Demokratie lebt vom Wechsel
Die Gelegenheit ist günstig. Sie ist sogar bislang einmalig: Erstmals in der Geschichte der Republik tritt nämlich bei der Wahl im September keine amtierende Bundeskanzlerin (und kein amtierender Bundeskanzler) an. Wann also, wenn nicht jetzt, könnte eine Begrenzung der Amtszeit an der Regierungsspitze vereinbart werden, ohne dass man sich damit umgehend den Vorwurf einhandelte, mitten im Spiel die Regeln zu ändern. Es würde um die Sache gehen – und nicht darum, einen Weg zu finden, um eine bestimmte Person vorzeitig aus dem Kanzleramt zu befördern.
Der Zeitpunkt der Debatte ist also gut, aber gilt das auch für das Anliegen? Interessant ist, dass die lautesten Forderungen dazu im Moment aus der Union kommen. Offenbar wird der desaströse Verlauf des Findungsprozesses der letzten Wochen auch einer gewissen Unerfahrenheit in Sachen Kandidatenkür zugeschoben. Das soll sich künftig also durch Training abschleifen.
Tatsächlich kann sowohl der Union als auch dem ganzen Land ein bisschen mehr Übung – und damit hoffentlich auch Gelassenheit – in Sachen Machtwechsel nicht schaden. Sowohl Regierende als auch Regierte haben es sich mit der ewigen Kanzlerin etwas zu gemütlich eingerichtet. Demokratie aber lebt vom Wechsel. Dass der bevorstehende Wahlkampf spannend zu werden verspricht und möglichst viele Menschen in seinen Bann und an die Urnen ziehen wird, liegt ja auch daran, dass ein „Es ändert sich ja eh nix“diesmal ausgeschlossen ist. Und während das Programm der CDU lange Zeit „Angela Merkel“hieß, könnte bei einer Amtszeitbegrenzung auch wieder mehr Platz für Themen entstehen.
Eine andere Frage aber ist, ob die Union auf diesem Wege ihre aktuell drängendste Aufgabe lösen kann, die da lautet: Einigkeit herstellen zwischen Laschet-Lager und Söder-Fans – und zwar schnell. Dazu aber taugt eine noch dazu rechtlich komplizierte Institutionen-Debatte nicht wirklich. Was helfen würde, wäre, das Nachtreten einzustellen. Danach aber sieht es derzeit nicht aus.