Mehr als Äpfel – Landwirte ernten auch Melonen und Pfirsiche
Von exotischen Früchten, prämierten Bränden und langen Familientraditionen So leben und arbeiten Lindauer Obstbauern
- Die Lindauer Zeitung begleitet elf Obstbauern durch das Erntejahr. Nachdem am Montag bereits fünf Höfe vorgestellt wurden, folgen nun sechs weitere. Diese kurzen Porträts sollen zeigen, wie vielfältig die Geschäfts- und Lebensentwürfe sind, nach denen die Obstbauern arbeiten. Mit viel Handarbeit erzeugen sie Nahrungsmittel für den Landkreis: Ob konventionell oder biologisch ist nicht ausschlaggebend – die Hauptsache ist regional.
Fischerhof, Bösenreutin, Tobeleggstraße:
„Wir sind ein Familienbetrieb, in dem noch fast alles von Hand gemacht wird. Darauf sind wir stolz”, sagt Maximilian Fischer. Die Fischers, das sind der ausgebildete Obstbauer Maximilian, seine Frau Hanna (Gesundheitsökonomin) und seine Eltern Anja und Landwirtschaftsmeister Karl, von denen Maximilian den Nebenerwerbs-Hof übernommen hat. Verschiedene Apfelsorten, Williams-Christ-Birnen und Zwetschgen bauen sie auf einer Fläche von 1,2 Hektar an, und vermarkten sie selbst. Sie destillieren über zwölf verschiedene Edelobstbrände, wie den Williams-Christ-Birnenbrand, der drei Jahre im Eichenfass lagert.
Für ihre Brennerei verwenden sie Holz aus ihrem eigenen Wald. Zudem stellen sie hausgemachte Liköre , wie den Lindauer Bratapfellikör her. Neben dem Verkauf am Hof ist die Familie auf Wochenmärkten in Lindenberg und Lindau vertreten. Auch Tiere sind am Fischerhof zu Hause: eine Mutterkuhherde, Pensionspferde
und 150 Hühner, die in einem mobilen Stall gehalten und deren Wieseneier am Hof verkauft werden.
Obst- und Weingut Janine und Claudius Haug, Lindau-Schönau:
Schon der Vater von Claudius Haug war experimentierfreudig und hat sich für die Weiterentwicklungen im Obst- und Weinbau interessiert. Gemeinsam mit seinen Brüdern war Haug immer auf der Suche nach alternativen Anbau- und Vermarktungsformen. Im Jahr 2000 haben sie den Obstbau zum Biolandbetrieb umgestellt und später auch den Weinbau mit passenden Sorten zum Bioanbau spezialisiert. „Bioanbau ist für mich eindeutig der bessere Weg“, sagt Claudius Haug heute noch.
„Wir haben weniger anfällige Sorten ausprobiert, wie Solaris und Johanniter, oder ältere französische Rebsorten wie Maréchal Foch. Sie funktionieren in unserer Region, bringen eine super Ernte und setzen den Pflanzenschutz nahe null“, schwärmt er. Als zweites Standbein hat die Familie das Obst (das sie zudem auch selbst brennt): zehn Sorten Äpfel, dazu Birnen und Zwetschgen. Ihre Ernte vermarkten sie über den BiosSupermarkt Alnatura. In der Corona-Pandemie sind sie erneut experimentierfreudig und bieten Online-Weinproben und Picknicks auf dem Weinberg an.
Obstbau Florian Stocker, Taubenberg, Bodolz:
Florian Stocker und seine Familie sind in dritter Generation Obstbauern auf dem Taubenberg. „Wir sind ein Familienbetrieb, mein Großvater hat damals mit dem Obstbau begonnen“, sagt Florian Stocker. Die Familie vermarktet ihr Obst über einen Großmarkt, da die Lage am Taubenberg eine Direktvermarktung eher schwierig macht. „Wir konzentrieren uns auf viel Obst von weniger Sorten und pflanzen überwiegend das, was der Handel wünscht“, erklärt Stocker und fügt hinzu, „dies sind zurzeit die Birnensorte Xenia und die Apfelsorte Elstar.“Lange Verträge mit dem Großmarkt geben dem Familienbetrieb ein kleines Stück Sicherheit. Dennoch sei es wichtig, zu investieren und mit der Zeit zu gehen, um in der Branche mitzuhalten.
