Der Weltmeister ist bereit für Götzis
Härtester Konkurrent von Niklas Kaul beim 46. Mehrkampf-Meeting ist Seriensieger Damian Warner
- Das Highlight der ersten Pressekonferenz für das 46. Hypomeeting in Götzis (29./30. Mai) ist eindeutig die Schalte via Skype zum deutschen Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul gewesen. Der Goldmedaillengewinner der U-18-WM 2015, der U-20-WM 2016, der U-20-EM 2017 und der U-23-EM 2019 ist neben Seriensieger Damian Warner, der bei seiner Rückkehr nach Kanada eine 14-tägige Quarantäne in Kauf nimmt, exakt 20 Jahre nach dem Fabelweltrekord des Tschechen Roman Sebrle der Star des weltbesten Mehrkampfmeetings. „Wir wissen noch nicht, wer mit der Startnummer eins auflaufen wird“, meinte der Sportliche Leiter Walter Weber zu dem Luxusproblem des OK-Teams.
Bei den Siebenkämpferinnen wird es die US-Amerikanerin Erica Bougard sein – nicht etwa, weil sie das Sujet der 46. Auflage ziert, sondern weil Nafissatou Thiam fehlen wird. Die Olympiasiegerin sowie Welt- und Europameisterin aus Belgien will vor den Spielen in Tokio keinen Siebenkampf mehr bestreiten. Auch nicht dabei ist Weltrekordler Kevin Mayer (Frankreich). Der Start des Weltmeisters von 2017 war eigentlich vorgesehen, aber er scheint ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Götzis zu haben.
Walter Weber ist überzeugt, dass „die Topathleten dieser Welt an sich glauben“und es über die Olympianorm von 8350 Zählern (Siebenkampf: 6420) schaffen. So freilich auch Niklas Kaul, der in Tokio vom 23. Juli bis 8. August nur zuschauen müsste, wenn bis Juli drei deutsche Zehnkämpfer die 8350 Punkte übertreffen würden – und er sich nicht in diesem erlauchten Kreis befindet.
Kaul kam ohne Verletzung und Krankheit durch die Vorbereitung, seine Ellenbogenoperation hat der 23-Jährige vom USC Mainz wie auch eine erste Impfung gegen Covid-19 gut überstanden. „Ich bin zu hundert Prozent genesen, kann mit vollem Anlauf und voller Wucht werfen“, so Europas Leichtathlet des Jahres 2019, der allerdings 19 Monate keinen Zehnkampf absolviert hat.
Seine ersten Werte sind verheißungsvoll: Bei seinem Comeback vor wenigen Tagen in Frankfurt am Main lief Kaul in 14,60 Sekunden über die 110-Meter-Hürden (fünf Hundertstel über seiner Bestzeit). „Ich sage mir im Training weniger, dass mein erster Tag stärker werden muss, sondern wo ich noch etwas herausholen kann“– und spielt damit auf Fragen bezüglich seines Auftritts in Doha an. Bei seinem bis dato größten Triumph rollte Kaul das Feld von hinten auf, über Platz 20 nach der Sprintstrecke und Platz elf nach Tag eins schob sich der Sohn und Schützling von Michael und Stefanie Kaul mit 8691 Punkten noch an die Spitze des Feldes. In Götzis hält der Lehramtsstudent 8500 Punkte für möglich.
Insgesamt werden sechs deutsche Siebenkämpferinnen und trotz des verletzungsbedingten Ausfalls von Europameister Arthur Abele fünf Zehnkämpfer beim Meeting in Götzis erwartet. Die schwarz-rot-goldenen Farben bei den Frauen vertreten die WM-Zweite Carolina Schäfer (Eintracht Frankfurt), die mit Kaul in Mainz trainiert, sowie Sophie Weißenberg (Neubrandenburg), Vanessa Grimm (Königstein), Anna Maiwald, Louisa Grauvogel (beide Leverkusen) und Lucie Kienast (Halle). Bei den Männern sollen neben Kaul die Ulmer Mathias Brugger und Tim Nowak sowie Andreas Bechmann (Frankfurt) und Kai Kazmirek (Rhein-Wied) starten. „Das große Teilnehmerfeld vor allem bei den Frauen ist ein Dankeschön an den DLV (Deutscher Leichtathletik-Verband, Anm. d. Red.), weil das Meeting
in Ratingen nun nicht mehr bevorzugt wird, sondern Götzis gleichgestellt ist“, berichtete Weber. Laut Weber sind im Zehnkampf 31 und im Siebenkampf 30 Startplätze vergeben – es gebe aber noch eine lange Warteliste von möglichen Nachrückern. Jeweils 36 Starter sollen es aber nicht mehr sein.
Neben den Genannten sollen in Götzis auf jeden Fall der Este Maicel Uibo (persönliche Bestleistung: 8604 Punkte) und das starke Aufgebot aus den Niederlanden starten. Im Siebenkampf sind Kendell Williams (USA), die Lettin Laura Ikauniece und die Ungarin Xénia Krizsan heiße Kandidaten für die ersten drei Plätze, die mit 11 000, 8000 und 5500 Euro honoriert werden. Die erstplatzierten Männer kassieren 15 000, 11 000 und 7500 Euro, jeweils zu den Bonuszahlungen für erreichte Punktezahlen. So werden die von Kaul angestrebten 8500 Punkte mit 2500 Euro belohnt. Das Gesamtbudget beläuft sich heuer auf 543 500 Euro, 2019 waren es noch 633 700. Finanzchef Hans Aberer begründet den Rückgang mit den nicht kalkulierten Zuschauern, von denen nur rund 500 möglich sein werden.
Unter Berücksichtigung aller Eventualitäten wurde als oberste Priorität festgelegt, dass nur negativ getestete Personen beziehungsweise Personen mit Antikörpernachweis das Stadion betreten dürfen. Auch besteht im gesamten Stadion in allen Bereichen eine durchgehende FFP2Maskenpflicht. Das Hygiene-und Sicherheitskonzept sieht zudem vor, dass alle Personengruppen in verschiedene Zonen („Bubbles") eingeteilt werden und sich dann auch nur in den ihnen zugeordneten Bereichen des Stadions aufhalten und bewegen können.