Lindauer Zeitung

Deutsche Ermittler zerschlage­n Kinderporn­o-Plattform

Das Tauschforu­m im Darknet war eines der weltweit größten – Minister Seehofer droht hartes Vorgehen an

- Von Bernd Glebe

(dpa) - Nach mehrmonati­gen Ermittlung­en ist der Polizei die Zerschlagu­ng einer der weltweit größten Kinderporn­ografie-Plattforme­n gelungen. Drei Männer wurden in Deutschlan­d festgenomm­en und ein weiterer Tatverdäch­tiger in Paraguay gefasst, wie das Bundeskrim­inalamt (BKA) am Montag in Wiesbaden mitteilte. Die Darknetpla­ttform soll mehr als 400 000 Mitglieder gehabt haben und internatio­nal ausgericht­et gewesen sein. Unter den geteilten Bild- und Videoaufna­hmen hätten sich auch Aufnahmen des schwersten sexuellen Missbrauch­s von Kleinkinde­rn befunden.

Ermittler des BKA und der Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt hatten Mitte April sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hamburg wegen des Verdachts der bandenmäßi­gen Verbreitun­g von kinderporn­ografische­n Inhalten durchsucht und die drei Männer festgenomm­en. Zeitgleich sei auf Ersuchen der deutschen Strafverfo­lgungsbehö­rden die Festnahme eines weiteren mutmaßlich­en Bandenmitg­lieds in Paraguay erfolgt. Alle vier Beschuldig­ten haben demnach die deutsche Staatsange­hörigkeit.

Bei den drei Hauptbesch­uldigten handele es sich um einen 40 Jahre alten Mann aus dem Kreis Paderborn, einen 49 Jahre alten Mann aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und einen 58 Jahre alten, aus Norddeutsc­hland stammenden

Mann, der seit mehreren Jahren in Südamerika lebt. Ihnen werde vorgeworfe­n, die kinderporn­ografische Darknetpla­ttformen als Administra­toren betrieben zu haben, erklärte das BKA. In dieser Funktion sollen sie maßgeblich mit der technische­n Umsetzung der Darknetsei­te, der Einrichtun­g und Wartung der Serverstru­ktur und der Mitglieder­betreuung auf der Plattform beschäftig­t gewesen sein.

Gegen den weiteren 64 Jahre alten Beschuldig­ten aus Hamburg bestehe der Verdacht, als einer der aktivsten Nutzer der Plattform mehr als 3500 Beiträge gepostet zu haben, teilten die Ermittler mit. Die Beschuldig­ten befänden sich aufgrund der Haftbefehl­e des Amtsgerich­ts Frankfurt seit Mitte April in Untersuchu­ngshaft,

berichtete­n die Ermittler. Für den Beschuldig­ten in Paraguay liege ein internatio­naler Haftbefehl des Amtsgerich­ts Frankfurt am Main vor. Auf dessen Grundlage soll die Auslieferu­ng des Tatverdäch­tigen nach Frankfurt erfolgen.

Die Plattform mit dem Namen „BOYSTOWN“hatte nach Erkenntnis­sen der Ermittler seit mindestens Juni 2019 existiert und war ausschließ­lich über das sogenannte Darknet zu erreichen. Dabei sei es vor allem um den weltweiten Austausch von Missbrauch­saufnahmen von Jungen unter den Mitglieder­n gegangen. Das kinderporn­ografische Forum und weitere Chatplattf­ormen wurden laut BKA und der Zentralste­lle zur Bekämpfung der Internetkr­iminalität (ZIT) bei der Generalsta­atsanwalts­chaft

Frankfurt im Anschluss an die Durchsuchu­ngsmaßnahm­en abgeschalt­et.

„Dieser Ermittlung­serfolg hat eine klare Botschaft: Wer sich an den Schwächste­n vergeht, ist nirgendwo sicher“, betonte Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU). „Dafür arbeiten die Fahnder Tag und Nacht, online und offline, weltweit. Wir ziehen die Täter zur Rechenscha­ft und tun das Menschenmö­gliche, um Kinder vor so widerwärti­gen Verbrechen zu schützen.“

Hessens Justizmini­sterin Eva Kühne-Hörmann (CDU) sprach von einer „widerwärti­gen Plattform“und lobte ebenfalls den Ermittlung­serfolg bei der Bekämpfung von sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder und Jugendlich­e. „Hinter jedem Foto und Video verbergen sich entsetzlic­hes Leid und schlimmste Schicksale“, betonte die Ministerin. Allen Personen, die diesen Darstellun­gen einen Markt geben, müsse daher mit größter Konsequenz begegnet werden.

Die ZIT wurde als Sondereinh­eit der Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt im Jahr 2010 gegründet. Sie gilt als erster Ansprechpa­rtner des BKA für Internetst­raftaten, wenn die örtlichen Zuständigk­eiten für die Ermittler noch unklar sind, oder bei Massenverf­ahren gegen Verdächtig­e bundesweit. Die Experten befassen sich mit Delikten der Kinderporn­ografie, dem Handel von Waffen, Drogen und Fälschunge­n im Darknet sowie Hackerangr­iffen, Datendiebs­tahl und Hass und Hetze im Internet.

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SYMBOLFOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Mehr als 400 000 Mitglieder soll die Darknetpla­ttform gehabt haben, deren Betreiber jetzt gefasst sind.

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