Papier Enderlin darf in Aeschach wieder öffnen
Landratsamt erteilt Ausnahmegenehmigung für Schreibwarengeschäft - Unabhängig von der Inzidenz
- Ihr Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat geholfen: Sabine Giesing, Inhaberin von Papier Enderlin, darf ihren Schreibwarenladen in Aeschach wieder öffnen. Sie hat eine Ausnahmegenehmigung vom Landratsamt bekommen, die unabhängig von der Inzidenz gilt.
Wer darf öffnen, wer nicht? Bei den ständig wechselnden Verordnungen geht es vor allem um die Frage: Was zählt zum täglichen Bedarf? Am 7. April beschloss das bayerische Kabinett, dass Buchhandlungen, Gartencenter, Schuhläden, Baumärkte, Gärtnereien, Blumenmärkte und Baumschulen in Bayern nicht mehr zum „Einzelhandel des täglichen Bedarfs“gerechnet werden. Sabine Giesing und ihr Partner Matthias Müller machten sich zunächst keine Sorgen, denn auf der sogenannten Positivliste, die zeigt, welche Läden geöffnet haben dürfen, waren Schreibwaren noch aufgeführt.
Dies ändert sich am 12. April, wie Müller nachmittags auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege las. In der neuen Verordnung war die Generalklausel der „sonstigen für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäfte“weggefallen. Papier Enderlin blieb keine Wahl: „Wir haben noch am Montagnachmittag zugesperrt“, sagt Müller. Den Laden auf der Insel und den in Aeschach. Click und Meet für Kunden anzubieten, die zwei Kopien brauchen oder drei Kugelschreiber kaufen, mache keinen Sinn. Das käme letztlich teurer als ganz geschlossen zu haben.
Sabine Giesing wollte das so nicht hinnehmen. Sie machte ihrem Ärger Luft und schrieb eine EMail an Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek, in der sie die Politiker bewusst naiv um Rat fragt, wie sie dieser Herausforderung betriebswirtschaftlich begegnen soll. Die überraschende Antwort kam bereits zwei Tage später. Ein Mitarbeiter der Servicestelle im Bayerischen Staatsministerium
Matthias Müller
für Gesundheit und Pflege machte die Lindauer Geschäftsfrau darauf aufmerksam, dass sie bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen kann. Die könne, so das Ministerium, bei Schreibwarengeschäften, die zu Hause lernenden Schüler oder Studenten unterstützen, grundsätzlich erteilt werden.
Giesing und Müller schickten diese E-Mail und eine zweiseitige Begründung ans Landratsamt – und beantragten, ihren Betrieb im zuvor zugelassenen Rahmen wieder öffnen zu dürfen. Sie argumentierten, dass sie als Nahversorger für die täglichen Erledigungen ihrer Kunden wichtig sind – für alte Leute, die nur ihren Lottoschein abgeben oder eine Zeitung
kaufen wollen, aber auch für Schüler und Studenten, die Hefte, Papier und Tintenpatronen brauchen. Und dass es keinen Sinn mache, dass die Menschen dafür quer durch die Stadt fahren müssten.
Das Landratsamt sah das ähnlich: Es erteilte ihnen eine Ausnahmegenehmigung, allerdings nur für einen Standort. Sabine Giesing und Matthias Müller entschieden sich für Aeschach, da dort mehr Anwohner ihren Service bräuchten. Das kleine Schreibwarengeschäft in der Webergasse hat seit Mittwoch wieder geöffnet, und daran wird sich vermutlich so schnell nichts ändern. Denn die Ausnahmegenehmigung gilt unabhängig von der Inzidenz.
Das Landratsamt bestätigt dies auf Nachfrage der „Lindauer Zeitung“.
Ausnahmegenehmigungen seien „nach Aussage des Staatsministeriums auch für Autovermietstationen, das Anfertigen von Pass- und Bewerbungsfotos, Jagdbedarf, Schuhmacher und Telekommunikationsläden/Servicestellen der Telekommunikation zur Reparatur von Telekommunikationsgeräten und zur Beratung und Behebung von Internetund Kommunikationsproblemen (ohne Warenverkauf ) möglich“, schreibt Pressesprecherin Sibylle Ehreiser. „Wir sind sehr froh darüber und dankbar, dass das Landratsamt uns das ermöglicht hat“, sagt Müller. Den Sinn mancher Regelungen versteht er aber trotzdem nicht: „Wir dürfen jetzt mit Ausnahmegenehmigung machen, was vor eineinhalb Wochen noch unstrittig war.“
„Wir dürfen jetzt mit
Ausnahmegenehmigung machen, was vor eineinhalb Wochen noch unstrittig war.“