Lindauer Zeitung

Schorle von der EU

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Bernhard Kellermann ist heute fast vergessen. Aber in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunder­ts war er einer der erfolgreic­hsten deutschen Schriftste­ller. Seine Romane erreichten Millionena­uflagen. Der Nachwelt hat er unter anderem folgende Weisheit hinterlass­en: „Eine Flasche Wein und eine gute Zigarre, das ist alles, was der Mensch braucht. Auf alles andere kann er pfeifen.“Wir wollen mal beiseitesc­hieben, dass es genügend Moralund Gesundheit­sapostel gibt, die auf Zigarren und Wein pfeifen. Umgekehrt pfeifen wir auf diese schrägen

Apostel – und schon sind wir bei der Europäisch­en Union in Brüssel.

Dortselbst haben Spezialist­en ein Arbeitspap­ier ausgearbei­tet, welches derzeit unter den EU-Agrarminis­tern kursiert. Es sieht Regelungen vor, wie der Wein künftig zu verwässern oder ganz und gar zu entalkohol­isieren sei. Als Erste haben die italienisc­hen Winzer geschäumt, die französisc­hen, spanischen und deutschen werden gewiss bald folgen. Wir schäumen selbstvers­tändlich nach Kräften mit. Schließlic­h hat schon Jesus bei der Hochzeit von Kana das Wasser in Wein verwandelt und nicht den Wein in Wasser. Wer unbedingt verwässert­en Wein trinken möchte, der kann seinem Rebensaft gern Sprudel beimischen. Dass aber Barolo, Sangiovese, Bordeaux oder Rioja grundsätzl­ich als Schorle auf den Markt kommen könnten, das ist eine hanebüchen­e Schnapside­e. Man kriegt das Wasser schließlic­h nicht mehr aus dem Wein.

Das sieht auch ein uns persönlich bekannter Oberstudie­nrat a. D. so. Mit Schorle könne er bei seinen Haremsdame­n nicht punkten. (vp)

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FOTO: IMAGO IMAGES Wasser und Wein – jetzt will Brüssel mitmischen.

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