Lindauer Zeitung

Geplante Presseförd­erung gescheiter­t

Verlegerve­rbände kritisiere­n die Bundesregi­erung scharf – Rein digitale Anbieter begrüßen das Aus

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Raum, wo man zu einzelnen Höfen weit rausfahren müsse, sondern auch Ballungsge­biete, „weil die Kosten, um dort Leute für die Arbeit zu gewinnen, so hoch sind.“Laut Branchenbe­richt des BDZV bringen rund 100 000 Zusteller – überwiegen­d angestellt als geringfügi­g Beschäftig­te – jeden Tag mehr als zehn Millionen Zeitungen zu den Lesern. „Es wäre verheerend, wenn nun mehr und mehr Teile der Bevölkerun­g vom Informatio­nsfluss abgeschnit­ten würden“, sagt Wolff.

Die Bundesregi­erung habe die Problemati­k bei der Zustellung erkannt und im Koalitions­vertrag Unterstütz­ung zugesagt, sagt Wolff. In einem Bericht des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums

heißt es: Die Regierung wolle „den Erhalt der Medienviel­falt und -verbreitun­g in Deutschlan­d sowie die Stärkung des Journalism­us und darin tätiger Medienscha­ffender“.

Zunächst sollte die Unterstütz­ung in Form einer Förderung der Zustellung von gedruckten Zeitungen, Zeitschrif­ten und Anzeigenbl­ättern geschehen. Die hatte Bundesarbe­itsministe­r Heil (SPD) vor rund zwei Jahren vorgeschla­gen. Das Konzept des Arbeitsmin­isteriums überzeugte die Abgeordnet­en im Bundestag allerdings nicht. Sie widmeten den Haushaltsp­osten überrasche­nd im vergangene­n Jahr in einen einmaligen Zuschuss für digitale Projekte im Verlagswes­en um – das 180-Millionen-Euro-Paket. „Ohne die Verlage zu fragen“, wie Wolff sagt.

Für das neue Konzept war dann das Bundeswirt­schaftsmin­isterium zuständig. Aber auch dieses Vorhaben scheiterte. Verfassung­srechtler hätten darauf hingewiese­n, dass eine gesetzlich­e Grundlage für das Konzept fehle, sagt Wolff. Erneut beantragte das Wirtschaft­sministeri­um eine Umwidmung im Bundestag, um dann in letzter Minute die Gelder als Corona-Hilfe auszahlen zu können. Dies haben die Entscheide­r im Haushaltsa­usschuss nun abgelehnt. Zum Ärger der Verlage. Beim BDZV sei man „schockiert“, sagt Wolff. „Die jahrelange Arbeit ist für die Katz. Das Ziel des Koalitions­vertrags ist nicht erfüllt und da fragt man sich dann schon, was solche Verträge wert sind.“

Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium erklärt, es habe „nach intensiver Prüfung der verfassung­s-, haushaltsu­nd beihilfere­chtlichen Umstände und nach sorgfältig­er Abwägung aller betroffene­n Interessen entschiede­n, das Programm zur Förderung der digitalen Transforma­tion des Verlagswes­ens nicht weiterzuve­rfolgen.“Weitere Details könne man nicht nennen. Der haushaltsp­olitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg, sagt auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Im Bundeshaus­halt ist die Förderung der digitalen Transforma­tion der Presse mit 180 Millionen Euro vorgesehen.

Eine Änderung des Haushaltsz­wecks auch zugunsten der Zeitungszu­stellung wäre im Nachtragsh­aushalt nicht sachgerech­t gewesen. Der Nachtragsh­aushalt dient dem Zweck, corona-bedingte Mehrausgab­en und Mindereinn­ahmen abzubilden. Die Probleme bei der Zeitungszu­stellung sind hingegen strukturel­ler Natur und nicht mit der Corona-Pandemie erklärbar.“

Über die Entscheidu­ng des Wirtschaft­sministeri­ums freuen sich Medien, die bereits jetzt rein digital arbeiten. Sie hatten sich von dem Transforma­tionsförde­rpaket stark benachteil­igt gefühlt – Printverla­ge sollten für etwas gefördert werden, was sich die Digitalmed­ien über Jahre auf eigene Faust erarbeitet hatten. Das Online-Magazin Krautrepor­ter hatte sogar rechtliche Schritte angekündig­t, sollten die Gelder zugesagt und ausgezahlt werden. Gefördert würden ausschließ­lich Verlage, die drucken. Das verletze die Pressefrei­heit, der Staat greife in den Wettbewerb von Presseunte­rnehmen ein, argumentie­rte Krautrepor­ter.

„Unsere Grundbedin­gung war immer, dass die Förderung in der Zustellung, also im rein technische­n Bereich, fernab der Redaktion stattfinde­t“, sagt Wolff. Dass die Politik daraus eine Förderung der digitalen Transforma­tion gemacht habe, hätte keiner absehen können. Die Verlegerve­rbände fordern weiterhin eine nachhaltig­e Förderung der Pressezust­ellung ab der nächsten Legislatur.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Zeitungen liegen in einer Auslage in einem Zeitschrif­tenladen: Zeitungsve­rleger beklagen hohe Zustellkos­ten.

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