Endlich einen großen Baum fällen
Bei RB Leipzig geht es für den VfB Stuttgart nicht nur um Weiterentwicklung, sondern auch um einen persönlichen Erfolg für Coach Matarazzo
- Der Fußball lebt auch von seinen Geheimnissen. Trainer und Spieler achten penibel darauf, dem Gegner tunlichst keine Informationen über Aufstellung und Taktik zu verraten. Die Überraschung soll den Erfolg bringen. Dass sich die Trainer beim Duell RB Leipzig gegen VfB Stuttgart am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) gegenseitig überrumpeln werden, ist hingegen sehr unwahrscheinlich. Zu gut kennen sich Julian Nagelsmann und Pellegrino Matarazzo. Die beiden erwarben 2015/16 gemeinsam die Fußballlehrer-Lizenz, nächtigten gar zusammen in einem Zimmer und waren ab 2018 in Hoffenheim ein Team. Nagelsmann
als Cheftrainer, Matarazzo als Assistent. Man mag und schätzt sich. „Wir haben nach wie vor Kontakt, haben uns auch in dieser Woche schon geschrieben“, sagt Matarazzo. Um was ging es? Smalltalk? Oder Sticheleien in Richtung des Gegners? „Ein bisschen von beidem“, verrät der VfB-Coach mit einem Lächeln.
Vielleicht redeten die beiden Kumpels aber auch über die Zukunft von Julian Nagelsmann. Spätestens seit Hansi Flick am vergangenen Wochenende verkündet hat, dass er den FC Bayern München nach dieser Saison verlassen möchte, gilt der RB-Coach als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge. Matarazzo könnte sich seinen früheren Chef jedenfalls gut auf der Bank des Rekordmeisters vorstellen: „Natürlich traue ich ihm das zu“, sagt der VfB-Trainer über seinen 33jährigen Kollegen. „Trotz seines Alters
ist er ein herausragender Trainer, der schon gezeigt hat, dass er national und international seinen Stempel aufdrücken kann. Und er hat trotz seines Alters schon viel Erfahrung mitgenommen.“
Eine Erfahrung, die Matarazzos jungem Team im Bundesliga-Endspurt noch fehlt. Nach zuletzt drei Niederlagen in Folge hat sich der Aufsteiger aus Schwaben sehr wahrscheinlich aus dem Rennen um die Europa-League-Plätze verabschiedet. Dennoch hat der Trainer „aktuell nicht das Gefühl, dass die Luft ausgeht. Wir fahren mit dem Gefühl nach Leipzig, uns wieder zeigen und erfolgreich sein zu können – unabhängig davon, welche Nebenthemen uns begleiten“, sagt der 43-Jährige mit Blick auf die Ergebnisse und Personalsorgen in den vergangenen Wochen. Für die Entwicklung seines jungen Teams sei es zudem wichtig, auch einmal eine Mannschaft aus der Spitzengruppe zu schlagen. „Es tut immer gut, wenn man einen großen Baum fällen kann.“
Doch auch RB Leipzig möchte nach zuletzt drei Heimspielen ohne Sieg und der peinlichen 1:2-Pleite am Dienstag beim 1. FC Köln unbedingt gewinnen. „Wir brauchen die drei Punkte, um den zweiten Platz besser zu fixieren“, sagt Nagelsmann. „Auch tabellarisch und was die Drucksituation angeht, ist es ein unglaublich wichtiges Spiel.“Vor allem aber auch für die beiden Trainer persönlich.