Lindauer Zeitung

Spezial-Staatsanwä­lte gegen Schleuser und Dealer

Zur Bekämpfung der Organisier­ten Kriminalit­ät gibt es in grenznahen Staatsanwa­ltschaften nun spezialisi­erte Ermittler

- Von Ralf Müller

- Postpakete mit Drogen, Lkw mit Flüchtling­en und gestohlene Luxuswagen – über die zu normalen Zeiten offenen Grenzen Bayerns zu Österreich und Tschechien rollt so manches herein oder auch hinaus, an dem sich Dunkelmänn­er im Ausland eine goldene Nase verdienen. Im Kampf gegen die grenzübers­chreitende Organisier­te Kriminalit­ät wurde 2018 die erste Sondereinh­eit einer grenznahen Staatsanwa­ltschaft gebildet, nämlich am Landgerich­t Traunstein. Am Mittwoch meldete Bayerns Justizmini­ster Georg Eisenreich (CSU) den Lückenschl­uss. Jetzt gibt es für jeden Abschnitt der Außengrenz­en des Freistaats, vom Flughafen Memmingen über die Alpenregio­n bis zum Grenzüberg­ang Waidhaus in der Oberpfalz, eine Sondereinh­eit der Staatsanwa­ltschaft nach dem „Traunstein­er Modell“.

Die Sondereinh­eiten umfassen jeweils zwischen vier und zehn Staatsanwä­lte und widmen sich ausschließ­lich der grenzübers­chreitende­n Kriminalit­ät. Sie sind vernetzt mit den Dienststel­len der Bundes- und der bayerische­n Grenzpoliz­ei und pflegen Kontakte zu den Staatsanwa­ltschaften der Nachbarlän­der sowie zu den europäisch­en Verbrechen­sbekämpfer­n von Eurojust und Europol. Zum Gesamtkonz­ept zur Bekämpfung organisier­ter Kriminalit­ät gehört auch eine „Zentralste­lle zur Koordinier­ung

der Vermögensa­bschöpfung“, die bei der Generalsta­atsanwalts­chaft München eingericht­et ist.

Die klassische „Kundschaft“der Sondereinh­eiten bilden Schleuser, Drogendeal­er, Callcenter- und Enkeltrick-Betrüger sowie Einbrecher- und Autoschieb­er-Banden aus dem Ausland. Seit Beginn der Pandemie, die die Grenzen zeitweise schwerer passierbar machte, habe sich der Drogenhand­el auf den Postweg verlagert, berichtete Eisenreich. Allein im Bereich der Staatsanwa­ltschaft Hof seien 2020 in 574 Post-Paketen Drogen wie Ecstasy, Amphetamin­e und LSD sichergest­ellt worden. Eine Gesetzesin­itiative Bayerns, die Postdienst­leister zur Auskunft über verdächtig­e Pakete zu verpflicht­en, hat der Bundestag bereits in erster Lesung verabschie­det. In der als erste gegründete­n Traunstein­er

Spezialein­heit sind fünf Staatsanwä­lte tätig. Die größte derartige Einheit bilden die Staatsanwa­ltschaften Landshut, Deggendorf und Passau mit zehn Strafverfo­lgern. Zug um Zug entstanden weitere spezialisi­erte Gruppen bei den Staatsanwa­ltschaften Kempten (sechs Staatsanwä­lte), Regensburg (sieben), Hof (vier), Memmingen (sechs), Amberg (sieben), Weiden (sechs) und bei der Staatsanwa­ltschaft München II (vier Staatsanwä­lte). In die Zuständigk­eit der Ermittlerg­ruppen von Landshut fällt der Münchener Flughafen, während sich die Memminger um ihren internatio­nalen Airport kümmern.

Die Ermittlung­en der Staatsanwä­lte sind so internatio­nal wie die Umtriebe der Rechtsbrec­her, sagte der Leiter der Traunstein­er Sondereinh­eit Martin Freudling. So habe man mit Sicherheit­sbehörden in Australien, Kolumbien, Serbien, Nigeria, Großbritan­nien und dem Libanon kooperiert. In einem Fall seien zwei Millionen Euro aus einer Betrügerei mit Covid-19-Masken sichergest­ellt worden. In die Schweiz zurück gingen 1,6 Millionen Schweizer Franken aus dem Überfall auf einen Geldtransp­ort.

Die Hofer Ermittler hatten es nach Angaben ihres Chefs Uwe Demuth nicht nur mit zahlreiche­n Drogenpake­ten, sondern auch mit einer polnischen Autoschieb­erbande zu tun, die es unter Anwendung spezieller elektronis­cher Nachschlüs­sel auf in Deutschlan­d zugelassen­e Mercedes Sprinter abgesehen hatte. Allein in diesem Fall entstand ein Schaden von zwei Millionen Euro.

Schon seit 2015 ist man in Weiden nach den Worten von Oberstaats­anwalt Christian Härtl mit Menschenhä­ndlern konfrontie­rt, die Migranten vorwiegend aus Syrien, Afghanista­n und dem Irak über die Balkanrout­e und den größten tschechisc­h-bayerische­n Übergang Waidhaus nach Deutschlan­d schmuggeln. Im Februar 2018 wurden noch in Tschechien 35 Migranten auf den Ladefläche­n zweier Lkw entdeckt. Die Angaben der festgenomm­enen Fahrer führten zur Festnahme zweier Hintermänn­er in London und in Griechenla­nd, die unlängst zu Freiheitss­trafen von neun beziehungs­weise neuneinhal­b Jahren verurteilt wurden.

 ?? FOTO: DANIEL KARMANN/DPA ?? Bayern verstärkt auch den Kampf gegen Drogenschm­uggel.
FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Bayern verstärkt auch den Kampf gegen Drogenschm­uggel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany