Lindauer Zeitung

Verschoben­e Feier mit Folgen

Die Bayern verspielen in Mainz die vorzeitige Meistersch­aft – Das hat Auswirkung­en

- Von Patrick Strasser

- Katerstimm­ung statt Feierlaune: Als der Tross des FC Bayern München am Samstagabe­nd um 20 Uhr mit einer Chartermas­chine auf dem Flugplatz Oberpfaffe­nhofen bei München landete, bestimmten Tristesse und Ärger die Gemütslage. Kein Champagner im Flieger, kein Bierchen auf die Schale. Nichts mit abschalten, glücklich die Meistersee­le baumeln lassen. Natürlich wird die Sause zur Feier der neunten Meistersch­aft hintereina­nder, in Corona-Zeiten ohne Weißbierdu­schen und mit gebremstem Schaum, nur aufgeschob­en, nicht aufgehoben. Zu groß ist der PunkteVors­prung auf Verfolger RB Leipzig, der durch den 2:0-Heimsieg über den VfB Stuttgart nur theoretisc­h die Chance auf den Titel aufrechter­hielt.

Die völlig überrasche­nde 1:2-Pleite des Rekordmeis­ters in Mainz hinterließ aber Spuren. „Diese Niederlage trifft uns schwer“, gestand Torhüter und Kapitän Manuel Neuer, „aber es ist auch menschlich, dass es solche Tage gibt.“Menschlich auch sein dicker Patzer beim 0:1 nach nur drei Minuten, als er den verdeckten 16-MeterSchus­s von Jonathan Burkardt seltsam ins eigene Netz schaufelte. Als Robin Quaison nach 37 Minuten per Kopf auf 2:0 für den Abstiegska­ndidaten stellte, hatten zuvor schon Neuer und die Pfosten (einmal der rechte, einmal der linke) einen höheren Rückstand verhindert. Die Bayern dösten erst vor sich hin, verschlief­en schließlic­h die erste Hälfte komplett. Keine Körperspan­nung, keine Entschloss­enheit. Der vermeintli­che Selbstläuf­er auf dem Weg zum 31. Meistertit­el der Vereinsges­chichte wurde zur Stolperfal­le. Um es in der Tennis-Sprache zu sagen: Den ersten Meister-Matchball schlagen die Bayern kraftlos ins Netz. „Die erste Halbzeit waren wir nicht auf dem Platz, wie wir es uns vorgenomme­n haben“, kritisiert­e Trainer Hansi Flick. Für Neuer war das „zu wenig von uns. So kannst du dieses Spiel nicht angehen.“Laut Thomas Müller habe man „am Ende nicht verdient, einen Punkt mitzunehme­n“. Der Anschlusst­reffer des ansonsten glücklosen Robert Lewandowsk­i, der nach vier Wochen Pause infolge seiner Knieverlet­zung gleich in der Startelf

stand, kam viel zu spät, erst in der Nachspielz­eit. Immerhin brachte der Treffer ihn noch näher an den ewigen Torrekord von Gerd Müller heran.

Ein schwacher Trost für die Bayern am Samstagnac­hmittag. Eine teils blutleere Leistung, die zu lasche Einstellun­g und die starke Leistung der Mainzer Partycrash­er verhindern die erhoffte Titel-Vorentsche­idung – was die Planungen der Bayern für die nächste Zeit (das kommende Wochenende mit den Pokalhalbf­inals ohne Beteiligun­g der Münchner sorgt für eine Spielpause) torpediert:

Bis Mittwoch, das stand bereits vor dem Spiel fest, haben die Profis nun trainingsf­rei. Bei einer vorzeitige­n Meistersch­aft hätte Flick wohl spontan einen längeren Kurzurlaub gewährt, abgesehen von den Reha-Patienten.

Kein längerer Urlaub:

Weniger Regenerati­on:

„Die Mannschaft hat viele Spiele in den Beinen“, meinte Flick – genau 47 in 219 Tagen (für diese Anzahl von Partien hat man sonst durchschni­ttlich 260 Tage Zeit). Die zuletzt viel belasteten Nationalsp­ieler wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Leroy Sané (beide in Mainz zur Pause ausgewechs­elt, allesamt saft- und kraftlos) können in den verbleiben­den Partien zunächst nicht wie erhofft – auch von Bundestrai­ner Joachim Löw mit Blick auf die anstehende EM – geschont werden.

Unerwünsch­tes

„Hochfahren“:

„Wir fahren erst mal runter jetzt“, meinte Neuer. Heißt aber auch: Gegen Gladbach, in Freiburg und gegen Augsburg muss man Kopf und Körper wieder mobilisier­en. „Wir haben noch drei Spiele und brauchen einen Sieg“, sagte Flick,

„ich gehe davon aus, dass wir den holen.“Sollte drin sein.

Schwierige­re

Flick-Gespräche:

Die Verhandlun­gen nach der von Flick gewünschte­n Vertragsau­flösung zum Saisonende starten diese Woche – für ihn nun ohne Meister-Bonus, der sicher zur Entspannun­g beigetrage­n hätte. Zu welchen Bedingunge­n lassen ihn die Bosse aus seinem bis 2023 datierten Arbeitspap­ier? Nur mit Ablösesumm­e? Eine solche jedoch scheint der DFB bislang nicht zahlen wollen für seinen Wunschnach­folger von Löw. „Wenn wir Hansis Wunsch entspreche­n sollen, müssen alle Parteien gemeinsam eine Lösung finden, mit der auch der FC Bayern zufrieden ist“, betonte Vorstandsb­oss Karl-Heinz Rummenigge in der „Bild am Sonntag“und erhöhte damit die gewünschte finanziell­e Entschädig­ung.

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FOTO: TOM WELLER/DPA Kater- statt Feierstimm­ung: Durch die überrasche­nde 1:2-Niederlage in Mainz müssen die Bayern um Robert Lewandowsk­i (li.) und Thomas Müller weiter auf die neunte Meistersch­aft in Folge warten.

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