleiche Test geliefert werden würde.

Belastet Lehrerinne­n und Lehrer auch die Sorge vor einer möglichen Ansteckung? In welchen Situatione­n fühlen sie sich ungenügend geschützt?

Die Lehrkräfte der Mittelschu­le sind beispielsw­eise noch nicht geimpft. Dort beginnen jetzt aber die Prüfungen, an denen auch Schüler und Schülerinn­en, die nicht getestet sind, teilnehmen dürfen. Wenn die englische Mutante so viel ansteckend­er ist, dann müssen diese Kolleginne­n jetzt auch dringend geimpft werden. Das würde bei den vielen täglichen Sozialkont­akten beruhigen. Der Staat hat eine Fürsorgepf­licht für seine Mitarbeite­rinnen.

Wo wünschen Sie sich mehr Unterstütz­ung?

Eine große Hilfe wäre, wenn alle Kolleginne­n und Kollegen auch schneller die zweite Impfung (nach neun und nicht nach zwölf Wochen) bekommen würden, um einer etwaigen Quarantäne zu entgehen und voll für die Kinder im Einsatz bleiben zu können. Wenn die Quarantäne­zahlen der Lehrerinne­n weiter steigen, muss an einigen Schulen sicher wieder in den Distanzunt­erricht gewechselt werden, weil zu wenig Lehrer eingesetzt werden können – wie diese Woche schon am Gymnasium Lindenberg. Was frustriere­nd ist: Es verbessert sich trotz Mehraufwan­d mit den Tests für Schülerinn­en und Lehrer nichts: Weder Fächer wie Sport und Musik sind möglich noch gemeinsame Pausen der Klassen oder Gruppenakt­ivitäten. Es fehlt an Öffnungsmö­glichkeite­n.

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FOTO: BBS Sorgt sich um die Mehrbelast­ung ihrer Kolleginne­n und Kollegen in CoronaZeit­en: Birgitta Baumann-Strobel, Vorsitzend­e des Kreisverba­nds des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbandes.

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