Da die Qualität des Obstes sehr von Umwelteinflüssen abhängig ist, braucht auch die Familie Stocker ein zweites Standbein. „Für finanziell schlechte Jahre haben wir eine Mietwohnung“, erklärt Florian Stocker
Daniel Willhalm, Streitelsfinger Straße, Lindau:
Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Himbeeren, Erdbeeren,
Johannisbeeren und verschiedenes Gemüse – das ist die Vielfalt der Familie Willhalm. Die Lage ihres Hofes könnte schöner nicht sein: malerisch auf 480 Metern über Lindau, mit Blick auf den Bodensee und die Berge.
„Obstbau aus Leidenschaft“ist die Philosophie, nach der die Willhalms ihren Familienbetrieb führen. Auf zwölf Hektar bestem Boden produzieren sie mit gesammeltem Wissen und viel Lust auf Innovationen ihre Obst- und Beerensorten: Daniel Willhalm baut Lindauer Melonen an, produziert Himbeeren im geschützten Anbau und seine Erdbeeren wachsen unter den Folientunnel.
Den Betrieb führt er mit seinem Vater Dieter gemeinsam als gleichberechtigter Partner. „Meine Mama stellt unter anderem Marmeladen, Säfte, Sirup und Fruchtsoßen her und meine Großeltern helfen, wo immer sie gebraucht werden“, asagt Daniel Willhalm. Ihre Produkte verkaufen sie auf vier Wochenmärkten, beispielsweise samstags in Lindenberg.
Obsthof & Brennerei Gierer, Sonnenbichlstraße, Nonnenhorn:
„Wir haben ein modernes Sortiment: Auf zehn Hektar bauen wir Kirschen, Zwetschgen, Pfirsiche, Aprikosen, Äpfel und ein bisschen Wein an“, erzählt Thomas Gierer. „Unsere Philosophie ist es, auf wenig Fläche gute Erträge und Qualität zu erzielen.“Thomas Gierer sieht sich als Landwirt durch und durch: „Ich kenne meinen Boden und meine Pflanzen. Ich habe einen engen Bezug zur Natur.“
Seine Frau Conni verflüssigt derweil das Obst: Sie ist Edelbrandsommelière, stellt in der eigenen Brennerei Obstbrände, Liköre und einen Rose Gin her, die regelmäßig prämiert werden. Im Verkauf setzen Gierers auf Direktvermarktung. Dafür gibt es unter anderem einen beliebten Selbstbedienungsstand am Hof. Ihre Ferienwohnung ist ihr zweites Standbein. Die drei Kinder sind zwischen 14 und 22 Jahren alt, sie und Gierers Eltern helfen im Familienbetrieb mit. „Es würde uns freuen, wenn eines der Kinder den Betrieb übernehmen würde. Er steht gut da und wir leben gut davon.“
Obsthof Strodel, Weißensberg:
Rothkreuz,
Der „Obsthof Max Strodel“existiert schon in der vierten Generation. Klaus und Nina Strodel sind die aktuellen Inhaber, die Eltern von Klaus Strodel arbeiten noch mit. „Wir bauen Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Kirschen, Zwetschgen, Kürbisse und Christbäume an, pressen reine Säfte und brennen edle Brände in unserer Edelobstbrennerei“, zählt Klaus Strodel auf.
Seit 1957 vermarkten sie ihre Erzeugnisse direkt an ihre größeren und kleineren Abnehmer. „Es freut mich sehr, dass auch Firmen zu unseren Kunden zählen, die für ihre Mitarbeiter Brotzeitäpfel bestellen, um ihnen eine gesunde Zwischenmahlzeit zu bieten.“
Im großen Hofladen gibt es neben dem frischen oder flüssigen Obst handwerklich hergestelltes sortenreines Apfelmus, Zwetschgenkompott, Marmeladen und Konfitüren, und zum eigenen Sortiment eine Vielfalt an regionalen und saisonalen Erzeugnissen von Kollegen: verschiedene Beeren, Wein von Bodenseewinzern, Spargel aus Schrobenhausen und Gemüse von der Insel Reichenau.
Die Kurzporträts der anderen Betriebe und die komplette Serie „Mit den Obstbauern durch das Jahr“finden Sie unter www.schwaebische.de/obstbauern