Zwischen Einheit und Kritik
Ökumenischer Kirchentag behagt in Rom nicht allen
(dpa) - Mit wechselseitigen Einladungen zum Abendmahl haben katholische und evangelische Christen bei dem am Sonntag beendeten Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt ein „Zeichen der Einheit“gesetzt. So formulierte es der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing. In vier Präsenz-Gottesdiensten waren Katholiken eingeladen, am evangelischen Abendmahl teilzunehmen, während Protestanten umgekehrt die katholische Eucharistie mitfeiern konnten. Der Kirchentag habe gezeigt, „wie viel mehr uns als Christen verbindet als uns trennt“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Sonntag zum Abschluss des Christentreffens, das coronabedingt überwiegend digital stattfand.
Obwohl die Gottesdienste nur als erster Schritt zu einem wirklichen gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Protestanten gewertet werden, wird auch diese Annäherung vom Vatikan schon kritisch gesehen. Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der fünf Jahre lang als Präfekt der Glaubenskongregation über die Reinheit der katholischen Lehre gewacht hat, sprach von einer Provokation. „Niemand kann eigenmächtig und nach eigenem Gusto die Gegensätze zwischen evangelisch-protestantischem und katholischem Glaubensbekenntnis für nebensächlich erklären oder ignorieren“, teilte der frühere Bischof von Regensburg mit.
Die Äußerungen unterstreichen einmal mehr den Balanceakt, den der
DBK-Vorsitzende Bätzing vollführen muss: Die große Mehrheit der Katholiken in Deutschland drängt auf schnelle Reformen, doch die römische Zentralverwaltung blockt ab. Sie legt großen Wert darauf, das eigene Profil zu erhalten – auch im bewussten Gegensatz zur Kirche Martin Luthers. Was Segnungen homosexueller Paare betrifft, hofft Bätzing, den Vatikan aber von der Notwendigkeit einer Liberalisierung überzeugen zu können: „Ich möchte, dass wir ihnen den Segen Gottes schenken“, stellte der Limburger Bischof in Frankfurt klar. „Dann würden Menschen von außen merken: Aha, es bewegt sich etwas in der Kirche.“
Wie brisant das Thema für die katholische Amtskirche ist, musste auch die evangelische Diakonin Eva Burgdorf feststellen, die beim Kirchentag das Podium „Schau hin, die trauen sich!“moderierte. „Wir haben ursprünglich geplant, auch Bischöfe einzuladen“, antwortete sie auf eine Publikumsfrage. „Ich weiß jetzt nicht, wie viele wir angefragt haben – es hat sich keiner bereit erklärt, aufs Podium zu gehen.“
Ohnehin fehlte in Frankfurt coronabedingt vieles. Es war laut Kirchentagspräsident Thomas Sternberg ein Treffen „ohne gemeinsames Singen, ohne die vollen Busse, ohne gemeinsames Beten, Feiern, Diskutieren, Streiten, Sichbefreunden, Menschen kennenlernen – das macht doch eigentlich einen Kirchentag aus“. Beim Katholikentag 2022 in Stuttgart soll das wieder so sein.