Bei den Boxern knirscht es gewaltig
Warum der Ravensburger Jürgen Hauser den Vorstand des Boxverbands Baden-Württemberg kritisiert
- Im Boxverband Baden-Württemberg (BVBW) sind zuletzt harte Kämpfe außerhalb des Rings entbrannt. Auf der einen Seite steht der Vorstand des Landesverbands um Präsident Uwe Hamann. Auf der anderen Seite stehen der Ravensburger Jürgen Hauser und der Friedrichshafener Klaus Kaibach mit ihrer Initiative BVBW 2.0. Versöhnliche Worte oder eine Annäherung der beiden Lager sind nicht abzusehen. Hauser würde im Zweifelsfall sogar zum letzten Mittel greifen.
Jürgen Hauser, Inhaber von Champ Boxing Ravensburg, will laut eigener Aussage „nur das Beste für das Boxen“. Und zwar im Breitenwie im Leistungssport. Schon öfter gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen Hauser und dem BVBWPräsidenten Hamann. Die Anzeigen gegen drei Trainer wegen sexualisierter Gewalt und die Reaktion haben Hauser wütend gemacht.
Was war passiert? Boxerinnen des Olympiastützpunktes Heidelberg hatten im vergangenen Jahr Anzeige erstattet. Es geht um das Wiegen der Sportlerinnen ohne Kleidung, um Trainer in Unterhosen und sexuelle Belästigungen. Der Landessportverband Baden-Württemberg (LSVBW), der die Anschuldigungen öffentlich gemacht und die Landestrainer freigestellt hatte, sowie der Deutsche Box-Verband hatten im Falle einer Verurteilung harte Strafen gefordert. Mittlerweile wurden die Verfahren gegen zwei beschuldigte Trainer eingestellt. Hamann und dem BVBW werfen Hauser und Kaibach Vertuschung vor. „Das ist fast existenzbedrohend“, sagt Hamann über die Vorwürfe. „Bei uns ist alles einwandfrei gelaufen, wir haben als Verband sofort reagiert und die betroffenen Trainer gesperrt.“Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“sind die Verträge von zwei Trainern aufgelöst worden oder laufen aus und werden nicht verlängert. „Wir haben uns eins zu eins an die OSB-Richtlinien für Verhalten bei Verdachtsmomenten zu sexualisierter Gewalt gehalten“, versichert Hamann. Am Wochenende bestätigten sich diese Informationen. Der BVBW vermeldete, dass einer der beschuldigten Trainer seinen Vertrag gekündigt hat, vom anderen trennte sich der Verband.
Dennoch kritisiert Hauser den BVBW-Vorstand. „Wir wollen mehr Transparenz“, sagt Hauser. „Alle müssen zusammenarbeiten.“An eine gute Zusammenarbeit glauben Hauser und Kaibach nicht – weswegen sie die Initiative BVBW 2.0 ins Leben gerufen haben. Laut Hauser sind mehr als 70 Vertreter von mehr als 50 Vereinen bei der Initiative dabei. Der BVBW hat mehr als 100 Vereine mit rund 16 000 Mitgliedern. Hauser und Co. wollen einen außerordentlichen Verbandstag einberufen und dort einen neuen Vorstand wählen. „Hätten tatsächlich schon so viele unterschrieben, hätten wir den außerordentlichen Verbandstag einberufen und ich wäre längst zurückgetreten“, entgegnet ein gelassener Uwe Hamann.
Hauser muss eingestehen, dass zuletzt „ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, auch bei BVBW 2.0“. Dazu trug auch Andreas Felchle bei. Dem Präsidenten des Württembergischen Landessportbunds (WLSB) hatte Hauser geschrieben. Der Ravensburger wollte sich mit Felchle und der LSVBW-Präsidentin Elvira MenzerHaasis treffen, um über die Vorfälle im Boxen und die Konsequenzen zu sprechen. Felchle schrieb allerdings, dass die Vorkommnisse im badenwürttembergischen Boxsport „meines Erachtens konsequent bereinigt“sind. Felchles Schreiben liegt der „Schwäbischen Zeitung“vor.
Locker lassen will Hauser nicht. „Bei Kaderathleten gibt es oft eine lange Verbindung zum Trainer, man verbringt unheimlich viel Zeit miteinander“, räumt der Ravensburger ein. „Sexismus und Mobbing sind im Boxen aber sehr selten, weil die Kämpferinnen viel einstecken können.“Dem Champ-Trainer geht es nach eigener Aussage auch nicht „um eine strafrechtliche Verfolgung“. Ziel von ihm und der Initiative BVBW 2.0 sei es, Transparenz zu schaffen und „die Vetternwirtschaft zu beenden“. Dazu solle es künftig mehr Angebote für Fortbildungen zum Thema sexualisierte Gewalt geben, mehr Aufklärung und eine ständige Beratungsstelle für Betroffene. „Eine unabhängige und professionelle Beratungsstelle wie in NordrheinWestfalen“, fordert Hauser.
Eine solche Beratungsstelle gibt es laut Hamann bereits. „Wir haben eine Topmannschaft im Vorstand, waren bei den Finals in Berlin der erfolgreichste Landesverband“, sagt der BVBW-Präsident, der noch bis 2022 im Amt bleiben möchte. „Dann übergebe ich meinem Vize ein gut bestelltes Feld.“Sollte es die Pandemie-Lage zulassen, soll es im Juni einen regulären Verbandstag – ohne Wahlen – geben.
Das ist Hauser zu wenig. „Entweder sind wir erfolgreich“, sagt der Champ-Chef. „Oder wir sind draußen aus dem Verband.“Dann dürften die Boxer der entsprechenden Vereine allerdings nicht mehr bei Wettkämpfen wie den Landesmeisterschaften antreten.