Verschobene Feier mit Folgen
Die Bayern verspielen in Mainz die vorzeitige Meisterschaft – Das hat Auswirkungen
- Katerstimmung statt Feierlaune: Als der Tross des FC Bayern München am Samstagabend um 20 Uhr mit einer Chartermaschine auf dem Flugplatz Oberpfaffenhofen bei München landete, bestimmten Tristesse und Ärger die Gemütslage. Kein Champagner im Flieger, kein Bierchen auf die Schale. Nichts mit abschalten, glücklich die Meisterseele baumeln lassen. Natürlich wird die Sause zur Feier der neunten Meisterschaft hintereinander, in Corona-Zeiten ohne Weißbierduschen und mit gebremstem Schaum, nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Zu groß ist der PunkteVorsprung auf Verfolger RB Leipzig, der durch den 2:0-Heimsieg über den VfB Stuttgart nur theoretisch die Chance auf den Titel aufrechterhielt.
Die völlig überraschende 1:2-Pleite des Rekordmeisters in Mainz hinterließ aber Spuren. „Diese Niederlage trifft uns schwer“, gestand Torhüter und Kapitän Manuel Neuer, „aber es ist auch menschlich, dass es solche Tage gibt.“Menschlich auch sein dicker Patzer beim 0:1 nach nur drei Minuten, als er den verdeckten 16-MeterSchuss von Jonathan Burkardt seltsam ins eigene Netz schaufelte. Als Robin Quaison nach 37 Minuten per Kopf auf 2:0 für den Abstiegskandidaten stellte, hatten zuvor schon Neuer und die Pfosten (einmal der rechte, einmal der linke) einen höheren Rückstand verhindert. Die Bayern dösten erst vor sich hin, verschliefen schließlich die erste Hälfte komplett. Keine Körperspannung, keine Entschlossenheit. Der vermeintliche Selbstläufer auf dem Weg zum 31. Meistertitel der Vereinsgeschichte wurde zur Stolperfalle. Um es in der Tennis-Sprache zu sagen: Den ersten Meister-Matchball schlagen die Bayern kraftlos ins Netz. „Die erste Halbzeit waren wir nicht auf dem Platz, wie wir es uns vorgenommen haben“, kritisierte Trainer Hansi Flick. Für Neuer war das „zu wenig von uns. So kannst du dieses Spiel nicht angehen.“Laut Thomas Müller habe man „am Ende nicht verdient, einen Punkt mitzunehmen“. Der Anschlusstreffer des ansonsten glücklosen Robert Lewandowski, der nach vier Wochen Pause infolge seiner Knieverletzung gleich in der Startelf
stand, kam viel zu spät, erst in der Nachspielzeit. Immerhin brachte der Treffer ihn noch näher an den ewigen Torrekord von Gerd Müller heran.
Ein schwacher Trost für die Bayern am Samstagnachmittag. Eine teils blutleere Leistung, die zu lasche Einstellung und die starke Leistung der Mainzer Partycrasher verhindern die erhoffte Titel-Vorentscheidung – was die Planungen der Bayern für die nächste Zeit (das kommende Wochenende mit den Pokalhalbfinals ohne Beteiligung der Münchner sorgt für eine Spielpause) torpediert:
Bis Mittwoch, das stand bereits vor dem Spiel fest, haben die Profis nun trainingsfrei. Bei einer vorzeitigen Meisterschaft hätte Flick wohl spontan einen längeren Kurzurlaub gewährt, abgesehen von den Reha-Patienten.
Kein längerer Urlaub:
Weniger Regeneration:
„Die Mannschaft hat viele Spiele in den Beinen“, meinte Flick – genau 47 in 219 Tagen (für diese Anzahl von Partien hat man sonst durchschnittlich 260 Tage Zeit). Die zuletzt viel belasteten Nationalspieler wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Leroy Sané (beide in Mainz zur Pause ausgewechselt, allesamt saft- und kraftlos) können in den verbleibenden Partien zunächst nicht wie erhofft – auch von Bundestrainer Joachim Löw mit Blick auf die anstehende EM – geschont werden.
Unerwünschtes
„Hochfahren“:
„Wir fahren erst mal runter jetzt“, meinte Neuer. Heißt aber auch: Gegen Gladbach, in Freiburg und gegen Augsburg muss man Kopf und Körper wieder mobilisieren. „Wir haben noch drei Spiele und brauchen einen Sieg“, sagte Flick,
„ich gehe davon aus, dass wir den holen.“Sollte drin sein.
Schwierigere
Flick-Gespräche:
Die Verhandlungen nach der von Flick gewünschten Vertragsauflösung zum Saisonende starten diese Woche – für ihn nun ohne Meister-Bonus, der sicher zur Entspannung beigetragen hätte. Zu welchen Bedingungen lassen ihn die Bosse aus seinem bis 2023 datierten Arbeitspapier? Nur mit Ablösesumme? Eine solche jedoch scheint der DFB bislang nicht zahlen wollen für seinen Wunschnachfolger von Löw. „Wenn wir Hansis Wunsch entsprechen sollen, müssen alle Parteien gemeinsam eine Lösung finden, mit der auch der FC Bayern zufrieden ist“, betonte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in der „Bild am Sonntag“und erhöhte damit die gewünschte finanzielle Entschädigung.