Die große Vielfalt zwischen Apfelbäumen und Brennkessel
Von Biosüßkirschen, Heimatäpfeln, edlen Destillaten, Wein und Ferienwohnungen – So leben und arbeiten die Lindauer Obstbauern
- Ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Region hatte früher ein paar Milchkühe, Hühner, Schweine, Kleinvieh, dazu Gemüse, ein bisschen Obst und vielleicht ein kleines Brennrecht. Aus diesen klassischen Höfen haben die heutigen Obstbauern ihre völlig unterschiedlichen Unternehmen entwickelt. Allen gemein ist, dass sie die Vielfalt der Region entscheidend prägen und mit viel Liebe und Sachverstand gesunde Lebensmittel herstellen, auf die sie stolz sind und sein dürfen.
Ferien- und Obsthof Marschall, Wasserburg-Hege:
Matthias und Monika Marschall setzen schon lange auf Direktvermarktung, die ihnen Freiraum für ihre Kreativität und den direkten Kontakt zu ihren Kunden biete. Der Gärtnermeister und seine Frau teilen sich ihre spannende Handarbeit, wie sie sagen, gut auf. „Neben dem Obstbau haben wir viel zu organisieren: den Hofladen, das Brennen, die Ferienwohnungen“, zählt Monika Marschall auf. Und nicht nur nebenbei haben sie zwei Kinder, die sie heiß und innig lieben, und mit denen sie Familienzeit verbringen möchten. Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und Brombeeren, mehr als zehn Sorten Äpfel,
Birnen, Kirschen, Aprikosen, Zwetschgen und Fruchtgemüse gehören zu ihrem Sortiment. Einiges gibt es als edel gebranntes Fruchtdestillat in Flaschen oder als hausgemachten Fruchtaufstrich im Hofladen zu kaufen. Um ihr Angebot abzurunden, bieten sie regionale Produkte ihrer Kollegen an. Matthias Marschalls Wunsch: „mehr Wertschätzung für lokal produzierte Lebensmittel“.
Weingut Markus Kurek, Sonnenbichlstraße, Nonnenhorn:
Seit drei Generationen wird auf dem Weingut von Markus Kurek Obst und Wein angebaut. Flächenmäßig liegt der Schwerpunkt mit sieben Hektar beim Obst. Seit 2019 baut sein Sohn Jonas, ein frisch ausgebildeter Winzer, den eigenen Wein selbst aus. „Ich möchte auf Selbstvermarktung setzen“, sagt Jonas Kurek. Dafür sei ein architektonisch sehr schöner Neubau geplant. Leider habe ihm die Corona-Pandemie wichtige Präsentationsmöglichkeiten für seinen ersten Wein genommen. „Das ist zwar schade, denn mit dem Winzerfest und dem Komm und See hätten bereits viel mehr Menschen meine Weine probiert. Aber sie sind langlebig und werden mit der Zeit eher noch besser, weil ich sie sehr schonend ausbaue“, sagt der junge Winzer optimistisch. Aktuell sei sein Wein in den Hofläden seiner Kollegen und Freunde Nüberlin
und Strodel erhältlich. „Es ist großartig, wie wir Obstbauern zusammenhalten und uns gegenseitig helfen. Wir fühlen uns verbunden und gönnen uns gegenseitig den Erfolg.“
Obstbau
Willhalm,
LindauSchönau:
„Der Heimatapfel“ist die Marke von Obstbau Willhalm. Andreas Willhalm führt mit seiner Familie den Obsthof in dritter Generation. Auf 22 Hektar baut sie Äpfel, Birnen und Zwetschgen an. Direktvermarktung sei bei den Willhalms schon immer ein Schwerpunkt gewesen, deshalb sei der Schönauer Hofladen so wichtig. In ihm verkaufen sie eigenes Obst, ergänzt durch Erzeugnisse ihrer Obstbauernkollegen, dazu Gemüse von Lindauer Gärtnern, Bodenseewein und Geschenkideen. Als zweites Standbein hat Familie Willhalm das „Laserzentrum Lindau“gegründet. Hier gravieren die Willhalms Textbotschaften und Motive in Äpfel, andere Früchte und Materialien – für besondere Anlässe oder als Kundengeschenke. In der eigenen Brennerei destillieren sie feine Edelbrände. „Bei uns kann man auch einen Baum mieten. Wir pflegen den Baum das ganze Jahr über, und die Mieter ernten ihn im Herbst ab“, erzählt Andreas Willhalm. Das sei, neben Betriebsführungen, eine schöne Sache, um den Verbrauchern zu zeigen, wie Obstbau funktioniert. „Menschen wertschätzen das, was sie kennen, mehr.“
Deufel und Erletz GbR, Lindau-Schönau:
Philip Erletz hat 2008 den Obstbaubetrieb von seinem Opa übernommen. Seit 2010 bewirtschaftet er das Hofgut nach den strengen Richtlinien von Bioland. In den vergangenen Jahren habe er eine existenzfähige Größe von 23 Hektar erreicht. „Für uns und unsere Kinder arbeiten wir in Harmonie mit der Natur und achten auf ein ökologisches Gleichgewicht. Wir sichern den Erhalt der natürlichen Ressourcen durch kontrolliert biologischen Obstbau“, sagt der BiolandBauer. Seit 2016 wird der Betrieb als Deufel und Erletz GbR von Philip Erletz als Agraringenieur und seiner Frau Theresa Deufel als Winzerin bewirtschaftet, sein Vater Wolfgang Erletz hilft im Büro. Sie lagern und verpacken ihre Produkte selbst und vermarkten sie über den NaturkostGroßhandel. Bei Bioland sind sie, weil es dort möglich ist, Obst und Weinbau innerhalb eines Verbands zu kombinieren. Ihre Erzeugnisse sind Äpfel, Birnen, Süßkirschen, Zwetschgen und Wein. Der Süßkirschenanbau ist hierbei besonders. Den gibt es im Biobereich selten.
Obsthof Nüberlin, Peter-Dornier-Straße, Lindau:
Lena und Florian
Nüberlin führen ihren Obsthof in 27. Generation – das ist kein Tippfehler – gemeinsam mit ihrem Papa Martin Nüberlin. Lena ist Obstbaumeisterin, Florian ist Gartenbauingenieur. „Wir sind dankbar für die Leistung unserer Vorfahren, deren Erbe wir modernisieren und anpassen, um es gut in die Zukunft zu führen“, sagen die Geschwister. Im Hinterland kultivieren sie auf 20 Hektar Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Süßkirschen und Walnüsse, die sie an ihre Kunden liefern oder in ihrem schönen Hofladen – der rund ist und rot wie ein Apfel – verkaufen. Weil sie ihre Produkte direkt vermarkten, benötigen sie eine große Vielfalt und breite Auswahl – deshalb bieten sie in ihrem Hofladen zusätzlich heimische Erzeugnisse von bäuerlichen Kollegen an. In der angeschlossenen Brennerei destillieren sie feine Edelbrände, Liköre – und sogar ihren eigenen Gin. Teile ihrer Ernte gibt es auch flüssig als reine Säfte oder als hausgemachte Marmeladen.
Lesen Sie in den kommenden Tagen von den nächsten sechs der elf Obstbauern, die die Lindauer Zeitung durch das Jahr begleitet. Alle Teile der Obstbauserie gibt es auf: www.schwaebische.de/ obstbauern